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„De-Industrialisierungsminister“: Habeck rechnet sich eigenen Windkraft-Plan schön

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Von: Felix Durach

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Wirtschaftsminister Habeck sieht die Stromversorgung in Deutschland bis 2031 als gesichert. Doch die Kritik am Grünen-Politiker wird lauter. Sind die Ausbauplänen zu ambitioniert?

Berlin – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Mittwoch bekannt gegeben, dass die Energieversorgung in Deutschland bis 2031 sichergestellt sei. Der Vize-Kanzler bezog sich bei seiner Ankündigung auf einen Bericht der Bundesnetzagentur. Durch die aktuellen Pläne werde sichergestellt, „dass zu allen Stunden des Jahres Energie und Strom zur Verfügung“ stehen würden. Das gelte auch dann, wenn der Kohleausstieg vorgezogen werden sollte, erklärte Habeck weiter. Zwei Tage nach den Ankündigungen des Wirtschaftsministers wird jedoch immer mehr Kritik laut. Hat sich der Grünen-Politiker eine missliche Situation schöngerechnet?

Habecks Windkraft-Plan nur Augenwischerei? Sechs neue Windräder pro Tag benötigt

Hauptkritikpunkt ist das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, von dem das Wirtschaftsministerium ausgeht. Das befindet sich deutlich über dem aktuellen Niveau. Um die Energieversorgung sicherzustellen, werde ein Zuwachs von rund 263 Gigawatt benötigt. Von 123 Gigawatt im Jahr 2021 müsse man sich bei den Erneuerbaren Energien bis 2031 auf 386 Gigawatt steigern – eine Verdreifachung.

Wirtschaftsminister Robert Habeck steht für seine Pläne zur Energieversorgung in Deutschland in der Kritik.
Wirtschaftsminister Robert Habeck steht für seine Pläne zur Energieversorgung in Deutschland in der Kritik. © Bernd von Jutrczenka/dpa

In der Praxis würde das bedeuten, dass ab Ende 2023 in Deutschland jeden Tag knapp sechs neue Windränder gebaut werden müssten, um die Ziele zu erreichen. Das berichtete Bild.de. Zum Vergleich: zwischen 2010 und 2021 wurden in Deutschland im Schnitt 3,5 Windräder fertiggestellt. Benötigt wäre ein Zuwachs von neun Gigawatt pro Jahr. Dieser Wert liegt deutlich über dem bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 2017. Damals wurden 5,3 Gigawatt an Energiekapazität durch Windräder hinzugebaut.

Beim Thema Ausbau der erneuerbaren Energien sorgte zuletzt auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder für Aufsehen. Der CSU-Chef bezeichnete Bayern als „Deutschen Meister“ beim Ausbau von Windkraft, Solarenergie und Co.

Habeck rechnet bei Windenergie mit Verdreifachung des Bautempos – „nicht realistisch“

Der Wirtschaftsminister stellt somit eine Mammutaufgabe auf, die es zu bewältigen gilt. Die Bundesregierung vermerkt in einer „Handlungsempfehlung zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit mit Elektrizität“ deswegen auch, dass „die aktuelle Zubaudynamik bei Weitem noch nicht“ ausreiche, „um auf den Zielpfad (...) einzuschwenken“.

Energieexperten und Politiker werfen Habeck nun vor, auf der Basis von unrealistischen Annahmen zu rechnen. „Eine Verdreifachung des Bautempos ist nicht realistisch“, bremste Professor André Thess von der Uni Stuttgart gegenüber bild.de die Erwartungen.

Scharfe Kritik an Habeck: Kretschmer geht „De-Industrialisierungsminister“ an

Kritische Stimmen kommen sogar aus den eigenen Reihen. FDP-Energieexperte Michael Kruse, dessen Partei ja bekanntlich ebenfalls Mitglied der Ampel-Koalition ist, beäugte die Ziele des Grünen-Politikers kritisch. „Träume sollte ein Minister auch so nennen. Robert Habeck sollte keine Sicherheit vorgaukeln, wo nur Wünsche vorhanden sind“, so der FDP-Politiker.

Diese Meinung teilt auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Der Bundeswirtschaftsminister gehe von Prämissen aus, die klar erkennbar nicht einträten, erklärte der Landeschef dem MDR. Die Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien nannte der CDU-Politiker „illusorisch“. Habeck wandle sich durch das Vorhaben zu einem „De-Industrialisierungsminister“.

Schnellere Genehmigungen für Windräder geplant – Nabu sorgt sich um Naturschutz

Möglich gemacht werden soll der Ausbau nach Ansicht der Ampel auch durch eine schnellere Genehmigung beim Bau von Windrädern. Das Bundeskabinett hatte dafür am Montag die Umsetzung neuer EU-Regeln auf den Weg gebracht. Damit soll für Windräder oft die Umweltverträglichkeitsprüfung entfallen. Auch Solaranlagen und Wärmepumpen sollen künftig viel schneller genehmigt werden, nämlich binnen drei Monaten. Die Bundesregierung habe einen „Windausbau-Beschleuniger“ auf den Weg gebracht, wie es ihn noch nicht gegeben habe, hatte Habeck in diesem Zusammenhang erklärt.

Doch auf dieser Vorschlag stieß auf Kritik. Der Naturschutzbund Nabu kritisierte bereits am Mittwoch, dass die schnelleren Genehmigungen nicht zulasten des Naturschutzes eingeführt werden dürften. „Die nachträgliche Umetikettierung von bestehenden Vorrangflächen ohne solide Umwelt- und Artenschutzprüfungen ist ein Fehler“, so Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger am Mittwoch. Dies erhöhe das Risiko für schlechte Standortentscheidungen zulasten von Natur und Umwelt. „Das Gegeneinander von Klima- und Naturschutz muss endlich ein Ende haben.“ (fd mit dpa)

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