Corona-Gipfel: Stufenplan, Impfpflicht, „Freedom Day“ - das hat die Scholz-Runde beschlossen

Große Corona-Lockerungen in Deutschland: Bund und Länder haben sich auf massive Anpassungen der Maßnahmen geeinigt. Der „Freedom Day“ naht. Ein Überblick.
Berlin - „Wir haben verdient, dass es ein bisschen besser wird“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Pressekonferenz nach dem Corona-Gipfel. „Wir haben mit unseren Maßnahmen erreicht, was wir wollten.“ Deshalb könne man „optimistische Perspektiven aufmachen.“
Wichtigster Punkt: Am 20. März fallen nahezu alle Corona-Regeln. Einen Tag zuvor endet das aktuelle Infektionsschutzgesetz, die rechtliche Grundlage für Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen. Das Datum kommt damit einem „Freedom Day“ (Freiheitstag) gleich, wie es ihn derzeit in einigen europäischen Ländern gibt. Bleiben sollen lediglich „Basisschutzmaßnahmen“ wie die Maskenpflicht in Bus und und Bahn. Bis zu diesem Datum soll ein Drei-Stufen-Plan den Weg aus der Pandemie ebnen.
Corona-Gipfel: Drei-Stufen-Plan bis zum 20. März
- 1. Schritt (ab sofort): Bundesweit kein 2G im Einzelhandel mehr und Kontaktlockerungen bei privaten Treffen. Für Geimpfte und Genesen fallen sämtliche Beschränkungen weg. Heißt: Sie dürfen sich wieder ohne Obergrenze treffen. Für Ungeimpfte gelten weiterhin die strengeren Regeln (eigener Haushalt plus maximal zwei weitere Personen; Unter-14-Jährige ausgenommen). Schleswig-Holstein plädierte für eine „moderate Anpassung“ auch bei Ungeimpften.
- 2. Schritt (ab 4. März): 3G statt 2G in der Gastronomie sowie bei Übernachtungsangeboten. Außerdem dürfen Clubs und Diskotheken wieder öffnen (mit 2Gplus). Bei überregionalen Großveranstaltungen wie Spielen der Fußball-Bundesliga sollen mehr Zuschauer zugelassen werden. Konkret: Auslastung von 75 Prozent, maximal jedoch 25.000 Zuschauer. Bei Veranstaltungen in Innenräumen: 60 Prozent Auslastung, maximal 6.000 Zuschauer.
- 3. Schritt (ab 20. März): „Alle tiefgreifenderen Schutzmaßnahmen“ fallen weg.
- Künftige Rechtslage: Sollte sich das Infektionsgeschehen nach dem 20. März deutlich verschlechtern, soll die Bundesregierung zügig die nötigen Gesetzgebungsverfahren für neuerliche Schutzmaßnahmen einleiten.
Darüber hat die Bund-Länder-Runde weitere Anpassungen besprochen, etwa im Bereich der Pflege-Impfpflicht oder dem Genesenenstatus. Die wichtigsten Neuerungen: Der Stichtag bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht fällt weg. Über den Genesenstatus soll nicht mehr das Robert Koch-Institut entscheiden. Alle Anpassungen im Überblick.
Neue Corona-Regeln: Impfpflicht, Genesenenstatus, Kurzarbeitergeld
- Allgemeine Impfpflicht: Bund und Länder wollen weiterhin an der allgemeinen Impfpflicht festhalten. Entschieden wird das allerdings im Bundestag, wo für Mitte März eine fraktionsfreie Abstimmung geplant ist. Zur Debatte stehen mehrere Anträge, wie: keine Impfpflicht, Impfpflicht auf Abruf, Impfpflicht ab 18, Impfpflicht ab 50.
- Impfregister: Vorerst soll es kein Impfregister geben. „Da ist die Frage, ob es das wirklich braucht“, sagte Scholz. Hessen, Baden-Württemberg und Sachsen hatten ein solches in der MPK vergeblich gefordert.
- Pflege-Impfpflicht: Auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht soll umgesetzt werden. Allerdings lösen sich Bund und Länder vom Stichtag am 15. März. Bis zu diesem Datum müssten eigentlich alle Pflegekräfte geimpft oder genesen sein, ansonsten dürfen sie nicht mehr arbeiten. Nun heißt es vom Bund-Länder-Gipfel: „Die Gesundheitsämter haben ein Ermessen bei der Umsetzung der Maßnahmen. Ein Betretungsverbot stellt die letzte Stufe dar.“ Daher werde es „nicht sofort flächendeckend automatisch“ dazu kommen. Bei Bußgeldverfahren gilt das Opportunitätsprinzip. Darunter verstehen Juristen die Handlungsfreiheit einer Behörde im Falle einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.
- Genesenenstatus - neue Zuständigkeit: Künftig entscheiden nicht mehr Paul-Ehrlich-Institut und Robert Koch-Institut über den Genesenstatus*. Mitte Januar sorgte die Anpassung auf 90 Tage für Verwirrung und Kritik. Das RKI hatte sie quasi über Nacht verkündet, nachdem es dafür vom Bundesrat (unter Weisung von Gesundheitsminister Lauterbach) die Entscheidungsgewalt delegiert bekommen hatte*.
- Genesenenstatus - vorerst keine neue Regel: In einer zwischenzeitlichen Beschlussvorlage, die Merkur.de vorliegt*, wurde über eine unmittelbare Anpassung der 90-Tage-Regel diskutiert. Menschen sollten nach Corona-Infektion wieder sechs Monate als genesen genesen. Doppelt Geimpfte, die sich mit Covid-19 infizierten, sogar neun. Dieser Passus ist aus dem Beschlusspapier entfernt. Damit kommt es zumindest unmittelbar nicht zu einer neuen Regel.
- Reisen: Neuregelung bei der Einstufung von Ländern als Hochrisikogebiet. Damit wird „den durch Omikron weltweit gestiegenen Inzidenzen Rechnung getragen.“ Ziel der Anpassung sei es, Reisen für Familien zu erleichtern, „da Kinder unter zwölf Jahren oft nicht geimpft sind und sie daher der Quarantäne nicht entgehen können“. Ab welcher Inzidenz ein Land als Hochrisikogebiet gilt, ist noch unklar.
- Testen: Die Ministerpräsidenten fordern vom Bund eine Teststrategie über den 31. März hinaus. Die Testverordnung soll verlängert werden. Testen bleibt laut Bundeskanzler Scholz ein wichtiges Instrument der Pandemiepolitik.
- Corona-Medikament Paxlovid: Das Gesundheitsministerium kümmert sich aktuell um die Lieferung der Anti-Corona-Pille Paxlovid*. „Bei früher Einnahme des Medikaments hat es eine hohe Wirksamkeit gegen Covid-19“, heißt es im Beschlusspapier. Gesundheitsminister Lauterbach lobte Paxlovid bereits im Januar als „extrem vielversprechend“.
- Kurzarbeitergeld: Bezugsdauer und Sonderregelungen für Kurzarbeitergeld werden über den 31. März hinaus verlängert, die Überbrückungshilfe IV bis zum 30. Juni.
Sollte sich die Corona-Lage verschärfen, gibt es ein neues Bund-Länder-Treffen am 17. März. „Sofern es die Lage erforderlich macht, kommen sie früher zusammen.“ (as) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA