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Corona-Krise in Griechenland: Junge Geflüchtete kommen in Deutschland an - Zahl aus traurigem Grund geringer als geplant

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Von: Florian Naumann, Maximilian Kettenbach

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Die Situation im überfüllten Migrantenlager Vial verschlimmert sich.
Die Situation im überfüllten Migrantenlager Vial verschlimmert sich. © picture alliance/dpa / Lefteris Partsalis

Die Coronakrise verschärft die Not in griechischen Flüchtlingslagern - und gleichzeitig bleibt die Lage an der Grenze zur Türkei angespannt.

Update vom 4. Juli 2020: Ein Seenotrettungsschiff, das auf dem Mittelmeer Menschen vor dem Ertrinken rettet, hat den Notstand ausgerufen. Bisher kann das Schiff keinen sicheren Hafen ansteuern.

Corona-Krise in Griechenland: Junge Geflüchtete kommen in Deutschland an - Zahl aus traurigem Grund geringer als geplant

Update, 19. April, 17.18 Uhr: Die ersten 47 Kinder und Jugendliche aus mehreren Flüchtlingslagern auf griechischen Inseln sind in Deutschland eingetroffen. Wie das Bundesinnenministerium in Berlin mitteilte, landete die Maschine am Samstagvormittag in Hannover. Die Zahl war etwas geringer als erwartet, da laut Innenministerium einige der ausgewählten Kinder und Jugendlichen als nicht reisefähig eingestuft wurden.

Konkret handelt es sich bei den unbegleiteten Minderjährigen demnach um 42 Kinder und fünf Jugendliche, darunter auch eine Reihe von Geschwisterkindern. In der Gruppe sind vier Mädchen. Alle waren zuvor in Camps auf Lesbos, Samos und Chios. Sie wurden wegen der Corona-Krise zunächst für eine zweiwöchige Quarantäne im niedersächsischen Landkreis Osnabrück untergebracht. Herkunftsländer sind Syrien, Afghanistan und Eritrea.

Kritik an der geringen Zahl der Aufgenommenen übte die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. "Tausende müssten aus der Hölle Morias evakuiert werden", verlangte Geschäftsführer Günter Burkhardt mit Blick auf das größte der Lager auf der Insel Lesbos. Auch die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision forderte "die sofortige Evakuierung aller Kinder und Schutzbedürftigen aus den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln". Auch ein Seenotretter und Augenzeuge kritisierte zuletzt die geringen Zahlen der Aufgenommenen - und warnte vor einer Katastrophe.

"Ich freue mich, dass wir heute die ersten unbegleiteten Kinder empfangen können - trotz der schweren Belastungen durch die Corona-Krise", erklärte

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)

. "Wir setzen damit ein konkretes Zeichen europäischer Solidarität." Seehofer äußerte die Erwartung, dass nun auch weitere europäische Länder zu ihren Zusagen stehen. Bislang hat neben Deutschland nur Luxemburg mit der Aufnahme begonnen.

Corona-Krise in Griechenland: Situation in Flüchtlingslager eskaliert - Gerüchte nach Tod einer Migrantin

Update, 19. April, 10.25 Uhr: Im überfüllten Migrantenlager Vial auf der griechischen Insel Chios hat die Polizei in der Nacht zu Sonntag (19. April) offenbar massiv Tränengas eingesetzt, um randalierende Migranten auseinanderzutreiben. Zuvor war eine 47 Jahre alte Frau nach einer Infektion gestorben. Das Krankenhaus der Insel dementierte Gerüchte, wonach die Frau an den Folgen einer Coronavirus-Erkrankung gestorben sei.

Überwiegend junge Migranten warfen Steine auf die Polizei und legten Feuer in einer Kantine und in einigen Zelten. Zudem seien Autos beschädigt worden. Die Migranten warfen den Behörden vor, sich nicht ausreichend um die gestorbene Frau gekümmert zu haben. 

Coronavirus in Griechenland: Erste Flüchtlingskinder in Hannover gelandet - Seehofer äußert Erwartung

Update vom 18. April: Sie haben Tausende Kilometer der Flucht hinter sich und monatelang in desolaten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln zugebracht. Auf dem Flughafen Hannover sind am Samstagvormittag nun 47 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gelandet (siehe Erstmeldung unten).

„Ich freue mich, dass wir heute die ersten unbegleiteten Kinder empfangen können - trotz der schweren Belastungen durch die Corona-Krise“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). „Wir setzen damit ein konkretes Zeichen europäischer Solidarität“, hob er hervor und äußerte die Erwartung, dass nun auch weitere europäische Länder zu ihren Zusagen stehen.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD)
bezeichnete die Ankunft der Flüchtlingskinder als einen Anfang. Sie sind die zweite Gruppe von Minderjährigen, die aus den Lagern geholt wurden. Bereits am Mittwoch waren zwölf Jugendliche von Luxemburg aufgenommen worden.

Trotz Corona: Provoziert Erdogan eine neue Flüchtlingskrise? 

Erstmeldung vom 16. April 2020:

Athen/Osnabrück - Das Coronavirus bestimmt aktuell Weltenlauf und Nachrichten - doch auch in der Viruskrise bleibt die Lage an der türkisch-griechischen Grenze angespannt. 

