1. Startseite
  2. Politik

Eskalations-Taktik? Erster Grüner sprengt Ampel-Harmonie - „Dann drohen Neuwahlen“

Erstellt:

Von: Kathrin Reikowski

Kommentare

Annalena Baerbock und Robert Habeck in der konstituierenden Sitzung des 20. Deutschen Bundestages im Reichstagsgebäude.
Annalena Baerbock (Grüne) und Robert Habeck (Grüne) im neuen Bundestag: Einige Grünen-Politiker stören den Harmonieanschein der Koalitionsverhandlungen. © Frederic Kern/imago-images

Die Koalitionsverhandlungen sollen bis Mittwoch einen entscheidenden Schritt weiterkommen. Doch ein Verkehrspolitiker schießt dazwischen: „Mir fehlt die Fantasie“.

Stuttgart/Berlin - Wie weit liegen die Ampel-Parteien bei den Koalitionsverhandlungen wirklich auseinander? Wo finden SPD, Grüne und FDP bereits gut zusammen? Zumindest aus den Reihen der Grünen ist immer mehr Unmut zu hören - und das nur wenige Tage vor dem anvisierten Meilenstein: Am Mittwoch sollen alle 22 Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse aus den Verhandlungen vorlegen. Bisher hatten SPD, Grüne und FDP nach außen ein harmonisches Bild gezeichnet. Doch bei den Grünen rumort es nun.

„Was ich höre, klingt nicht so gut“, sagte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) der Süddeutschen Zeitung (SZ). Er warnte vor falschen Kompromissen. Noch ziemlich weit auseinander lägen die Parteien bei Fragen zum Verkehr, aber auch bei anderen Themen wie dem Klimaschutz. Ähnlich hatte sich auch die Parteivorsitzende Annalena Baerbock (Grüne) geäußert. Sie hatte neben dem Klimaschutz auch die Themen Modernisierung der Verwaltung und Schulpolitik angesprochen.

Ampel: „Neuwahlen“? Grünen-Verkehrsexperte unzufrieden mit Koalitionsverhandlungen

Zu viele ungeklärte Punkte gebe es etwa beim Thema Verkehr, sagte Hermann der SZ. Er warf auch ein Wort in den Raum, das bei einigen Verhandlern Schrecken auslösen könnte: „Ich glaube, dass sich alle Seiten noch mal klarmachen müssen: Wenn wir in den nächsten Tagen beim Klimaschutz nicht zusammenkommen, drohen Neuwahlen“, warnte Hermann. „Das kann keiner wollen“, fügte er allerdings hinzu.

Der Verkehrspolitiker sieht das Thema Infrastruktur und Verkehr als entscheidend für die nächsten Jahre an. „Die vorherrschende Politik hat den Verkehrssektor 30 Jahre lang geschont. Damit muss nun endgültig Schluss sein.“ Wie sich die nicht geeinten Punkte aus den Papieren der Arbeitsgruppen bis Mittwoch „beseitigen ließen“, dazu fehle ihm „die Fantasie“, so Hermann.

Ampel-Streit: Grünen-Politiker Hermann warnt vor falschen Kompromissen

„Eine neue Bundesregierung, die sich im Koalitionsvertrag nur „auf schöne Überschriften ohne konkrete Umsetzungsmaßnahmen verständigt, wird eine Transformation dieser Größe nicht meistern“, sagte Hermann weiter. Sein Vorschlag: „Wir sollten lieber gut und notfalls auch ein paar Tage länger verhandeln, als uns auf falsche Kompromisse oder schwache Formulierungen im Koalitionsvertrag einzulassen.“

Aus Sicht des Grünen-Politikers liegen die strittigen Punkte auch beim Thema Geld. Für einen guten öffentlichen Nahverkehr bräuchten die Länder etwa 1,5 Milliarden Euro mehr pro Jahr - Finanzpolitiker sollten hier im Sinne des Klimaschutzes mitgehen, so Hermann. Dann fügt er noch einen Seitenhieb auf den Verhandlungspartner FDP an: „Die künftige Regierung könnte Mehrausgaben leicht mit der Abschaffung klimaschädlicher und teilweise sozial ungerechter Subventionen wie Dienstwagenprivileg oder Vorteile für Besserverdienende bei der Pendlerpauschale gegenfinanzieren. Doch hier blockt die FDP ab. Ich frage mich, warum sie den Subventionsabbau ablehnt, wo sie doch auf den Markt setzt. Die Streichungen wären ökologisch wirksam und sozial gerecht.“

Grüne und die Ampel: Göring-Eckardt hält Verspätung für möglich - SPD-Chef beschwichtigt

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt schloss am Montag zumindest nicht aus, dass die Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP länger dauern könnten als geplant. Man strenge sich sehr an, versicherte Göring-Eckardt am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. „Aber das Ergebnis zählt und nicht das Datum.“ Man versuche alles, dass es gelinge. Aber nicht nur bei der Weltklimakonferenz in Glasgow, auch bei den Koalitionsverhandlungen in Deutschland müsse das Resultat stimmen. 

Beschwichtigend reagierte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans. Er stellte in Berlin die Pläne für die neue SPD-Parteispitze vor - sah aber auch die Ampel-Verhandler auf einem guten Weg. „Das ist eine Stimme und es gibt im Augenblicke viele, glaube ich, die aus etwas größerer Entfernung etwas härter kommentieren“, sagte Walter-Borjans mit Blick auf Herrmanns Aussagen. Das Thema Neuwahlen stehe nicht im Raum: Er könne sagen, dass „diejenigen, mit denen wir verhandeln, diesen Gedanken in keinem Moment geäußert haben“.

Konkret wird es in einem anderen Bereich: SPD, Grüne und FDP wollen heute ihre weiteren Pläne zur Pandemiebekämpfung im Bundestag vorstellen. (kat)

Auch interessant

Kommentare