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„Lerne das in drei Monaten“: Ukrainischer Pilot entlarvt Nato-Ausrede zur Ausbildung an Kampfjets

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Von: Jens Kiffmeier

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Erst Panzer, dann Kampfjets: Beim EU-Gipfel pocht Selenskyj für den Ukraine-Krieg auf Waffen. In der Nato ist man uneins. Doch die Ausbildung ginge schnell.

Brüssel – Der Hunger nach weiteren Waffen ist noch nicht gestillt: Nach der Zusage von modernen Kampfpanzern nimmt die Debatte über die Lieferung von Kampfjets für die Ukraine im Angriffskrieg gegen Russland an Fahrt auf. Beim EU-Gipfel in Brüssel pochte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf eine Weitergabe von westlichen Flugzeugen. Doch innerhalb der westlichen Verbündeten ist man gespalten.

Während Großbritannien dem Wunsch nachkommen will, stellt sich die Bundesregierung weiterhin quer. Doch wie lange? Denn das Argument, wonach die Ausbildung an den Nato-Kampfjets zu lange dauere, zieht vielleicht nicht mehr.

Wie lange dauert die Ausbildung an einem F-16-Jet: Pilot will das im Ukraine-Krieg in drei Monaten lernen

So bezifferte der ukrainische Kampfpilot Wadym Worotschylow die Lernzeit an einem Nato-Jet auf wenige Wochen. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Flieger einer MiG-29 würde es nur „bis zu drei Monate dauern, um alle Kampfaufgaben zu lernen“, sagte er dem britischen Guardian. Wenn in der gleichen Zeit die Ingenieure für die Reparatur eines F-16-Jets geschult werden würden, könne man der gestarteten Frühjahrsoffensive Russlands im Ukraine-Krieg etwas entgegensetzen.

Wie schnell kann man das Fliegen mit einer F-16 lernen? Laut einem ukrainischen Piloten dauert die Ausbildung drei Monate.
Wie schnell kann man das Fliegen mit einer F-16 lernen? Laut einem ukrainischen Piloten dauert die Ausbildung drei Monate. © Boris Roessler/dpa

Damit befeuerte der Kampfpilot den Streit um westliche Unterstützung im Ukraine-Krieg. In den vergangenen Wochen hatten sich Deutschland und andere Nato-Staaten zur Lieferung von Panzern durchgerungen. Neben hochmodernen Kampfpanzern wie Leopard 2, Abrams oder Challenger 2 sollen auch mehr als 100 alte Leopard-1-Panzer ins Konfliktgebiet geschafft werden. Mit der Waffenlieferung soll Russlands Truppen eine Masse entgegensetzt werden. Nachdem die Kämpfe im Winter ein wenig abgeflaut waren, rechnen Militärexperten nun wieder mit einem stärkeren Aufflammen. Laut der Einschätzung des Institute of Sudy of War (ISW) hat Russland in diesen Tagen wieder mit einer Frühjahrsoffensive begonnen.

EU-Gipfel in Brüssel: Selenskyj fordert von der Nato Kampfjets für den Krieg in der Ukraine

Vor diesem Hintergrund drängt die Ukraine auf noch mehr Waffenhilfe. Beim EU-Gipfel in Brüssel forderte Wolodymyr Selenskyj explizit die Lieferung von Kampfjets ein. Die Ukraine brauche „wirklich Munition, moderne Panzer, Langstreckenraketen und Kampfflugzeuge“, sagte er und fügte hinzu: „Wir müssen schneller sein als der Angreifer.“

Mit der Forderung stößt er teilweise auf Gehör. So betonte EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, dass die Ukraine durchaus für die Werte Europas kämpfe. „Die Zukunft Ihrer Nation ist in der Europäischen Union“, sagte sie an Selenskyj gewandt, der persönlich in der belgischen Hauptstadt zugegen war. „Nun müssen die Staaten als nächsten Schritt erwägen, rasch weitreichende Systeme und Flugzeuge bereitzustellen.“ Diese würden benötigt, um die Freiheit zu schützen, die zu viele für selbstverständlich gehalten hätten.

Britische Kampfjets im Ukraine-Krieg? Sunak sagt Prüfung in Großbritannien zu

Einen Tag zuvor hatte auch Großbritanniens Premier Rishi Sunak der Ukraine seine Bereitschaft zur Lieferung von britischer Kampfjets signalisiert und sagte die Prüfung zu. Damit ging er auf Konfrontationskurs zu Deutschland. Dort bremst Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Ruf nach weiteren Waffenlieferungen auf. Man dürfe jetzt nicht wieder in einen Überbietungswettbewerb verfallen und müsse bei aller Hilfe aufpassen, dass der Konflikt nicht weiter eskaliert werde, mahnte er.

Unklar ist jedoch, wie lange sich Scholz mit dieser Haltung gegen die Kampfjet-Forderung sperren kann. In Großbritannien läuft bereits ein Ausbildungsprogramm für ukrainische Soldaten. Dies soll zwar nach Guardian-Informationen auf die Zukunft ausgerichtet sein. Aber für Militärexperten würde eine schnelle, kurzfristige Schulung auf westlichen Jets durchaus Sinn ergeben.

Zwar gilt der deutsche Leopard 2 als einer der besten Panzer der Welt – doch nach Einschätzung von Fachleuten ist er weniger alleine effektiv. Seine Stärke spiele er vor allem im Verbund mit Marder-Schützenpanzern und Luftunterstützung von Kampfjets aus, hieß es übereinstimmend, nachdem die Bundesregierung den Weg für die Lieferungen freigemacht hatte. In einigen Ländern wie Deutschland stellte man sich zuletzt deswegen auf den Standpunkt, dass das Erlernen der komplexen Abläufe zu langwierig sei und der Ukraine im Kampf gegen Russlands Angriffskrieg nichts bringe.

Lieferung von Kampfjets: Russland droht Deutschland und Großbritannien mit Eskalation im Ukraine-Krieg

In Russland verfolgt man die Debatte dennoch mit Argwohn. Eine mögliche Lieferung von Kampfjets an Kiew verstrickt den Westen nach Ansicht des Kremls tiefer in den Ukraine-Krieg. „Wir fassen das als wachsende Beteiligung Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs am Konflikt zwischen Russland und der Ukraine auf“, wetterte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag laut der Nachrichtenagentur Interfax. Dann fügte er hinzu:Allmählich verschwindet die Grenze zwischen einer indirekten und einer direkten Beteiligung.“ (jkf)

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