Die dreisten Drei: Sie könnten Merkel, Schulz und Seehofer stürzen

Andrea Nahles (SPD), Alexander Dobrindt (CSU) und Jens Spahn (CDU) sägen am Stuhl ihrer Parteichefs. Angela Merkel, Martin Schulz und Horst Seehofer wirken angezählt.
Berlin - Die Koalitionsverhandlungen werden schwierig – nicht nur inhaltlich, nicht nur, weil es schon jetzt Streit um die vor dem SPD-Parteitag den Delegierten versprochenen Nachverhandlungen bei den Themen Flüchtlinge, Gesundheit und befristete Arbeitsverträge gibt. Am stärksten unter Druck steht Martin Schulz: Die Jusos fordern dazu auf, in die SPD einzutreten, nur um dann beim Mitgliederentscheid gegen die GroKo zu stimmen. Drei Parteichefs sitzen da am Verhandlungstisch, die geschwächt sind – und jüngere, ehrgeizige Möchtegern-Nachfolger im Nacken sitzen haben. Die tz beschreibt, wie CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Schulz aus den eigenen Reihen gejagt werden.
Der Rotzfreche
Jens Spahn: Er ist der Hoffnungsträger derer in der CDU, die finden, dass die Partei unter Merkel zu weit in Richtung linke Mitte gerückt ist: Der 38-Jährige profiliert sich als Islam-Kritiker, der als einer der Ersten in der CDU ein Burkaverbot forderte. Und Spahn provozierte bewusst die Kanzlerin, indem er beim CDU-Parteitag im Dezember einen Beschluss gegen die doppelte Staatsbürgerschaft durchsetzte – was Merkel erboste. Er ist der Einzige in der CDU, der sich traut, so offen gegen die CDU-Chefin aufzubegehren. So übernahm Spahn nach den erfolgreichen GroKo-Sondierungsverhandlungen den Part des Buhmanns:
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Nach der langen Verhandlungsnacht am Freitag der vergangenen Woche, als Merkel müde, aber stolz die Ergebnisse präsentierte, sagte Spahn laut dem Spiegel: „Das ist ja wie 2013 – nur mit mehr Geld und weniger Lust. Ich dachte, wir machen was Neues.“ Merkel habe Spahn daraufhin einen vernichtenden Blick zugeworfen, aber nichts erwidert. Später dann habe die CDU-Chefin im kleinen Kreis auf Spahns Profilierungsdrang geschimpft. „Eigentlich müsstest du den morgen ins Kanzleramt einbestellen, der müsste seine Urkunde zurückgeben“, so ein Merkel-Vertrauten.
Der Radikale
Alexander Dobrindt: Falls die GroKo-Verhandlungen doch noch scheitern, sind Horst Seehofers Tage als CSU-Chef gezählt. Das erklärt, weshalb Alexander Dobrindt bei den Gesprächen mit der SPD deutlich aggressiver auftritt als Seehofer: Letztlich würde er als möglicher künftiger CSU-Chef gewinnen, wenn Seehofer scheitert.
Dobrindt gibt bei den Verhandlungen mit der SPD den Radikalen: Während sich die Asyl-Unterhändler unter Führung von Volker Bouffier bereits auf ein Papier geeinigt hatten, beharrte der CSU-Landesgruppenchef weiter auf der Formulierung, die Zahl von 200 000 Flüchtlingen dürfe „nicht überschritten“ werden. Schulz erklärte daraufhin laut Spiegel: Wenn die Passage nicht gestrichen werde, „dann ist hier Schluss“. Dobrindt antwortete kühl: „Dann ist eben Schluss.“
Mindestens so wütend wie Schulz war aber CDU-Unterhändler Volker Bouffier, der sich von Dobrindts Alleingängen düpiert fühlte: „Also, ich habe ja viel erlebt und kenne unsere Freunde von der CSU aus vielen Verhandlungen. Aber was mir in den vergangenen Stunden hier geboten wurde, das war schon einmalig.“ Bouffier drohte sogar indirekt damit, als Unions-Verhandler hinzuwerfen. Seehofer musste beschwichtigen.
Die Ehrgeizige
Andrea Nahles: Am Tag nach dem SPD-GroKo-Parteitag schreiben viele Zeitungen, dass die SPD-Fraktionschefin mit ihrer leidenschaftlichen Rede Martin Schulz gerettet habe. Für den taumelnden SPD-Chef Schulz sind solche Meinungen, die ähnlich auch von Genossen kommen, bedrohlich: Nahles mag ihn vorerst gerettet haben – auf lange Sicht hat sie mit der „Rede ihres Lebens“ (so die Deutsche Welle) aber klargemacht, dass sie die bessere Parteivorsitzende wäre. Die Parteilinke genießt angesichts ihrer Erfolge als ernsthaft und problemorientiert arbeitende Arbeitsministerin auch bei den Konservativen in der SPD Achtung. So fuhr sie bei der Wahl zur SPD-Fraktionschefin unmittelbar nach der verheerenden Bundestagswahl-Niederlage beachtliche 90,1 Prozent der Stimmen ein.
Die 47-Jährige hat den geschwächten SPD-Chef zuletzt wiederholt öffentlich bloßgestellt: Als Schulz die Direktwahl des SPD-Vorsitzenden vorschlug, bügelte Nahles das kühl mit den Worten ab: „Da hat jetzt einer seine Meinung gesagt“.
Es gibt Gerüchte, dass Nahles mit Olaf Scholz einen Pakt geschlossen habe, gemeinsam die Führung in der SPD zu übernehmen – damit einer von beiden ins Kanzleramt einziehen kann. Ein Bündnis, wie es einst schon Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder geschlossen hatten…
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tz