Nach Attacke auf Greta Thunberg - Dieter Nuhr zeigt sich verblüfft: „Hatte noch nie mehr ...“

Dieter Nuhr witzelte in seiner Sendung über Greta – und sorgte damit für wütende Kommentare. Nun äußerst er sich zu seiner Kritik an der Klimaaktivistin.
München - „Ich bin gespannt, was Greta macht, wenn es kalt wird. Heizen kann es ja wohl nicht sein“, witzelte Dieter Nuhr jüngst in „Nuhr im Ersten“ (ARD) – die Folge war ein Shitstorm bei Twitter. Der 58-Jährige sei ein typischer „alter weißer Mann“, der „nichts verstanden“ habe, hieß es da unter anderem, manche Zuschauer forderten gar die Einstellung der Satiresendung. Was er von den Maßnahmen von Fridays for Future zur Lösung der Klimakrise hält und wie er die Attacken auf seine Person sieht, erzählt Dieter Nuhr im Gespräch mit unserer Redaktion.
Nach Ihren Witzen über Greta Thunberg empören sich jetzt viele: Kabarett arbeitet sich an den Mächtigen ab, Dieter Nuhr dagegen geht auf ein halbes Kind los.
Dieter Nuhr: Das ist ein witziges Argument, das immer wieder gebracht wird, um alle zu diskreditieren, die nicht in die allgemeine Huldigung mit einstimmen. Ein Kind, ja. Ich würde sie deshalb auch nie persönlich angreifen, sondern nur ihre selbst gewählte Funktion als Weltenretterin infrage stellen. Dieses vermeintliche Kind ist momentan die wahrscheinlich mächtigste Frau der Welt, kontrolliert weite Teile der Massenmedien und spricht auf höchster Ebene mit den Staatschefs der Welt. Der Vorwurf des Angriffs gegen ein Kind dient einzig und allein dazu, Kritik zu unterbinden.
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Die Fridays-for-Future-Bewegung ist überzeugt davon, dass nur sofortiges weltweites Gegensteuern die Klimakatastrophe noch abwenden kann. Muss man nicht Verständnis dafür haben, dass die Jugendlichen über Scherze zu ihren Lasten nicht lachen können?
Anders als Dieter Nuhr gibt Greta Thunberg nur selten Interviews. Eine schwedische Reporterin hat sich an die Klimaaktivistin geheftet, und Erstaunliches erfahren. Thunberg sprach über ihre frühere Depression und Angela Merkel.
„Humor hat selten Platz, wo Fanatismus aufkommt“
Dieter Nuhr: Ich kann nicht mehr tun, als in jeder Sendung betonen, dass ich die Proteste an sich begrüße, weil sie die Problemlösung vorantreiben, dass ich aber die Lösungsvorschläge der Bewegung für naiv und gefährlich halte. Wer das nicht aushält, hält es halt nicht aus. Humor hat selten Platz, wo Fanatismus aufkommt. Ein Drittel unserer Emissionen entstehen durch Wohnen, sprich Warmwasser und Heizung. Wenn ich den Witz mache, dass ich meine Tochter unterstütze und deshalb ihr Zimmer nicht heize, dann offenbart das den zentralen Konflikt, nämlich dass die meisten Kinder und Jugendlichen gar nicht abschätzen können, was eine Erfüllung ihrer Forderungen für sie ganz persönlich bedeuten würde. Das ist nicht den Kindern anzulasten, sondern denen, die sie einseitig informieren. Aber wenn man Witze erklären muss, ist es ja eh schon zu spät.
Sie sehen die Lösung des Problems in neuen Technologien. Klingt ein bisschen wie: „Irgendwann wird uns schon etwas einfallen!“ Was wäre aus Ihrer Sicht die Lösung?
Dieter Nuhr: Ich sehe die Lösung nicht nur, aber auch in neuen Technologien. Wie groß das Problem ist, kann niemand beurteilen. Ich bin schon so oft von Wissenschaftlern über das baldige Ende der Welt informiert worden, dass ich in der Tat nicht mehr zur Panik neige. Das fing mit dem Waldsterben und dem Ozonloch an, ging weiter mit dem Rinderwahnsinn und endete beim Stickoxid. Jedes Mal gab es wissenschaftliche Fakten. Und trotzdem wurden die Menschen immer älter als je zuvor. Ein Jahr lang sind wir am Diesel fast gestorben, es gab kein anderes Thema, heute spricht kaum noch jemand davon. Bis heute wird Lungenkranken auch an Hauptverkehrsstraßen empfohlen, häufig zu lüften, weil die Luft draußen besser ist als drinnen. Unsere Städte sind heute gegenüber früher Luftkurorte. Natürlich ist die Wissenschaft die einzige Basis, die wir haben, um unsere Zukunft planen zu können. Die Wissenschaft sagt aber auch eindeutig, dass es überhaupt keinen Sinn hat, über Maßnahmen nachzudenken, die nicht die Hauptverursacher mit ins Boot holen, also China, Indien, die USA und ein paar andere Länder.
