Nach Lästereien: Horst Seehofer rüffelt Guttenberg auf der CSU-Weihnachtsfeier

Horst Seehofer, noch amtierender Parteichef, verabschiedete sich am Rande der CSU-Weihnachtsfeier von den Medien.
München – Seine Mitarbeiter haben den Saal festlich geschmückt, Sterne, Kunststoff-Schneeflocken und gedämpftes Licht. Auf der Bühne hinter dem Pult ist statt dem Parteilogo das Panoramafoto eines verschneiten Winterwaldes aufgestellt. Es weihnachtet sehr bei der CSU. Nur Horst Seehofer hat wieder so ein gefährliches Lächeln im Gesicht, als er die Bühne betritt. Zündet er nun ein Friedenslichterl an – oder brennt gleich wieder der Baum?
Mit seiner jährlichen Weihnachtsfeier hat sich der scheidende Parteichef am Mittwochabend von den Journalisten verabschiedet. Seit seinem legendären Auftritt an Weihnachten 2012 ist dieses Fest bundesweit bekannt. Damals hatte Seehofer die Journalisten explizit ermuntert, reichlich über das Treffen, das in Vorjahren stets vertraulich war, zu berichten. Dann zog er von Tisch zu Tisch und klagte über seine Parteifreunde. Andreas Scheuer, ein „Praktikant“. Markus Söder, „pathologischer Ehrgeiz“, begehe „zu viele Schmutzeleien“. Karl-Theodor zu Guttenberg, das „Glühwürmchen“. Er wünsche der Presse „viele gute Meldungen“, sagte Seehofer fröhlich. Die gab es; sowohl über die Opfer des beispiellosen Rundumschlags, als auch über die Frage, was das für ein Führungsstil ist.
Horst Seehofer verabschiedet sich von Medien: „An den Rand der Verzweiflung gebracht“
Auf seiner letzten Weihnachtsfeier nun hat Seehofer den 2012er-Eklat noch einmal aufleben lassen. Er habe das „nicht von langer Hand geplant, sondern spontan entschieden“, erzählt er. Und frohlockt, das müsse man erst mal „fertigbringen, dass eine Rede reicht, um zehn Jahre zitiert zu werden“. Dann knöpft er sich einen alten Bekannten vor – Guttenberg und dessen aktuelle Interviews mit Kritik am designierten Parteichef Markus Söder. „Alles Käse“ seien diese Zitate, sagt Seehofer – er halte nichts davon.
Das bleibt der einzige Böllerschuss auf dieser Feier. Ansonsten verabschiedet sich Seehofer nachsichtig, fast wehmütig von den Medien. Es habe „Zyklen“ gegeben, sagt er, „Sie haben einen geduldigen Ministerpräsidenten manchmal an den Rand der Verzweiflung gebracht.“ Dennoch sei Kritik der Presse unverzichtbar.
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Horst Seehofer spricht bei Weihnachtsfeier über sein Verhältnis zu Journalisten
Tatsächlich ist Seehofers Verhältnis zu den Medien extrem ungewöhnlich. Kein prominenter Politiker nimmt sich so viel Zeit, bleibt stehen für Hauptstadtjournalisten genauso wie für aufgeregte Radiopraktikanten. Während mancher Unterstaatssekretär nur vom Hausjuristen glattgebügelte Floskeln abspult, redet Seehofer aus dem Bauch raus, vor allem, wenn es im Bauch rumort. „Immer dieses Quatschi-Quatschi“, hielt er Parteifreunden einst vor, nannte sie „Pyjama-Strategen“ und den Landtag ein „Mäusekino“.
Schroff knöpft er sich auch Journalisten vor, wenn ihm Texte nicht passen, beschwert sich bei Verlegern und in Rundfunkräten. Mitunter grenzwertig, wenn er ARD und ZDF mit Einschnitten droht. Gleichzeitig gehen Medien wohl keinen Bundespolitiker so hart an wie ihn – „der Gefährder“ titelte etwa der „Spiegel“ 2018 und stellte ihn semantisch auf eine Stufe mit potenziellen Selbstmordattentätern.
Doch sogar nach solchen Geschichten grollt Seehofer selten länger als drei, vier Wochen. Ein Spiel? Am Mittwoch spricht er versöhnlich vom „Mittelweg“: „Ist das Verhältnis von Politikern und Journalisten sehr gut, haben die Journalisten etwas falsch gemacht. Ist das Verhältnis schlecht, haben die Politiker etwas falsch gemacht.“
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