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Grüner Häuschen-Streit droht zu eskalieren: CDU-Landeschef nun sogar gegen Koalition - „Hofieren teils Antifa“

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Von: Florian Naumann

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Die Ministerpräsidenten Markus Söder (li.) und Winfried Kretschmann bei einer Pressekonferenz.
Für Markus Söder könnte Schwarz-Grün eine Machtoption sein - doch ein Streit um Einfamilienhäuser schlägt hohe Wellen. © M. Popow via www.imago-images.de

Stecken die Grünen in der nächsten Verbots-Debatte? CDU, CSU und FDP sehen in der Einfamilienhaus-Debatte eine offene Flanke. Wackelt nun sogar eine Machtoption?

Update vom 15. Februar, 14.05 Uhr: Im Kern war es eine lange absehbare Entscheidung eines Hamburger Stadtbezirks - doch der Einfamilienhaus-Streit um die Grünen schlägt weiter hohe Wellen: Das Verbot für Ein-Parteien-Häuser in Hamburg-Nord droht zur Grundsatzdebatte zu werden. Sie könnte das Thema plötzlich auch bundespolitisch virulent werden lassen.

Am Wochenende hatte unter anderem CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt heftig gegen die Idee gewettert. Ein weiterer Unions-Politiker zog wenig später weitreichende Schlüsse: Hamburgs CDU-Landeschef Christoph Ploß ist auch angesichts des Häuschen-Streits gegen eine Koalition der Union mit den Grünen nach der Bundestagswahl. „Die Grünen wollen die Freiheit von immer mehr Bürgern einschränken“, sagte er der Bild.

So würden „zahlreiche Grüne die Antifa hofieren und Linksextremismus verharmlosen“. Und: „Verbote, Gängelung und staatliche Bevormundung“ zeichneten die grüne Wirtschafts- und Klimaschutzpolitik aus. Als Beispiel nannte er Fahrverbote in Deutschlands Großstädten oder die Forderung von Grünen-Politikern, Flugreisen von Deutschen einzuschränken. Nicht zuletzt wollten „immer mehr Grünen-Politiker den Neubau von Einfamilienhäusern in bestimmten Gebieten unterbinden“.

Unterdessen hat auch Linke-Chef Bernd Riexinger ein Umdenken beim Bau von Einfamilienhäusern gefordert. „Man muss den Flächenverbrauch reduzieren, aus sozialen Gründen und aus Gründen des Klimaschutzes“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Deshalb können wir mit den Einfamilienhäusern nicht so weitermachen wie bisher. Wir sollten stattdessen in den Städten verdichten und Grundstücke so bebauen, dass mehr Wohnungen rauskommen - vor allem mehr bezahlbare Wohnungen.“

Einfamilienhäuser: Dobrindt poltert im Häuschen-Streit - Grüne kontern

Alexander Dobrindt und Anton Hofreiter in einer Fotomontage
Alexander Dobrindt und Anton Hofreiter (re.; Fotomontage). © phototek/Christian Spicker/Imago/fn

Erstmeldung vom 14. Februar: Berlin/München - Corona und sonst nichts? Nicht ganz: Das politische Deutschland kann sich auch noch über andere Themen erregen: Seit mittlerweile fast zwei Wochen erhitzen die Grünen und ihre besondere Haltung zu einem Symbol bundesrepublikanischer Bürgerlichkeit die Gemüter. Am Wochenende sah sich die Bundestagsfraktion der Partei gar zu einer Klarstellung genötigt.

Grüne in neuer Verbotsdebatte? Einfamilienhaus-Streit will nicht abebben

Stein des Anstoßes: Im Hamburger Stadtbezirk Nord hatte ein Grünen-Politiker in Einklang mit dem rot-grünen Koalitionsvertrag den Neubau von Einfamilienhäusern untersagt. Schnell wurden „Verbieterich“-Vorwürfe laut. Auf Anfrage von Merkur.de erklärte die Grüne-Bundespartei sinngemäß: Je nach konkreter Lage seien solche Mittel durchaus auch anderenorts denkbar. In Regionen mit geringerem Siedlungsdruck bleibe aber auch für die Grünen das Einfamilienhaus eine legitime Neubau-Form.

