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Tessa Ganserer ist die erste Transfrau im Landtag

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Als Frau möchte der Grüne-Landtagsabgeordnete behandelt werden. Er heißt nun Tessa Ganserer.
Als Frau möchte der Grüne-Landtagsabgeordnete behandelt werden. Er heißt nun Tessa Ganserer. © dpa/Matthias Balk

Der Grüne-Landtagsabgeordnete Markus Ganserer ist jetzt Tessa Ganserer. Die Politikerin bezeichnet ihre Transidentität als Alltagstest für die Liberalitas Bavariae – nicht nur im Bayerischen Landtag.

München – Erst im November bekannte sich Markus Ganserer, der seit 2013 für die Grünen im bayerischen Landtag sitzt, zu seiner Transidentität. Er sagte öffentlich, dass er sich auch als Frau fühle. Damals trug der 41-Jährige noch Männerkleidung.

Acht Wochen später hat sich der Mensch Ganserer für ein Geschlecht entschieden. Er tritt nun als Frau auf, möchte als Tessa Ganserer angesprochen und als Frau behandelt werden. Als erste Transfrau im Landtag – „sehr wahrscheinlich die erste transidente Person in einem deutschen Parlament, die in ihrer aktiven Amtszeit ihre Transition lebt“ – will sich Tessa Ganserer für die Rechte von Trans- und Intersexuellen einsetzen. Sie fordert als queerpolitische Sprecherin der Grünen in Bayern einen Aktionsplan gegen Homophobie und Transphobie.

Zu dem Pressetermin erscheint Tessa Ganserer in hohen Stiefeln, dezenter, pastellfarbener Kleidung. Die blonden Haare trägt sie lang und offen, die Fingernägel sind sorgfältig lackiert. Sie ist sich bewusst, dass die Journalisten ihr Äußeres genau begutachten. „Ich würde mir wünschen, dass die Tatsache, dass ich Kontaktlinsen trage, mehr Nachrichtenwert hätte als die Tatsache, dass ich mich als Frau fühle“, sagt sie. Die Tatsache, „dass ein Mensch seine eigene Geschlechtsidentität zum Ausdruck bringt“, sollte ihrer Ansicht nach „etwas völlig Normales sein“.

Noch in Männerkleidung bekannte sich Markus Ganserer zu seiner Transidentität.
Noch in Männerkleidung bekannte sich Markus Ganserer zu seiner Transidentität. © dpa/Lino Mirgeler

Ganserer zeigt Verständnis, dass sich das Umfeld erst an ihr neues Ich gewöhnen muss. Daran, jetzt „Frau Abgeordnete Ganserer“ sagen zu sollen. „Wenn jemandem versehentlich das falsche Pronomen rausrutscht, bin ich nicht nachtragend. Aber ich spüre sehr gut, wenn es jemand absichtlich macht und despektierlich meint.“ Die erste Plenumssitzung des Landtags findet am 23. Januar statt, Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) sicherte Ganserer in einem persönlichen Gespräch zu, dass sie ab sofort als Frau angesprochen und behandelt werde.

Um den Vornamen und den Geschlechtseintrag offiziell ändern zu lassen, muss Ganserer zwei psychologische Gutachten vorlegen. Sie fordert eine Reform des Transsexuellengesetzes, das aus den 1980er Jahren stammt. „Es sollte zukünftig möglich sein, dass das bei der Geburt angegebene Geschlecht auf Antrag einer Person ohne psychologisches Gutachten beim Standesamt geändert werden kann.“

„Ich habe mir das auch nicht ausgesucht“

Ihre persönliche Situation beschreibt sie als „emotional sehr anstrengend“. „Ich mache das nicht zum Spaß und ich habe mir das auch nicht ausgesucht. Ich habe mich nicht entschieden, Frau zu sein.“ Sie empfinde sich aber seit Langem als Frau.

Vor zehn Jahren hat Ganserer ihre Geschlechtsidentität eindeutig entdeckt. Es vergingen zwei Jahre, bevor damals noch der Mann Markus Ganserer seine Frau ins Vertrauen zog. Das Paar hat zwei Söhne, elf und sechs Jahre alt.

„Ich habe mich echt schwergetan, mich selber so zu akzeptieren“, sagt Ganserer. Mit dem Coming-out habe sie gewartet, bis es nicht mehr ging. „Ich hatte keine Kraft mehr, mich zu verstecken.“

Trotz gesellschaftlicher Fortschritte seien Trans- oder Intersexuelle sowie Nonbinäre, also Menschen, die sich weder als Frau noch Mann fühlen, immer noch von Diskriminierung betroffen. „Es existieren Vorbehalte und Vorurteile.“ Ganserer fordert einen Aktionsplan für Vielfalt, gegen Homophobie und Transphobie. „Bayern ist das einzige Bundesland, das keinen solchen hat.“ Sie selbst habe durchweg positive, persönliche Reaktionen auf ihr Coming-out bekommen. In den sozialen Medien erlebe sie aber auch Anfeindungen.

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Aglaja Adam

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