Grünen-Wahlvideo geht nach hinten los - Selbst eigene Wähler entgeistert: „Wer hat sich das bloß ausgedacht?“

Kurze Videoclips der Parteien sind im Wahlkampf in Mode. Die Grünen veröffentlichten nun einen neuen Spot. Denn die Briefwahl macht die Wahlkampfzeit intensiver.
Berlin - Frühentscheider haben jetzt schon die Wahl: Das Wählen per Brief für die Bundestagswahl ist bereits möglich. So manch einer wird seine Stimme sogar schon abgegeben haben. Die verbleibenden knapp fünf Wochen geht der Wahlkampf aber munter weiten. Und in dieser Zeit kann bekanntlich viel passieren.
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Auch aufgrund der Corona-Pandemie wird ein hoher Briefwähleranteil erwartet. Die Parteien und Wahlkämpfer müssen daher schon jetzt richtig Gas geben - jeden Tag könnten weitere Stimmen fix sein. Die Grünen weisen beispielsweise jetzt explizit mit einem neuen Wahlkampf-Clip darauf hin. Zu sehen: zahlreiche Menschen, die offenbar „wie du und ich“ wirken sollen. Zu hören: Musik und Wahlkampf-Sprüche.
Grüne mit neuem Wahlwerbe-Spot: „Kämpfen fürs Klima und Kurzstreckenflieger“
„Es regt sich Aufbruch weit und breit“ oder „Bleiben nicht stehen“ singen die Menschen darin. Wie bei den Grünen erwartet, wird auch schnell das Klima Thema: „Müssen unsr‘e Erde wahr‘n“, singen Mann und Frau auf einer Bank, während demonstrierende Kinder und Jugendliche einstimmen: „Fürs Leben wird es hier zu warm“. Dann wird es kurz verwirrend: „Kämpfen fürs Klima, Kurzstreckenflieger und meine Farm.“ Kurzstreckenflüge wollten die Grünen doch eigentlich aus der Welt schaffen, oder etwa nicht? Das eingeblendete Bild gibt die Auflösung: Gezeigt werden Bienen an Blüten. Diese Kurzstreckenflieger also!
Auch der Wahlkampf-Punkt einer guten Verkehrsanbindung findet Erwähnung, die Digitalisierung und die Forderung der Grünen nach Investitionen. Die Diversität der Gesellschaft soll mit dem Kurz-Video mutmaßlich deutlich werden, gleichzeitig mit der direkten Ansprache an den potenziellen Wähler: „Es gibt so viel, das uns vereint. Denn ja auch du bist hier gemeint.“ Und dann der Auftritt der Parteichefs zum Ende des einminütigen Clips: „Jetzt alles geben“, sagt Robert Habeck, „den Aufbruch leben“, reimt Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hinterher.
Video: Annalena Baerbock: Die Grünen-Kanzlerkandidatin im Porträt
Wahlkampf zur Bundestagswahl: Erste Reaktionen auf den neuen Clip der Grünen
Nur wenige Stunden nach Veröffentlichung des Videos äußern Twitter-Nutzer nicht nur Begeisterung über den Spot. „Ich wähle euch trotzdem, aber wer hat sich das bloß ausgedacht?“ Oder: „Wie kann man dieses vor Fremdscham triefende Video sehen und sich danach denken ‚oh ja, die wähl ich‘“, schreibt jemand, der sein Profil mit den Worten „Freiheit, Liberal, Wirtschaftsinformatik“ beschreibt. Auch ein anderer Nutzer, der die FPD und die Jungen Liberalen im Profil nennt, kommentiert: „Selten sowas Gruseliges gesehen.“ Im Wahlkampf schenken sich die Parteien eben erwartungsgemäß nichts - auch wenn FDP und Grüne am Ende womöglich in einer Koalition miteinander regieren müssen.
Satiriker Jan Böhmermann twitterte: „Vielleicht WOLLEN die Grünen gar nicht gewählt werden?!“ Darauf eine Antwort von einem User: „Eher: Wählt uns und wir hören auf zu singen.“ Aber manche denken auch anders darüber: „Dachte kurz, Die Grünen hätten wirklich mal was angerichtet... Hab mir das Video angeschaut, ich versteh aber nicht warum man da jetzt so viel gegen zu sagen hat... vielleicht seht ihr aber auch etwas, was ich nicht sehe“, schreibt beispielsweise jemand.
Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, erklärte: „Wir wollen einen Aufbruch für dieses Land und wir wollen aus den ausgetretenen Pfaden der politischen Kommunikation austreten, das zeigt auch unser Clip. Wir wollen Dinge anders machen.“ Der Spot richte sich an die Breite der Gesellschaft.
Briefwahl zur Bundestagswahl: Ist diese Form der Wahl sicher?
Während sich manche Nutzer aber auch für den Service mit Infos rund um die Briefwahl bei den Grünen bedanken, tauchen vereinzelt bei den Kommentaren Bedenken zur Sicherheit der Briefwahl auf. Nach den unbelegten Behauptungen durch Donald Trump nach der Präsidentschaftswahl in den USA ist die unbegründete Angst auf andere Staaten übergeschwappt. Dass die Mär vom Wahlbetrug im großen Stil aber haltlos ist, hat Anfang des Jahres Daniel Hellmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Parlamentarismusforschung, im Gespräch mit Merkur.de erklärt.
Doch die Grünen sind selbstverständlich nicht die Einzigen, die offensiv um Briefwählerstimmen werben. Im Stadtgebiet plakatiert auch die Mehrheit der Konkurrenz mit Verweisen auf diese Wahlmöglichkeit. Und kurze Clips sind heutzutage für die Online-Welt sowieso gang und gäbe - auch wenn es wie bei der SPD am Ende mit einem Rückzug enden kann. (cibo)
Wichtige Informationen rund um die Briefwahl können Sie übrigens auch bei Merkur.de noch einmal nachlesen (siehe Link).