Fiese Sonneborn-Rede gegen Merkel: „Jetzt können Sie gehen“

Eine Rede im EU-Parlament als Youtube-Hit? Satiriker Martin Sonneborn hat wieder zugeschlagen. Diesmal spottete er unter anderem über Kanzlerin Angela Merkel.
Straßburg - Selten hört man in Deutschland von Reden aus dem Europaparlament. Ausnahmen von der Regel gibt es ausgerechnet beim Satire-Politiker Martin Sonneborn: Ende September sorgte der Abgeordnete der PARTEI mit einer bitterbösen Rede zur „Lage der Union“ für Lacher und Zorn. Damals ging es um die Europäische Union, wohlgemerkt.
Am Dienstag hat Sonneborn nun nachgelegt. In gerade mal einer Minute Redezeit nahm er gründlich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Suche nach ihrem Nachfolger als CDU-Oberhaupt aufs Korn. Und zwar im Beisein Merkels. Mit der Begründung für seine Wortmeldung sorgte Sonneborn zwischenzeitlich gar für Jubel im EU-Parlament - am Ende wurde gleichwohl wieder gegrummelt.
„Frau Bundeskanzlerin, ich muss mich entschuldigen...“
Nach der Rede Merkels vor dem Europaparlament meldete sich Sonneborn als Fraktionsloser zu Wort. Und startete seinen Beitrag mit einem „Bekenntnis“: „Herr Präsident, Frau Bundeskanzlerin, ich muss mich entschuldigen. Ich habe gar keine Rede vorbereitet, ich habe die Redezeit nur beantragt, weil sie sonst an Udo Voigt von der NPD gefallen wäre“, behauptete Sonneborn.
Dafür gab es nicht nur Lacher, sondern auch lauten Applaus - den Sonneborn allerdings unterband. Als Maßnahme gegen Rechtsextremisten wollte er die Wortmeldung zumindest offiziell nicht verstanden wissen. „Ich verachte unseriöse Kleinparteien unter einem Prozent“, grätschte Sonneborn mit einer selbstironischen Begründung in den aufflammenden Jubel. Die PARTEI hatte 2014 mit 0,63 Prozent der Stimmen ihren Sitz im EU-Parlament ergattert.
Sonneborns Spott für Merkel: „Übergeben Sie unser Land besenrein. Das wäre nett.“
Der zweite Teil von Sonneborns gerade einmal einer Minute langer Rede gehörte dann Angela Merkel. Der Satiriker dichtete der Kanzlerin einfach einen Abschied von der europäischen Bühne an. Samt makaberer Note. "Wir haben uns zum letzten Mal beim Abschied von Helmut Kohl gesehen. Jetzt sehen wir uns bei Ihrem Abschied", scherzte Sonneborn.
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Den „Abschied“ - Merkel tritt im Dezember eigentlich nur als CDU-Vorsitzende zurück - kommentierte der Politiker zunächst bittersüß. Und dann doch wieder mit trocken-bösem Humor. „Ich möchte ihnen mitgeben, sie werden mir immer sympathischer, je mehr ich die Leute sehe, die ihnen in der CDU folgen werden in den nächsten Monaten und Jahren“, sagte Sonneborn.
Und legte nach: „Ich möchte Sie bitten, wenn Sie gehen, übergeben Sie unser Land besenrein, das wäre nett - und jetzt können Sie gehen, vielen Dank“. Videos des Auftritts dokumentieren heftige Meinungsäußerungen im Plenum. Darunter auch ein „Was für ein ...!“ in deutscher Sprache. Ein von Sonneborn geposteter Mitschnitt der Rede sammelte binnen weniger Stunden mehr als 25.000 Aufrufe.
Sonneborn-Rede im Europaparlament hatte schon 2017 für Aufruhr gesorgt
Merkel hatte sich in Straßburg demonstrativ hinter die Forderung des französischen Staatschefs Emmanuel Macron nach einer europäischen Armee gestellt. Vor dem Europaparlament in Straßburg forderte sie am Dienstag die Schaffung einer "echten europäischen Armee". Die Europäer sollten "an dieser Vision arbeiten", um eines Tages zu diesem Ziel zu gelangen. Macron hatte vergangene Woche die gleiche Forderung erhoben und sich damit den Zorn des US-Präsidenten Donald Trump zugezogen.
Im Parlament erntete Merkel Kritik, vor allem von Eurogegnern des rechten Lagers - auch wenn aus dem Kreis der deutschen Abgeordneten weder Voigt noch AfD zu Wort kamen. Vertreter der Linken und Grünen warfen Merkel aber auch vor, sich nicht ausreichend für eine gemeinsame europäische Sozialpolitik einzusetzen.
2017 hatte Sonneborn nicht nur behauptet, er habe dafür gesorgt, dass „Kanzler-Altlast Helmut Kohl vom Netz genommen, demontiert und witwen-gesichert endgelagert wird“, sondern auch in drastischen Worten die Flüchtlingspolitik der EU gerügt.
Noch „bevor das Mittelmeer voll“ sei, plane Europa eine Mauer in der Sahara, erklärte Sonneborn damals. Der mittlerweile zum EVP-Spitzenkandidat für die Europa-Wahl gekürte Manfred Weber (CSU) hatte daraufhin heftige Kritik an Sonneborns-Rede geäußert - allerdings nur an der Passage zum verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl.
Bei der nächsten Europawahl könnte die PARTEI allerdings wieder aus dem Europaparlament ausgeschlossen bleiben. Grund ist eine Änderung im Wahlsystem.
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fn/AFP