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Ermuntern Sie damit nicht die, die sagen: „Wir können eh nichts (mehr) ändern, also machen wir weiter wie bisher?“
Dieter Nuhr: Die Realitäten wahrzunehmen kann erst mal nicht falsch sein. Wenn man 54 Milliarden in ein völlig sinnloses Klimapaket steckt, dann wird man als Wähler darüber nachdenken dürfen, ob das Geld woanders besser angelegt gewesen wäre. Wenn wir diese 54 Milliarden in die Forschung gesteckt hätten, wäre das mit Sicherheit effektiver gewesen. Das wissen auch die Politiker, denke ich, aber Demokratie geht eben nicht ohne eine Prise Populismus. Ohne CO2 aus der Luft zu ziehen wird es nicht gehen. Es ist inzwischen ärgerlich, dass bei uns Linke und Grüne jede Kritik an ihren Forderungen mit der Behauptung abfedern, man spiele damit den Rechten in die Hände. Damit kann man jedes Argument moralisch diskreditieren. Es wird nicht mehr inhaltlich geredet, sondern ideologisch diskriminiert. Ich erhalte extrem viel Zustimmung von Menschen, die sich politisch in der Mitte einordnen. Die breite Mitte der Bevölkerung fühlt sich in der öffentlichen Diskussion, auch in weiten Teilen der Presse, nicht mehr repräsentiert.
Es fällt auf, dass sich auch die Kabarettszene in dieser Frage polarisiert. Nicht zum ersten Mal wurden Sie in der „Anstalt“ namentlich genannt, in der jüngsten Ausgabe wurde Ihnen sogar die Faktensammlung zur Sendung per Einblendung ans Herz gelegt. Was löst das in Ihnen aus, wenn sich Kollegen so äußern?
Dieter Nuhr: Das ist ja deren Problem. Mir ist das wurscht. Ich finde das ein bisschen billig, aber egal. Stil ist ja auch Geschmackssache. Der Begriff des „Faktenchecks“ soll suggerieren, man selbst hätte die Wahrheit gepachtet, die anderen lügen oder sind unwissend. Die beiden (Claus von Wagner und Max Uthoff, Red.) haben sich viertelstundenlang an meinen Fakten zum Stickoxid abgearbeitet, um dann den Leuten zu erklären, sie würden an einem Adventskranz im Zimmer nicht ersticken. Das hatte ich aber auch gar nicht behauptet. Ein bisschen beleidigend empfinde ich höchstens das Niveau, auf dem ich da angegriffen werde.
In den Twitter-Posts hieß es bemerkenswert oft: „Früher fand ich ihn mal gut!“ Hat sich Ihre Sicht auf die Welt mit den Jahren geändert?
Dieter Nuhr: Bitte! Sie wollen doch jetzt nicht ernsthaft sagen, dass so ein Shitstorm die öffentliche Meinung spiegelt. Das sind Wellen, die sich in Meinungsblasen im Netz aufschaukeln. Medien nehmen dann die Anzahl der Tweets als Grund zu berichten. So entscheiden heute Wutbürger über das, was in der Zeitung steht. Das finde ich erschreckend.
Wie gesagt, die Formulierung: „Früher war er mal gut“ habe ich mehr als einmal über Sie gelesen...
Dieter Nuhr: Wahrheit ist, dass ich noch nie mehr positive Rückmeldungen und mehr Publikum als heute hatte, und das freut mich sehr. Insofern weiß ich, dass der Shitstorm nicht die Meinung meines Publikums spiegelt. Das wäre auch komisch, denn wenn ich in meine Programme aus den Neunzigern schaue, dann bin ich erstaunt, wie ähnlich ich damals schon gedacht habe.
Sie haben Ihre Tochter erwähnt – provoziert Ihre Haltung zu Fridays for Future nicht zwangsläufig innerfamiliäre Konflikte? Und wenn ja, wie lösen Sie die?
„Der Andersdenkende gilt heute als moralisch minderwertig“
Dieter Nuhr: Wir sprechen und versuchen einander zu verstehen. Das gelingt, weil wir uns zuhören. Diese Mühe machen sich heute die meisten Menschen nicht mehr. Der Andersdenkende gilt heute als moralisch minderwertig und wird niedergekämpft. Das macht mir genauso große Sorgen wie der Klimawandel. Das Denken wird totalitär. Gott sei Dank nicht bei uns zu Hause.
Das Gespräch führte Rudolf Ogiermann.
Wie problematisch Satire in Deutschland ist, zeigt auch der Fall des Komikers Uwe Steimle.
Video: Comedian Dieter Nuhr greift Greta Thunberg an
Die nächste Ausgabe von „Nuhr im Ersten“ zeigt die ARD am Donnerstag (10. Oktober) um 22.45 Uhr. Gäste sind Lisa Eckhart, Torsten Sträter und Wolfgang Trepper.
Nach dem Eklat um seine Greta-Kritik warnt Dieter Nuhr nun mit drastischen Worten - und ringt um Klarstellung.
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