Griechenland richtet sich aktuell auf einen neuen Zustrom von Geflüchteten aus der Türkei ein. Deutschland nimmt unterdessen erste Kinder aus den überlasteten griechischen Lagern auf.

Coronavirus: Neue Flüchtlingskrise an der türkisch-griechischen Grenze? Griechenland alarmiert

Sorge bereiten der griechischen Regierung offenbar Berichte, die Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan bringe Migranten aus dem Landesinneren an die Küste. Menschen würden versuchen, per Boot die Inseln Lesbos, Chios und Samos zu erreichen, sagte Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos laut einem Bericht der Deutschen Welle (DW) dem Sender Skai. Erdogans Corona-Krisenmanagement war zuletzt heftig in die Kritik geraten.

Griechenland will sich angesichts dieser Gerüchte offenbar massiv abschotten: Die Sicherheitskräfte hätten deshalb einen klaren Befehl, sagte der Minister weiter: Illegale Einreisen müssten verhindert werden. Die große Tageszeitung Kathimerini berichtete laut DW gar von „schwimmenden Mauern“, die im Meer errichtet werden sollen. Panagiotopoulos forderte dem Blatt zufolge auch mehr Unterstützung von der Nato ein.

Trotz Corona: Provoziert Erdogan eine neue Flüchtlingskrise? Griechenland plant wohl „schwimmende Mauern“
Corona bereitet Sorgen: Ein Obst- und Gemüsestand nahe des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos. © AFP / MANOLIS LAGOUTARIS

Auch die Welt hatte bereits am Montag berichtet, „tausende Migranten“ seien auf dem Weg Richtung Griechenland. Eine syrische Mutter erzählte, Geflüchtete seien zwangsweise aus einem Internierungslager in der Osttürkei per Bus nach Izmir an die Ägais-Küste gebracht worden. Die Türkei sei dabei, „eine zweite Flüchtlingskrise zu inszenieren“, lautete die Folgerung des Blattes.

Coronavirus und Krise in Griechenland: 58 geflüchtete Kinder kommen in Niedersachsen an

Für die stark überbelegten griechischen Lager gibt es derweil minimale Entlastung: In Deutschland sollen am Samstag die ersten Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern ankommen. Sie sollen einem Bericht zufolge zunächst im Landkreis Osnabrück untergebracht werden. Der Landkreis bestätigte der Neuen Osnabrücker Zeitung die Aufnahme der Kinder, nannte aber nicht den genauen Ort ihrer Unterbringung. Medizinische und psychologische Betreuung seien sichergestellt.

Landrätin Anna Kebschull (Grüne) sagte der Zeitung, die Kinder hätten viele Monate lang „in erbärmlichen und katastrophalen Zuständen“ leben müssen. Ihre Eltern hätten sie zum Teil im Krieg oder auf der Flucht verloren. Die Kinder sollten nun besonders geschützt werden - auch vor dem Interesse der Öffentlichkeit.

Der deutsche Seenotretter Dariush Beigui berichtet nun ebenfalls von den griechischen Inseln. Seine Schilderungen machen betroffen, er befürchtet ein „Massengrab“ auf Moria

Coronavirus: Griechenland erarbeitet Notfallplan - Geflüchtete in Fußballstadien?

Ende der Woche werden voraussichtlich 58 Kinder in Deutschland eintreffen, wie das Bundesinnenministerium am Mittwoch mitgeteilt hatte. Sie sollen demnach zunächst in Niedersachsen 14 Tage in Quarantäne verbringen und dann auf verschiedene Bundesländer verteilt werden.

Die Flüchtlinge landen dem Zeitungsbericht zufolge am Samstag auf dem Flughafen Hannover. Sie seien überwiegend jünger als 14 und stammten aus verschiedenen Kriegsgebieten im Mittleren Osten und in Afrika.

Griechenland denkt unterdessen auch schon daran, angesichts der Corona-Pandemie Flüchtlingslager auf den Inseln zu evakuieren. Nach Informationen des Spiegel könnten Covid-Patienten und Verdachtsfälle aufs Festland gebracht werden - und möglicherweise auf Schiffen und in Sportstadien unterkommen. Ältere und besonders gefährdete Lagerbewohner sollen offenbar schon jetzt in Hotels, Wohnungen und Lagern auf dem Festland einquartiert werden.

Bislang sind in den Lagern auf den Inseln keine Corona-Infektionen registriert worden. Es sei aber nur eine Frage der Zeit, bis dieser Fall eintrete, sagte der Leiter der Zweigstelle der Hilfsorganisation Ärzte der Welt auf der Insel Lesbos, Dimitris Patestos, der Deutschen Presse-Agentur.

Seit Jahren kritisieren Hilfsorganisationen, Politiker und Inselbewohner die Lage im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Nun ist das Lager vom Feuer zerstört - und 12.000 Migranten über Nacht obdachlos*.

In Bayern herrscht ab 27. April eine Maskenpflicht wegen der Corona-Pandemie - wir erklären die Hintergründe. *Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes

fn/AFP

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