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Grünen-Chefs vor Rücktritt? Habeck erklärt das Vorgehen - Partei blüht Personaldebatte

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Von: Florian Naumann

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Nicht unerwartet - aber dennoch ein Paukenschlag: An der Grünen-Spitze könnte sich ein Wechsel anbahnen. Habeck und Baerbock stehen vor einem Ampel-Rücktritt.

Berlin - Den Grünen könnte bald ein Wechsel an der Parteispitze bevorstehen: Sollte die Ampel-Koalition zu Stande kommen, könnten die Parteichefs Robert Habeck und Annalena Baerbock ihre Stühle räumen - darauf hat Habeck die Grünen am Dienstag pünktlich zur konstituierenden Sitzung des Bundestages vorbereitet.

Hintergrund ist die zu erwartende Ernennung der beiden Grünen-Vorsitzenden zu Ministern in einer neuen Regierung Scholz. Zwar beraten die Ampel-Parteien bislang noch nicht über Posten, wie Habeck am Sonntag beim ARD-Talk „Anne Will“ versicherte. Allerdings gelten die beiden, er und Baerbock, als Top-Anwärter auf wichtige Ämter - etwa auf das Außen-, Finanz- oder ein neues Klimaministerium. Für diesen Fall baute Habeck nun vor: „So viel kann man sagen, als Minister oder als Ministerin Parteivorsitzende zu sein, ist mit unserer Parteikultur nicht vereinbar“, sagte er am Dienstag dem Sender Phoenix.

Grüne: Habeck und Baerbock werden wohl auf „Parteikultur“ reagieren - Trennung von Amt und Mandat greift

Die Ankündigung könnte irritierend wirken. Etwa mit Blick auf die CDU, die bis heute damit hadert, dass in den vergangenen rund drei Jahren - seit Angela Merkels Rückzug von der CDU-Spitze - Kanzler- und Vorsitzendenamt nicht mehr in einer Hand lagen. Bei den Grünen herrscht allerdings seit den frühen Tagen der einstigen „Anti-Parteien-Partei“ eine ganz andere Tradition vor. Es gilt die „Trennung von Amt und Mandat“.

Das hieß ursprünglich: Eine Person darf nicht zugleich ein öffentliches Mandat und ein Parteiamt innehaben. Die Grünen vertraten nach ihrer Gründung sogar noch radikalere Positionen. So sollten Abgeordnete maximal eine halbe Legislatur im Parlament sitzen, ehe ein/e andere/r den Sitz übernahm. Damit stieß die Partei an die Grenzen des rechtlich Möglichen - und mehr noch an die Kooperationsbereitschaft ihrer bekanntesten Vertreter im Bundestag. 1991 wurde das sogenannte Rotationsprinzip abgeschafft. Doch auch die Trennung von Amt und Mandat wurde mittlerweile mehrfach gelockert.

Ampel-Minister? Habeck will dann wohl Grünen-Vorsitz abgeben

Aktuell schreibt die Parteisatzung vor, dass Mitglieder des Bundesvorstands der Partei nicht zugleich Regierungsmitglieder sein dürfen. Spätestens nach einer Zeit von acht Monaten müssen sie eines der Ämter niederlegen. Diese Übergangs-Klausel hatte Habeck 2018 selbst zur Voraussetzung für seine Kandidatur zum Parteivorsitzenden gemacht - er amtierte damals noch als Umweltminister in Schleswig-Holstein. Der Passus hat in jedem Fall zur Folge, dass Habeck und Baerbock binnen eines knappen Dreivierteljahres den Parteivorsitz abgeben müssten, sollten sie Ministerin oder Minister in der neuen Bundesregierung werden.

Habeck führte aber auch andere Gründe für den möglichen Rückzug von der Parteispitze ins Feld: Das Amt des Vorsitzenden in einer Partei wie den Grünen sei „ein Knochenjob“ und keinesfalls ein „repräsentatives Amt“, sagte er weiter. Darum sei „Minister sein und Parteivorsitz ausgeschlossen“.

Grüne: Baerbock und Habeck könnten bald zurücktreten - Wer übernimmt?

Auch mit dieser Einschätzung unterscheidet er sich massiv von der Union oder auch der FDP: Armin Laschet wäre im Falle eines Wahlsieges wohl nicht nur Kanzler geworden, sondern auch CDU-Chef geblieben - und dass Christian Lindner als frischgebackener Ampel-Minister den FDP-Vorsitz abgibt scheint ausgeschlossen. Olaf Scholz hingegen wird sich zunächst wohl auf die Kanzlerschaft konzentrieren. Gezwungenermaßen: Er war im Rennen um den SPD-Vorsitz am Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gescheitert.

Unabsehbar war die Wendung an der Spitze der Grünen nicht. Dennoch dürfte der Partei nun eine Personaldebatte ins Haus stehen. Denn unklar ist bislang, wer den beiden Parteichefs nachfolgen könnte. Während der ersten Regierungsphase der Grünen hatte es regen Wechsel in den beiden Vorsitzposten gegeben. Vor dem rot-grünen Start war der damals kommende Umweltminister Jürgen Trittin zurückgetreten - ebenso wie 2001 Renate Künast vor ihrer Berufung zur Landwirtschaftsministerin. Während der Regierung Schröder amtierten unter anderem Gunda Röstel, Antje Radcke oder Fritz Kuhn als Grünen-Chefs. Als „heimlicher Vorsitzender“ galt so oder so Joschka Fischer. (fn/AFP)

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