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Gnadenlose Kämpfe in Bachmut: Ukrainischer Soldat erzählt, wie Russen in Scharen getötet werden

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Von: Patrick Mayer

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Schwere Kämpfe im Donbass: Ein offenbar neu angelegter Friedhof bei Bachmut.
Schwere Kämpfe im Donbass: Ein offenbar neu angelegter Friedhof bei Bachmut. © Libkos/AP/dpa

Bachmut wird im Ukraine-Krieg zur umkämpften Stadt. Laut den ukrainischen Verteidigern werden die russischen Angreifer völlig planlos in den Tod geschickt. Ansonsten drohe die Exekution.

München/Bachmut – Wie diese Worte bei seinen Soldaten wohl ankommen? Zynismus? Sarkasmus? Oder doch Wohlwollen? Aus westlicher Perspektive weiß man es nicht. „Alles, was die Kämpfer benötigen, muss modern, bequem und zuverlässig sein“, sagte der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwoch (21. Dezember) bei einer Rede vor Offizieren.

Ukraine-Krieg: Kiew behauptet riesige Verluste unter russischen Soldaten

Anschließend hielt der Kreml-Chef mit den anwesenden Militärs eine Gedenkminute ab, für die im Ukraine-Krieg getöteten russischen Soldaten. Es sollen viele sein. Und es könnten bald noch viel mehr tote junge Männer hinzukommen. Gestorben, für was? Diese Frage konnte Putin, der müde wirkte, noch nicht einmal beantworten.

Der Moskau-Machthaber sprach, mehr als 900 Kilometer von der Front entfernt, verklausuliert von irgendwelchen Zielen, ohne diese zu benennen. Einen Tag zuvor besuchte dagegen sein Widersacher, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, seine Soldaten – direkt an der Front. Kurz vor seinem Besuch im schwer umkämpften Bachmut sprach der 44-Jährige von mittlerweile angeblich 99.000 getöteten Besatzern.

Im Video: Kompakt – Die wichtigsten News zum Russland-Ukraine-Krieg

Unabhängig bestätigen lässt sich das nicht. Doch: Was Selenskyj noch am Montag (19. Dezember) sagte, könnte ein Indiz dafür sein, was die russischen Angreifer laut der Ukraine in den kommenden Tagen und Wochen hier, tief im Donbass, erwartet. „Bisher sind es knapp 99.000 Soldaten, in wenigen Tagen erhöhen sich die Verluste der Besatzer auf 100.000“, meinte er in einer Videoansprache.

Ukraine-Krieg: Bachmut im Donbass ist schwer umkämpft

Nicht nur Selenskyj, auch das britische Verteidigungsministerium – dessen Auslandsgeheimdienst die Entwicklungen genau beobachtet – erwartet jetzt blutige „Straßenkämpfe“ um Bachmut, das einst etwas mehr als 70.000 Einwohner hatte und im Osten der Ukraine ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt ist. Laut Frankfurter Rundschau mutmaßen westliche Fachleute, dass die Bedeutung von Bachmut vor allem darin liege, dass Moskau seit der Einnahme des lange widerständigen Mariupol Ende Mai keinen wirklichen Erfolg vermelden konnte. 

Geht es nach ukrainischen Soldaten, wirft Putin seine Einheiten hier angeblich in den „sicheren Tod“. So beschreiben sie im Gespräch mit RadioFreeEurope angeblich ineffektive russische Taktiken, die endlos wiederholt würden. Russische Soldaten würden demnach beim Vorrücken hohe Verluste durch ukrainische Artillerie erleiden – etwa durch die schwere Kanonenhaubitze „Pion M-1975“. Doch am nächsten Tag würden von russischer Seite einfach weitere Truppen in Richtung Stadt geschickt.

Ukraine-Krieg: Hinrichtungen innerhalb der russischen Armee?

Gefangene Russen würden indes schildern, dass ihren Kameraden die Hinrichtung wegen Fahnenflucht drohe, wenn sie nicht angreifen, erzählen die ukrainischen Soldaten.

Ein Reporter von RadioFreeEurope berichtet in einem Videobeitrag, offensichtlich von der Front: „Ihre Taktik bleibt gleich: Eine Gruppe von zehn bis 15 Soldaten versucht, die ukrainischen Positionen zu erreichen und beginnt den Nahkampf. Wenn sie bei der Annäherung entdeckt werden, werden sie von der ukrainischen Artillerie zerstört.“

Bachmut: Ukrainische Soldaten feuern eine „Pion M-1975“ Kanonenhaubitze auf russische Stellungen.
Bachmut: Ukrainische Soldaten feuern eine „Pion M-1975“ Kanonenhaubitze auf russische Stellungen. © Libkos/AP/dpa

Bachmut: Wichtiger Eckpfeiler der Verteidigung im Osten der Ukraine

Die ukrainischen Artilleriestellungen im Hinterland würden ihrer Infanterie dabei helfen, die Angreifer durch permanenten Beschuss zurückzudrängen. Denn: Bachmut hat eine enorme strategische Bedeutung für die ukrainischen Streitkräfte. Laut Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) gilt die Kleinstadt als ein Eckpfeiler des Verteidigungssystems rund um den letzten von Ukrainern gehaltenen Ballungsraum im Donbass.

Sollte Bachmut fallen, wäre der Weg für Russlands Truppen in Richtung der Großstädte Slowjansk (rund 110.000 Einwohner) und Kramatorsk (rund 160.000 Einwohner) weitgehend frei. Laut „Tagesschau“ der ARD befindet sich das Hauptquartier der ukrainischen Truppen im Osten zwischen diesen beiden Städten. Von hier aus wird schließlich der Vorstoß der Angreifer in Richtung Dnjepr aufgehalten, und damit ins Zentrum des Landes und in Richtung Kiew. Der Blutzoll ist offenbar hoch.

Bachmut: Russische Angriffswelle um Angriffswelle bricht über ukrainische Verteidiger herein

Ein ukrainischer Soldat erzählt im Interview mit RadioFreeEurope: „Unsere Jungs halten die Linien und befreien sogar Landesteile, die besetzt wurden. Es ist hart, aber die Jungs sind Helden und halten durch, trotz des kalten Wetters und der Feuchtigkeit.“ Wenn die eine Angriffswelle zerstört worden sei, würden russische Kommandeure die nächste hinterherschicken, heißt es in dem Bericht weiter, der sich nicht unabhängig verifizieren lässt.

„Es ist ein grausamer Kampf“: Ein ukrainischer Soldat beschreibt im Interview mit RadioFreeEurope die Schlacht um Bachmut.
„Es ist ein grausamer Kampf“: Ein ukrainischer Soldat beschreibt im Interview mit RadioFreeEurope die Schlacht um Bachmut. © Screenshot RadioFreeEurope

Der bereits erwähnte Soldat erklärt: „Es ist ein grausamer Kampf. Ich gebe Ihnen ein Video, das zeigt, wie sie über die Leichen klettern. Da ist ein Typ im Graben zwischen Leichen. Er sitzt nur da, raucht und bereitet sich auf den Tod vor. (...) Ihre eigenen Kommandeure würden sie töten, wenn sie nicht angreifen. Wir haben mit Kriegsgefangenen gesprochen, die gesagt haben, dass Exekutionen bei ihnen normal wären.“ Laut dem Bericht würden die russischen Soldaten so oder so in den „sicheren Tod“ geschickt. (pm)

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