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Flüchtlingsgipfel der Union: Landräte klagen über „Missachtung“

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Von: Christian Deutschländer

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Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag spricht bei einem „Flüchtlingsgipfel“ zu dem er Kommunalpolitiker eingeladen hatte. Thema sind die Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen.
Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag spricht bei einem „Flüchtlingsgipfel“ zu dem er Kommunalpolitiker eingeladen hatte. Thema sind die Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen. © Britta Pedersen/dpa

Mit dem Treffen gestern Abend wollen CDU und CSU den Druck auf Scholz erhöhen – Auch FDP fordert andere Wege.

München/Berlin – Es rollt was auf Berlin zu und hat nicht allerbeste Laune. „Wir sind echt in der Not. Wir müssen laut werden“, sagt Stefan Löwl in sein Handy. „Es muss sich was tun.“ Man erlebe „eine Missachtung der kommunalen Ebene“. Löwl, 49, ist CSU-Landrat in Dachau und sitzt an diesem Donnerstagnachmittag im ICE in die Bundeshauptstadt. Am Tisch gegenüber: auch ein Landrat, im Abteil weitere Bürgermeister, Stellvertreter – alle auf der Mission, in Berlin ihre Sorgen in der Flüchtlingspolitik deutlich zu machen.

Hunderte Kommunalpolitiker, davon 50 aus Bayern, sind für den Flüchtlingsgipfel der Unionsfraktion im Bundestag angereist. Das Treffen ist, wenn man ehrlich ist, irgendwas zwischen Macht- und Ohnmacht-Demonstration. Es ist ja „nur“ die Opposition in Berlin, die hier zu einem Gipfel einlädt. Andererseits ist die Größe wuchtig.

Flüchtlingsgipfel der Union: Landräte verärgert – „Wir müssen Ordnung reinbringen“

Angesichts stark steigender Asylzahlen und zusätzlich der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sind viele Kommunen an der Aufnahmegrenze. Landrat Löwl macht deutlich, es gehe nicht allein um Geld, sondern um Wohnraum, Fachkräfte- und Lehrermangel; dazu die Unordnung, an den Grenzen wieder den Überblick verloren zu haben. Erschwerend: die hohen Sozialleistungen für einen Teil der Flüchtlinge, die ein Arbeiten zum Mindestlohn unattraktiv machten. „Das ist natürlich ein Pull-Faktor innerhalb Europas. Wir müssen Ordnung reinbringen.“

Löwl und viele seiner Kollegen – nicht nur von der CSU – sind verärgert, in Berlin wenig Gehör zu finden. Ein Flüchtlingsgipfel im Bundesinnenministerium endete in Geld-Debatten, einer mit dem Bundeskanzler ist für den fernen Mai angekündigt. CDU-Chef Friedrich Merz und Alexander Dobrindt (CSU) treffen wohl einen Nerv mit ihrem Kongress. „Die Kommunen flehen den Kanzler an, endlich zu handeln“, sagt Merz. Grenzen der Belastbarkeit seien vielerorts bereits überschritten. Dobrindt sagt bei der Eröffnung gestern Abend, der Bund verhalte sich „ignorant und inakzeptabel“ gegenüber den Sorgen.

Gipfel in Berlin – Union will Asyl und Fachkräftezuwanderung sorgsam trennen

Mehr Schutz der EU-Außengrenzen, einen Frontex-Ausbau und Asylzentren an den Grenzen fordert die Union. Dobrindt verlangt, mit den Mitteln der Visapolitik und mit der Drohung nach gekürzten Entwicklungshilfegeldern den Druck für Rücknahmeabkommen zu erhöhen. „Wer mit uns zusammenarbeiten will, muss auch bereit sein, dass er seine Landsleute zurücknimmt.“ Explizit bekennen sich CDU und CSU zum Asyl wie auch zur Fachkräftezuwanderung, fordern aber, die Bereiche sorgsam zu trennen.

Aus den Reihen der Kommunalpolitiker kommt die Forderung, bei abgelehnten Asylbewerbern auf das Sachleistungsprinzip umzustellen und häufiger Abschiebehaft einzusetzen. Auch Löwl tritt in Berlin ans Mikro, warnt unter Beifall: „Irgendwann kippt die Stimmung“ in der Bevölkerung. Entscheiden kann die Union nichts (mehr), will den Druck der Kommunalpolitiker aber mit Debatten in den Bundestag übertragen.

Kühnert über Flüchtlingsgipfel der Union – Union will „die Debatte vergiften“

In der Ampel-Koalition gibt es immer mal wieder Anzeichen für Bewegung. Zwei FDP-Innenpolitiker haben dieser Tage die Forderung vorgelegt, dass Asylanträge künftig auch in Drittstaaten geprüft werden können. Von einer „Rückführungsoffensive der Länder“ reden sie, von mehr Einsatz der Bundespolizei.

In der SPD sind die Signale allerdings nicht eindeutig. Generalsekretär Kevin Kühnert wirft der Union vor, sie wolle „mit Sozialtourismus-Parolen und vergleichbarem Getöse die Debatte vergiften“. (cd)

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