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Gas-Krise: Versorgt Deutschland trotz Gasknappheit die Speicher im Ausland?

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Von: Astrid Theil

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Nord Stream 1
Die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 1 in Lubmin. © Stefan Sauer/dpa

Die Gaskrise weckt bei vielen Ängste in Bezug auf den anstehenden Winter. Schnell verbreiten sich dementsprechend Nachrichten über Gaslieferungen ins Ausland.

Berlin - Die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland stellt Deutschland aktuell vor eine schwierige Situation. Der Winter steht bevor und Russland hat seine Gaslieferungen massiv reduziert. Daher werden mit Hochdruck alternative Energiequellen gesucht und die bestehende Gasmenge rationiert. Umso kritischer wurde Anfang Juli von vielen die in den sozialen Medien kursierende Information aufgenommen, dass deutsches Gas nach Polen weitergeleitet würde. Aktuell sind die Gasspeicher in Polen zu etwa 98 Prozent gefüllt. Dies geht aus Daten der Plattform AGSI hervor. Nur ein Bruchteil des Gases stammt allerdings aus Deutschland.

Vor dem Ukraine-Krieg importierte Polen den Großteil seines Erdgases aus Russland. 2020 kamen rund 21 Prozent zusätzlich aus Deutschland und 14 Prozent aus Katar. Zudem produzierte Polen eigenes Erdgas. Das Gas, das sich aktuell in den Speichern befindet, stamme laut dem polnischen Klima- und Umweltministerium aus unterschiedlichen Quellen: „Aus LNG-Terminals, aus eigener Produktion und von Käufen, die wir auf dem europäischen Gasmarkt tätigen – darunter auch Käufe aus Deutschland.“  Dies wurde dem Recherchezentrum Correctiv mitgeteilt.

Gas kann frei gehandelt werden - „Die globalen Märkte laufen meist anonym ab“

Ein Großteil des Gases erhalte Polen aus dem Terminal für Flüssiggas (LNG) Swinemünde östlich der Insel Usedom. Dort erhalte Polen in erster Linie Lieferungen aus Katar, den USA und vom Spotmarkt, einem internationalen Markt, auf dem Rohöl und -Gas versteigert wird. Deutschland wiederum erhält sein Gas über die Jamal-Pipeline aus Russland, welche über Polen nach Deutschland führt. Dieses Gas gehört aber nicht zwingend Deutschland. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums erklärte gegenüber ZDFheute, wie das europäische Gasnetz funktioniert: „Das Gas kann von polnischen, italienischen oder Firmen eines anderen Landes genutzt werden, wird aber über die Leitung transportiert.“

Gas kann frei gehandelt werden und somit von einem Land in andere weiter- oder zurückgeleitet werden. Dementsprechend kann auch Polen Gas aus Deutschland kaufen. Genaue Informationen über die Käufe sind allerdings nicht einsehbar. „Wer genau welche Gasmengen wo kauft und an wen liefert, kann man von außen kaum nachvollziehen. Die globalen Märkte laufen meist anonym ab“, sagte Tobias Federico, Geschäftsführer der Beratungsagentur „Energy Brainpool“ gegenüber ZDFheute.  Deutschen Unternehmen den Verkauf von Gas an Polen zu verbieten sei nicht rechtens, betont Federico. Es handle sich um privatwirtschaftliche Verkäufe.

Deutschland hat die größten Gasspeicher in Mittel- und Westeuropa

In Deutschland sind die Gasspeicher aktuell durchschnittlich etwa um 67 Prozent gefüllt. Diese Zahlen gehen aus der AGSI-Datenbank der Interessenvereinigung Gas Infrastructure Europe (GIE) hervor. Vor einem Jahr war der Gas-Stand noch niedriger: bei 46 Prozent. Die Mehrheit der deutschen Gasspeicher sei aktuell zu rund 80 bis 90 Prozent gefüllt. Deutschland verfügt insgesamt aktuell über vier Mal so viel Gas wie Polen, da es in Mittel- und Westeuropa die größten Speicher für Erdgas hat. (at)

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