Premiere bei „hart aber fair“: Plasberg-Nachfolger landet Lacher mit „Özdemirs Hülsenfrüchten“

In einer Hinsicht ist Louis Klamroth auffällig anders als sein Vorgänger Frank Plasberg. Nicht nur deshalb erlebt „hart aber fair“ eine ungewöhnliche Ausgabe.
Berlin – Die Ausgabe der ARD-Sendung „hart aber fair“ vom Montag (9. Januar) ist durchaus besonders. Nicht unbedingt wegen unbändiger Diskussionen, wegen einer Personalie: Frank Plasberg ist nicht mehr da. Der langjährige Moderator des Politik-Talks hat zum Jahresende aufgehört.
Und so machen sich die Zuschauer mit einem neuen Gesicht vertraut: Louis Klamroth, Sohn von Schauspieler Peter Lohmeyer – und Lebensgefährte von Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Im Vorfeld gab es deswegen einen Aufschrei. Einige Kommentatoren befürchteten, dass Klamroth wegen dieser Liaison nicht politisch neutral sein könnte.
Der Neu-Moderator hat die Vorwürfe bereits zurückgewiesen. Und auch bei seiner Premiere ist von mangelnder Neutralität nichts zu spüren. Einzig auffällig ist, dass der 33-Jährige legerer auftritt als sein Vorgänger. Während Plasberg stets mit Hemd unterwegs war, gibt sich Klamroth betont locker: schwarzes Rundhals-Shirt, schwarzes Sakko und weiße Sneaker. Diesen Eindruck bestätigt er während der einstündigen Sendung, die er ohne spürbare Nervosität oder Unsicherheit über die Bühne bringt.
„hart aber fair“ - diese Gäste diskutierten mit:
- Lars Klingbeil (SPD) – Parteivorsitzender
- Jens Spahn (CDU) – stv. Fraktionsvorsitzender im Bundestag
- Monika Schnitzer – Mitglied des Sachverständigenrates
- Melanie Amann – Spiegel-Journalistin
- Engin Kelik – Metallarbeiter
Dabei ist das Thema durchaus sensibel. „Ein Land wird ärmer: Wer zahlt die Krisenrechnung 2023?“, lautet es. Zündstoff liefert Studiogast Engin Kelik. Der Metallarbeiter berichtet, wie sehr die gestiegenen Preise ihn, seine Frau und die beiden Kinder treffen. Und zwar im Alltag, im Supermarkt, aber auch bei den Weihnachtsgeschenken. „Zwischen den Wünschen meiner Kinder und den tatsächlichen Geschenken lagen Welten“, berichtet Kelik. Sein Nettoeinkommen liegt bei 2300 Euro, womit er sogar noch besser verdient als viele andere. Und dennoch reicht das Geld für die Familie kaum aus.
Energiekrise Thema bei „Hart aber fair“: Wirtschaftsweise macht wenig Hoffnung
Wenig Hoffnung auf Besserung macht da Monika Schnitzer. Sie ist Vorsitzende im Sachverständigenrat der Bundesregierung. Die „Wirtschaftsweise“ geht zwar nicht davon aus, dass die Energiepreise noch steigen, „allerdings ziehen die Kosten für die Güter erst mit der Zeit nach“. Mit einer Normalisierung der Preissituation rechnet sie in etwa zwei Jahren. „Aber nur, wenn nichts mehr passiert. Wenn also nicht wieder die Pipeline sabotiert wird.“ Auch hier habe die schnelle Öffnung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven aber bereits für eine Entspannung der Lage gesorgt.
Als SPD-Chef Lars Klingbeil von den Sorgen der Leute in seinem Wahlkreis berichtet, geht Klamroth dazwischen: „Sind die einfach undankbar oder ist ihre Politik nicht gut genug?“ Klingbeil redet einfach weiter. Damit löst sich die Frage in Luft auf. Spiegel-Redakteurin Melanie Amann springt in die Bresche: Zum Teil sei die Regierungspolitik in der Vergangenheit gut gewesen – was sie allerdings lediglich auf volle Gasspeicher bezieht.
Über den Rest fällt sie ein schlechtes Urteil. Sie zeigt auf den Monitor neben ihr, der einige Maßnahmen der Ampel-Koalition auf zeigt, und lacht: „Davon kommt nichts an.“ Das zeige sich im aktuellen Deutschland-Trend, wonach 58 Prozent der Deutschen unzufrieden mit der Politik sind. „Das nutzt am Ende nur der AfD“, sagt Amann.
Preis-Dilemma in Deutschland: Özdemirs Mehrwertsteuer – Rätselraten um die Hülsenfrüchte
Wenig überraschend schlägt Jens Spahn in dieselbe Kerbe. Der Fraktionsvize der Union spricht von einem „Wirrwarr von Maßnahmen“, außerdem „streiten der Finanzminister und der Wirtschaftsminister jeden Tag“. Klingbeil ruft dazwischen: „Gott sei Dank haben wir den Hahn nicht zugedreht, so wie von der Union gefordert.“
Aber was hilft jetzt? Vielleicht der Verzicht auf die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat gefordert, die Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte auszusetzen „Was hat Cem Özdemir denn mit seinen Hülsenfrüchten?“, fragt Klamroth lapidar und bringt die Runde damit zum Schmunzeln. Melanie Amann schüttelt darüber nur den Kopf und moniert die Erziehungshaltung, die den Grünen bereits beim „Veggie Day“ auf die Füße gefallen sei. Monika Schnitzer vermutet, dass Özdemir auf den hohen Proteingehalt der Hülsenfrüchte abziele, was bei Fleischverzicht von Bedeutung sei.
Die Maßnahme als solche hält die Wirtschaftsweise indes nicht für zielführend, „denn davon profitieren wiederum alle, auch Reiche“. Außerdem könne nicht verhindert werden, dass die Produkte vor einer Mehrwertsteuer-Aussetzung noch schnell teurer gemacht werden. „Beim Tankrabatt haben wir gesehen, dass die Preise vorher hochgeschraubt wurden“, erinnert Schnitzer.
Als Klingbeil nochmal die schnelle Umsetzung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven hervorhebt wird es auch endlich mal hart und nicht nur fair. „200 Tage von der Idee bis zur Fertigstellung, das ist eine super Leistung“, meint Spahn, „nur leider ist dieser Spirit schnell verloren gegangen“.
Die Beschleunigung solcher Verfahren und die Digitalisierung in der Verwaltung seien „16 Jahre lang verpennt“ worden, stichelt Amann in Richtung Union. Spahn bemüht das Ansehen von Angela Merkel und beteuert, dass die Menschen bei allen Krisen Vertrauen in die Kanzlerin gehabt hätten – was nun erstmals anders sei. „Während der Migrationswelle in 2015 und während der Corona-Krise hatten auch nicht alle Vertrauen in Angela Merkel“, korrigiert Amann.
„hart aber fair“ – Fazit der Sendung
Als Louis Klamroth ins Nachrichtenstudio abgibt und sich nach den Themen erkundigt, gratuliert Caren Miosga „zunächst mal zur gelungenen Premiere“.
Wirklich in Fahrt gerät die Diskussion, wenn Melanie Amann in aller Regelmäßigkeit mit den Augen rollt und die Aussagen Klingbeils und Spahns korrigiert. Versöhnlich wird es spätestens dann, als Jens Spahn davon träumt, mit Lars Klingbeil eine Linsensuppe mit Bockwurst „auf die guten alten Groko-Zeiten“ zu essen. (Christoph Heuser)