„Frankreich vor dem Zerfall“: Ex-Generälen drohen nach Eklat um Brandbrief Sanktionen

Ist Frankreich vom Zerfall bedroht? In einem Aufruf ranghoher Militärs wird vor einem Bürgerkrieg gewarnt. Die Debatte über Zuwanderung flammt neu auf, es drohen Sanktionen.
Update vom 29. April 2021, 15.45 Uhr: Den pensionierten Generälen und weiteren Militärs, die in Frankreich einen heftig kritisierten offenen Brief unterzeichnet haben, drohen Konsequenzen. Eine endgültige Pensionierung sei möglich, ließ Generalstabschef François Lecointre gegenüber der Zeitung Le Parisien wissen. Verbunden sein könnte der Verlust bestimmter Privilegien. Den noch aktiven Militärs drohten Disziplinarstrafen. „Meine Absicht ist, dass sie für die ranghöheren Offiziere strenger und für die weniger ranghöheren Offiziere weniger streng sein sollten“, sagte Lecointre.
In dem Brief warnten die Generäle vor einem „Zerfall“ Frankreichs, einem drohenden „Bürgerkrieg“ und letztlich einem „Eingreifen unserer aktiven Kameraden in einer gefährlichen Mission zum Schutz unserer zivilisatorischen Werte“ (siehe unten). Eine heftige Debatte entstand, die das Thema Migration und den sozialen und kulturellen Wandel in Frankreich* zum Inhalt hatte.
„Unter den Unterzeichnern befinden sich heute 18 Personen im aktiven Dienst - darunter vier Offiziere - von 210.000 aktiven Soldaten“, sagte Lecointre. Der Brief sei ein „inakzeptabler Versuch, die Armee zu manipulieren“. Nach Angaben rechten Publikation Valeurs Actuelles wird er von etwa „hundert hohen Offizieren und mehr als tausend weiteren Militärangehörigen“ unterstützt.
Eklat in Frankreich: Ex-Generäle warnen vor „Bürgerkrieg“ - Ministerin fordert Konsequenzen
Ursprungsartikel vom 27. April 2021: Paris - Ein Brandbrief hat in Frankreich ein Jahr vor der Präsidentenwahl Empörung hervorgerufen. Es ist nicht nur der Inhalt, der für Aufregung sorgt, sondern auch die Urheber. In dem Text, der in der vergangenen Woche in der ultrarechten Zeitschrift Valeurs Actuelles veröffentlicht wurde, wird vor einem „Bürgerkrieg“ in Frankreich und einem „Zerfall“ des Landes gewarnt.
Unterzeichner des Aufrufs sind rund 20 ehemalige Generäle. Darunter ist auch der 80-jährige Christian Piquemal, der von 1994 bis 1999 Kommandant der Fremdenlegion war. Nach Ansicht der Verfasser könnte ein „Eingreifen unserer aktiven Kameraden in einer gefährlichen Mission zum Schutz unserer zivilisatorischen Werte“, erforderlich sein. Brisant ist, dass der Brief auch Unterstützung bei aktiven Militärangehörigen finden soll. Verteidigungsministerin Florence Parly forderte am Montagabend „Sanktionen“ der Armeespitze gegen die Urheber.

Brandbrief französischer Ex-Generäle: Regierung muss Land gegen Horden der Vorstädte verteidigen
Die Gefahr geht nach Ansicht der Ex-Generäle vom „Islamismus und den Horden der Vorstädte“ aus. Aber auch linke Kreise, die einem „Antirassismus“ und „dekolonialen Theorien“ das Wort redeten, werden zu den Gegnern gezählt. Gegen diese müssten Präsident Emmanuel Macron und die Regierung das Land verteidigen.
„Die Gewalt steigt von Tag zu Tag“, heißt es in dem Brief weiter. Verwiesen wird auf den Mord an dem Lehrer Samuel Paty, der Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt hatte und deshalb von einem Islamisten getötet worden war. Der Text endet mit den Worten: „Es ist keine Zeit mehr zu zögern, sonst wird der Bürgerkrieg dem wachsenden Chaos ein Ende bereiten und die Zahl der Toten (...) in die Tausende gehen.“
Brandbrief französischer Ex-Generäle: Kritik am den Aufruf kommt auch aus dem Militär
Neben der Regierung verurteilten auch die Linke und selbst das französische Militär den Brief. Jean-Luc Mélenchon, Chef der Linkspartei, nennt die Unterzeichner „Aufrührer“. Unterstützer des Briefes, die noch im Militär aktiv sind, sollten aus der Armee entfernt werden.
Auch aus der Armee selbst kommt Kritik. Der General und Chefredakteur der Zeitschrift Défense Nationale (Nationale Verteidigung) Jérôme Pellistrand, nannte die Ex-Generäle „alte Griesgrame, die nichts verstanden haben“.
Brandbrief französischer Ex-Generäle: Marine Le Pen ruft zur Unterstützung ihres Wahlkampfs auf
Regelrecht begeistert sind hingegen die Rechtspopulisten. Marine Le Pen von der rechtsextremen Partei Rassemblement National begrüßte den Aufruf. Sie sagte am Dienstag im Nachrichtensender Franceinfo, dass die Unterzeichner des Briefes zum Ausdruck brächten, dass die Situation des Landes besorgniserregend sei und es Regionen der Gesetzlosigkeit gebe. Le Pen rief die Militärs auf, sie im Präsidentschaftswahlkampf zu unterstützen.
Laut Franceinfo stehen einige Unterzeichner des Textes der Rassemblement National nahe oder sind für sie bei Wahlen angetreten. Sie habe den Brief aber nicht initiiert, erklärte Le Pen. (AFP/dpa/mh) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.