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Frankreich weist Scholz' Vorschlag zu Sitz im UN-Sicherheitsrat zurück

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Frankreich will auf seinen ständigen Sitz in dem UN-Gremium nicht verzichten.
Frankreich will auf seinen ständigen Sitz in dem UN-Gremium nicht verzichten. © dpa / Carsten Koall

Deutschland sitzt 2019 und 2020 wieder als nicht-ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der UN. Olaf Scholz` Vorschlag für einen gemeinsamen EU-Sitz mit Frankreich lehnt das Nachbarland ab.

Update vom 29. November 2018:

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich mit seinem Vorschlag für einen gemeinsamen EU-Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Abfuhr aus Paris geholt: Frankreich will auf seinen ständigen Sitz in dem UN-Gremium nicht verzichten, wie das Außenministerium in Paris am Donnerstag deutlich machte. Stattdessen will sich die französische Regierung für einen ständigen Sitz Deutschlands einsetzen.

Scholz hatte sich am Mittwoch dafür ausgesprochen, den ständigen Sitz Frankreichs im UN-Sicherheitsrat in einen gemeinsamen EU-Sitz umzuwandeln. "Im Gegenzug sollte Frankreich dann permanent den EU-Botschafter bei den Vereinten Nationen stellen", sagte der SPD-Politiker in einer Rede in Berlin.

"Frankreich ist für eine Erweiterung des Sicherheitsrats", sagte dazu eine Sprecherin des französischen Außenministeriums. Künftig sollten darin neben Deutschland auch Japan, Brasilien, Indien und zwei afrikanische Staaten einen ständigen Sitz haben. Frankreich sei aber bereit, seine Position mit Berlin "abzustimmen". Die französische Botschaft in Washington hatte zuvor erklärt, Scholz' Vorschlag verstoße gegen die UN-Charta.

Deutschland erhält nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat

New York - Es waren viele Hände, die Bundesaußenminister Heiko Maas und UN-Botschafter Christoph Heusgen schütteln mussten: Deutschland sitzt in den Jahren 2019 und 2020 wieder als nicht-ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Die Wahl Deutschlands galt als sehr sicher, gefeiert wurde das Ergebnis der Abstimmung in der UN-Vollversammlung am Freitag trotzdem. „Wir sind drin!“, twitterte die deutsche Botschaft und bedankte sich für das Vertrauen der Weltgemeinschaft.

Maas sprach nach minutenlangem Händeschütteln sowie Küsschen und Umarmungen für die deutsche Delegation im UN-Plenarsaal von einem „traumhaften Ergebnis“. 184 von 190 abgegebenen Stimmen kamen für die Bundesregierung zusammen, bei zwei Enthaltungen und vier Gegenstimmen.

Insgesamt zählen die UN derzeit 193 Mitgliedstaaten. Zwei davon gaben am Freitag keine Stimme ab, Libyen darf wegen Beitragsrückständen derzeit nicht an Abstimmungen teilnehmen.

Kanzlerin Angela Merkel hat eine verantwortungsvolle Mitarbeit Deutschlands im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zugesichert. „Wir werden diese Aufgabe im UN-Sicherheitsrat, in einer Zeit vieler Konflikte auf der Welt mitzuarbeiten, auch verantwortungsvoll für die Bundesrepublik Deutschland nutzen“, sagte Merkel am Freitag am Rande des Gipfels der sieben großen Industrienationen im kanadischen La Malbaie.

Maas: „Wir wollen uns nicht wegducken“

Maas kündigte an, dass Deutschland eine „wahrnehmbare, sichere Stimme im Sicherheitsrat“ sein werde. „Wir wollen uns nicht wegducken, sondern wir werden auch in schwierigen Entscheidungen Farbe bekennen“, erklärte Maas. Ziel sei, „Krisen gar nicht erst entstehen zu lassen.“

Auf die weiteren vier frei werdenden Sitze wurden Belgien, Südafrika, die Dominikanische Republik und Indonesien gewählt, die mit Ausnahme Indonesiens konkurrenzlos kandidierten. Auch Deutschland war allein ins Rennen gegangen, nachdem Israel seine Kandidatur auf den frei werdenden Sitz Anfang Mai überraschend zurückgezogen hatte. Einige Mitglieder der südafrikanischen Delegation hängten sich Schals mit ihren Landesfarben um die Schultern, und ein wenig erinnerte die Stimmung im Saal an den heiteren Patriotismus bei einer Fußball-Weltmeisterschaft.

Ab 1. Januar 2019 sitzt UN-Botschafter Heusgen mit am runden Tisch im mächtigsten UN-Gremium. Wie die weiteren 14 Mitglieder nimmt er dann an Ratssitzungen teil, stimmt über Resolutionen ab und kann sich dort mit eigenen Beiträgen und Anträgen einbringen. Ein Vetorecht besitzt Deutschland anders als die ständigen, sogenannten P5-Staaten - USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China - allerdings nicht. Die Bundesrepublik saß bereits fünfmal im UN-Sicherheitsrat (zuletzt 2011/2012), die DDR einmal.

Vor allem mit den europäischen Verbündeten Frankreich und Großbritannien dürfte Deutschland den Schulterschluss suchen. Die deutsche Vertretung betonte am Freitag die „enge Partnerschaft“ mit Frankreich, nachdem Frankreichs UN-Botschafter François Delattre den deutschen Kollegen gratuliert hatte.

Lesen Sie auch: Ostukraine: UN-Sicherheitsrat fordert Abzug schwerer Waffen

Wichtige Themen im Rat sind der seit sieben Jahren andauernde Krieg in Syrien sowie die Konflikte in Libyen und im Jemen. Besonders festgefahren ist die Debatte im Streit um die Zukunft Syriens und den Dauerkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Der Konflikt mit Nordkorea ist nach dessen Annäherung mit den USA etwas in den Hintergrund gerückt.

Neuer Fokus auf Ukraine-Konflikt?

Auch der Ukraine-Konflikt könnte mit der deutschen Ratsmitgliedschaft wieder in den Fokus kommen. Der Friedensvertrag von Minsk war 2015 unter deutscher Vermittlung ausgehandelt worden, die mehrfach erklärte Waffenruhe in der Ostukraine ist aber ebenso wenig umgesetzt wie der Abzug von schwerem Kriegsgerät. Am Mittwoch hatte der Sicherheitsrat einen sofortigen Abzug schwerer Waffen aus der Region gefordert.

Zum regulären UN-Budget sowie zu den weltweiten Friedenseinsätzen zahlt Deutschland nach den USA, Japan und China jeweils den größten Beitrag. Derzeit beteiligt sich die Bundeswehr mit rund 1200 Soldaten an den weltweiten Einsätzen, vor allem in Mali (rund 1000 Soldaten) und im Libanon (rund 120 Soldaten). Damit ist Deutschland unter den westlichen Industrieländern zwar bei den größten Truppenstellern, liegt laut UN-Statistik aber nur auf Platz 28. Angeführt wird die Rangliste von armen Entwicklungsländern wie Äthiopien (8400 Soldaten) sowie Bangladesch, Indien und Ruanda (je 6500 bis 7000 Soldaten).

Die fünf Sitze für die Jahre 2019 und 2020 werden frei, weil Schweden und die Niederlande sowie Äthiopien, Bolivien und Kasachstan zum Jahresende ausscheiden.

dpa

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