Dann legte Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter nach. „Einparteienhäuser verbrauchen viel Fläche, viele Baustoffe, viel Energie, sie sorgen für Zersiedelung und damit auch für noch mehr Verkehr“, sagte er dem Spiegel. In Städten gebe es zudem „gigantische Wohnungsnot“, in anderen Regionen dagegen rausche der Wert von Häusern „in den Keller“.

Hofreiter war in dem Interview nach dem Beschluss eines Hamburger Bezirksamts gefragt worden. Er begründete diese Entscheidung mit der „dramatischen Wohnungsnot“ in der Gegend. Der Bezirk habe entschieden, Wohnraum für viele statt für wenige zu schaffen. Zugleich stellte Hofreiter klar: „Natürlich wollen die Grünen nicht die eigenen vier Wände verbieten.“ 

CSU gegen Grüne: „Ideologischer Kampf von links-grün gegen das Eigentum“

Von Union und FDP gab es dennoch einmal mehr heftigen Gegenwind. „Die Grünen haben offenbar das Einfamilienhaus als neues Feindbild entdeckt. Dahinter steckt der ideologische Kampf von links-grün gegen das Eigentum“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Bild: „Statt Eigentum zu fördern und zu schützen, setzen die Grünen auf bevormunden, enteignen und verbieten“ - vom teils recht Grünen-freundlichen Kurs von Dobrindts Parteichef Markus Söder an dieser Stelle keine Spur.

„Anton Hofreiter zeigt wieder einmal exemplarisch für die Grünen deren gestörtes Verhältnis zum Eigentum und der Lebensrealität im ländlichen Raum“, hatte schon tags zuvor der thüringische CDU-Landesvorsitzende Christian Hirte dem Blatt erklärt. „Die Grünen wollen den Menschen den Traum vom Eigenheim madig machen“, kritisierte der bau- und wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst. Er verwies auch auf Wünsche des sozialen Aufstiegs: Mehr Wohneigentum mindere die Ungleichheit in der Gesellschaft. „Grüne Besitzstandswahrer, die längst ihre Schäfchen im Trockenen und ein Eigenheim haben, haben da leicht reden.“

Einfamilienhaus-Zoff: Grünen kontern CSU-Attacke - „vermutlich das Interview nicht wirklich gelesen“

Am Sonntag reagierte die Grünen-Fraktion. „Die Behauptungen sind falsch“, sagte ein Fraktionssprecher am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. „Die eigenen vier Wände sind für viele Menschen wichtig - dazu gehört auch das Einfamilienhaus. Das wird es auch in Zukunft geben - so wie Reihenhäuser, Mehrfamilienhäuser, Mietshäuser.“ Was aber wo gebaut werde, entschieden die Kommunen vor Ort. Dabei werde etwa auch berücksichtigt, wie viel Fläche da sei und wie viel Leerstand es gebe. 

Hofreiter sei nach einem Interview mit dem Spiegel überspitzt wiedergegeben worden, schrieb der Sprecher zudem auf Twitter. „Da läuft die Aufregungsspirale schon: Politische Mitbewerber:innen reagieren, vermutlich ohne dass sie das Interview wirklich gelesen haben.“ Das Nachrichtenmagazin hatte einen Tweet zu dem Thema selbst mit der Begründung gelöscht, der Einstieg zu dem Text sei „irreführend“ gewesen.

Merkur.de hatten die Bundes-Grünen schon vor einigen Tagen erklärt, die Situation in den Kommunen sei „sehr unterschiedlich“. Ziel sei „gutes und bezahlbares Wohnen für die Breite der Gesellschaft“ - in „Stadt und Land“. Offen scheint, was bei den Wählern von der Debatte hängenbleibt. Im Superwahljahr waren die Grünen zuletzt vielerorts im Umfragehoch. (fn/dpa/AFP)

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