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„Von anderem Stern“: SPD-Verhandler lästern über Grüne

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Von: Florian Naumann

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Annalena Baerbock und Robert Habeck beim kleinen Grünen-Parteitag
Annalena Baerbock und Robert Habeck beim kleinen Grünen-Länderrat - aus der SPD sind offenbar Lästereien über die Öko-Partei zu vernehmen. © Mike Schmidt/www.imago-images.de

Die Ampel-Gespräche bleiben unter Verschluss - fast. In der SPD wird offenbar über „mangelnde Sachkenntnis“ und internen Zoff bei den Grünen gelästert.

Berlin/München - Mehr oder minder Beunruhigendes war zuletzt von Ampel-Verhandlungen zu vernehmen: Die Grünen sollen zwischenzeitlich die Klima-Gespräche verlassen haben. Wie prekär die Lage wirklich ist, lässt sich gleichwohl nur schwer einschätzen. Denn eines immerhin gelang SPD, Grünen und FDP über die ganze, mittlerweile abgeschlossene, Phase der Arbeitsgruppenverhandlungen hinweg: Über die Gespräche wird so gut wie gar nicht öffentlich getratscht.

Hier und da sickert aber doch etwas durch - auch, wenn kein Beteiligter mit seinem Namen für die durchgestochenen Informationen stehen will. So haben mehrere Verhandler der Welt am Sonntag (WamS) anonym ihre Eindrücke der Verhandlungen gesteckt. Zu hören sind neben einigem Optimismus nüchterne Einschätzungen zum Charakter des neuen Ampel-Bündnisses - und, bemerkenswerterweise, auch ein paar Lästereien. Öffentlich äußerte sich am Wochenende unterdessen auch der bayerische FDP-Verhandler Martin Hagen.

Grüne kassieren Ampel-Spott: „Fehlende Sachkenntnis“ - SPD stichelt auch gegen FDP

Informanten aus der SPD-Delegation warfen den Grünen etwa „Träumerei“ und „fehlende Sachkenntnis“ vor. Auch seien sich die Mitstreiter der wohl scheidenden Parteichefs Robert Habeck und Annalena Habeck immer wieder auch intern uneinig. „Man merkt dort die lange Zeit in der Opposition“, zitiert die WamS eine SPD-Quelle.

Den Liberalen attestierte man in Reihen der Scholz-Verhandler einen „Jamaika-Schock“. Zu spüren sei die Angst, wie 2017 bei Jamaika übergangen zu werden. Wahr ist in jedem Falle: Die FDP warnte schon vor Gesprächsstart im Gespräch mit Merkur.de eindringlich vor Unwuchten in den Gesprächen - unter Verweis auf die Jamaika-Erfahungen.

Bei den Liberalen gab es dem Bericht zufolge aber auch den ein oder anderen Kulturschock. Ein Unterhändler schilderte seinen Eindruck, bisweilen mit Politikern „von einem anderen Stern“ am Tisch gesessen zu sein, auch von „völlig unterschiedlichen Gedankenwelten“ war offenbar die Rede. Andere FDP-Beteiligte hätten sich aber auch lobend über SPD- und Grünen-Kollegen geäußert. Entscheiden sei, was am Ende an eigenen Zielen übrig bleibe, sagte ein Liberaler mit Blick auf die laufenden finalen Verhandlungen der Parteispitzen. Bis dahin könnte es aber noch ein Stück Wegstrecke sein: Mit den ungelösten Meinungsverschiedenheiten der Runden sollten sich nun „bitteschön“ die Chefs herumschlagen.

Ampel-Verhandlungen: „Deutschland wird sich nicht radikal verändern“ - doch FDP-Mann Hagen setzt auf „Aufbruch“

Und wie könnte nun ein finales Koalitionspapier aussehen? „Deutschland wird sich mit dieser Koalition nicht radikal verändern“, hörte das Blatt aus SPD-Verhandlungskreisen. Dort hielt man aber Grundlagen für ein Bündnis, das drängende Zukunftsfragen angehen werde, für möglich.

Offen optimistisch äußerte sich unterdessen der neue bayerische FDP-Chef Martin Hagen. Es gebe zwar inhaltliche Differenzen, sagte er der Abendzeitung: „Man merkt bei allen drei Partnern aber auch den Willen, etwas Gemeinsames entstehen zu lassen und Deutschland zu modernisieren.“ Er sei „zuversichtlich, dass es der Ampel gelingt, unserem Land zu einem Aufbruch zu verhelfen“.

Martin Hagen
Martin Hagen ist neuer FDP-Chef in Bayern. © Nicolas Armer/dpa

Hagen berichtete auch über die Gespräche der Gruppe „Gleichstellung und Vielfalt“: Allen Verhandlern gemein gewesen sei der Wille „eine modernere Gesellschaftspolitik schaffen, die der Vielfalt in unserer Gesellschaft Rechnung trägt“. Auch konkrete Projekte nannte der Liberale - wenn auch unter Verweis auf seine persönliche Einschätzung. Etwa eine Reform für den Paragrafen 219a oder „klare Regeln für Migration und andererseits mehr Anerkennung für das, was Zugewanderte in unserer Gesellschaft leisten“ im „Einwanderungsland Deutschland“.

Ampel-Kompromisse: Linker plaudert über heikles Grünen-Zitat - droht „Politikverdrossenheit“?

Druck macht unterdessen die mutmaßliche künftige Opposition - nicht nur die Union, die auf wesentlich härtere Regelungen in Sachen Corona drängt. Mit Blick auf teils schmerzliche Kompromisse nahm der Linke-Abgeordnete Victor Perli die Parteien in die Pflicht. „Ein bekannter Grünen-Abgeordneter sagte mir neulich, es würde Politikverdrossenheit fördern, wenn man SPD & Grüne an ihre Wahlversprechen erinnert“, plauderte Perli am Sonntag in einem Tweet: „Ich finde, es fördert Politikverdrossenheit, wenn Parteien nach Wahlen nicht mehr an Versprechen erinnert werden wollen!“

Erste Ergebnisse der Ampel-Gespräche waren in den vergangenen Tagen bereits an die Öffentlichkeit gedrungen. (fn)

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