Claire Demesmay von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik analysierte im Deutschlandfunk: „Viele Menschen haben sich für Personen entschieden, die vor Ort präsent sind.“ Auch wenn das Wahlsystem bei der Präsidentschaftswahl ein ganz anderes ist: „Eine Lektion aber ist, dass die Konservativen ernst zu nehmen sind. Das wird Macron sehr aufmerksam verfolgen“, so Demesmay weiter.
Nach Ansicht von Beobachtern sind die Regionalwahlen zwar ein wichtiger Stimmungstest. Es sei aber verfrüht, endgültige Schlüsse für den Kampf um das höchste Staatsamt im kommenden Jahr zu ziehen. So ist die in den Regionen stark verankerte bürgerliche Rechte auf nationaler Ebene zerstritten und sucht händeringend nach einer Führungsfigur - eine Rolle, die lange Nicolas Sarkozy eingenommen hatte.
Abgestraft wurden die Parteien bei den zeitgleichen Regional- und Départementswahlen aber vor allem durch die Wahlbeteiligung. Mit geschätzt 31 bis 34 Prozent dürfte diese wohl ein historisches Tief erreicht haben. Die bisher niedrigste Wahlbeteiligung in einer ersten Runde der Regionalwahlen hatte es mit 46,3 Prozent im Jahr 2010 gegeben. Die Wahlen waren wegen der Corona*-Pandemie um drei Monate verschoben worden - die Gesundheitskrise und ihre Folgen gelten auch als ein Grund für das geringe Interesse an den Wahlen.
Der Chef der Republikaner, Christian Jacob, griff im Sender TF 1 die Regierung wegen der Organisation der Wahlen an. „Ein solches Durcheinander hat es noch nie gegeben.“ Der prominente Linksaußenpolitiker Jean-Luc Mélenchon forderte eine Untersuchungskommission und schlug eine Mindestwahlbeteiligung vor. Nach Medienberichten blieben in Marseille am Morgen des Wahltags einige Wahllokale geschlossen. Es soll zuvor Probleme mit Wahlhelfern gegeben haben. Im Norden des Landes sollen in einem Wahlbüro Stimmzettel gefehlt haben. Marlène Schiappa, beigeordnete Ministerin im Innenministerium, wies die Kritik an der Regierung im Sender TF 1 zurück. Angesichts der Wahlbeteiligung könne niemand prahlen und die Schuld einem einzigen Lager zuschieben.
Mit den Wahlen werden unter anderem die Regionalräte neu besetzt. Frankreichs Regionen haben etwa in den Bereichen öffentlicher Verkehr, Bildung und Wirtschaftsförderung wichtige Kompetenzen, verglichen mit den deutschen Bundesländern* ist ihr Einfluss aber begrenzt. (dpa/cibo) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.