Immer nur Nürnberg? Streit um Söders Franken-Förderung

Neues Museum, neue Uni, mehr Behörden: Franken profitiert immer wieder von Großprojekten der Regierung – auch dank der Initiative des Franken Markus Söder. Im Landtag flammt die Diskussion um zu viel Nürnberg immer wieder auf.
München – Sie rechnen mit 30.000 Besuchern pro Jahr, wahrscheinlich werden es viel mehr. In Nürnberg soll ein Museum der Superlative entstehen, das zeigt, wie aus Science-Fiction Wissenschaft wird. Mitmachlabore, Experimente, interaktive Ausstellungen – das Deutsche Museum, Stammsitz München, plant für seine Außenstelle den großen Wurf. Auffällig: Wieder ist es die Region Franken, die ein Prestigeprojekt abstaubt.
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Allein die Mietkosten betragen 2,8 Millionen Euro pro Jahr, nach Nürnberg fließt aber noch mehr Geld: Die Stadt soll für eine Milliarde Euro eine eigene Uni bekommen, obwohl es dort schon eine gibt, die aber hauptsächlich mit Erlangen in Verbindung gebracht wird. Dazu hat Markus Söder (CSU) einige Referate seines Finanz- und Heimatministeriums gespiegelt, das Gesundheitsministerium wird komplett umziehen – trotz Murrens von Ministerin Melanie Huml (CSU). Neuestes Projekt ist ein Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Ein Hacker-Kompetenzzentrum, das in den nächsten drei Jahren 60 Millionen Euro kostet und 200 Arbeitsplätze schafft.

Söder fördert seine Heimatregion
Die Investitionen gehören zur Strategie der Staatsregierung unter Horst Seehofer, alle Bezirke Bayerns zu stärken. Unter Edmund Stoiber (CSU), spotten die Freien Wähler, war das noch anders - nach dem Motto: München Champions League, Oberbayern Bundesliga, der Rest Bayernliga. München bekommt nun zwar weiterhin viel Geld (Stichwort zweite Stammstrecke, Konzertsaal), verliert aber beim Projekt „Chancen im ganzen Land“, der Nordbayerninitiative und Behördenverlagerungen. Söder nutzt den Moment geschickt, seine Heimatregion Franken zu fördern.
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Im Landtag ist das aufgefallen, im Finanzausschuss etwa beim Thema Behördenverlagerung. Beamtenposten werden dabei aus München in weniger ausgelastete Regionen verschoben. Fraktionsübergreifend gibt’s dafür Lob, Ernst Weidenbusch (CSU) aus dem Kreis München sagt sogar, er sei „froh um jeden, der geht“. Bei der Verlagerung sollen aber nur 253 Stellen ins oberbayerische Umland wandern, etwa in die Kreise Garmisch-Partenkirchen, Mühldorf am Inn und Fürstenfeldbruck. Nach Franken gehen 965 Stellen.

Politiker warnen vor Übervorteilung Nürnbergs
Es dürfe nicht immer Nürnberg sein, sagt Bernhard Pohl (Freie Wähler). Es müsse beispielsweise auch mal Augsburg (Schwaben) dran sein - „als drittgrößte bayerische Stadt“. Augsburg hat 300.000 Einwohner, Nürnberg 500.000. Thomas Goppel (CSU), früherer Kunstminister, warnte in der FAZ vor einer „Nachholjagd“. „Wir brauchen keine zweite Hauptstadt.“ Bayern sei groß, es profitiere aber immer nur Nürnberg. „Da wird nicht ausgeglichen, sondern jemand hochgepusht.“
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Auch andere Nürnberg-Maßnahmen stehen in der Kritik: Der Steuerzahlerbund mahnt beim Umzug des Gesundheitsministeriums eine „drohende Verschwendung“ an – es sei fraglich, ob der wirtschaftliche Impuls in Nordbayern die Kosten rechtfertige. Allein für Miete und Büroausstattung werden wohl 7,5 Millionen Euro fällig, für den Umzug noch mal drei. Beim Ableger des Deutschen Museums ist die Opposition skeptisch. Die Mietkosten für das Altstadt-Gelände wurden erst spät bekannt – womöglich wäre der Eigenbau günstiger gewesen. „Da wurden bewusst Nebelkerzen geworfen“, sagte Verena Osgyan (Grüne) unlängst. Museums-Direktor Wolfgang Heckel entgegnete: „Wir sind das berühmteste Museum Deutschlands. Wir wollen nicht irgendwo im Hinterhof sein.“
Seehofer stellt Personal-Entscheidungen in Aussicht
Söder verteidigt die Strategie, die „extreme Dominanz“ Münchens einzudämmen. Im Ländlichen sei die Lebenshaltung für die Beamten günstiger und die Schaffung von Wohneigentum einfacher. Zugleich werde der Wohnraum in München entlastet und die Wirtschaft der geförderten Regionen angekurbelt, manchmal sogar „neu belebt“. Bemerkenswert: In dieser Frage demonstrieren Söder und Seehofer, eigentlich Erzfeinde, Einigkeit. „München strahlt und Nürnberg leuchtet“ - dank Seehofer, betonte Söder immer wieder. Und der CSU-Chef, geboren in Ingolstadt (Oberbayern), gab sich schon oft als Nürnberg-Fan zu erkennen. Nötige Maßnahmen in der Strukturpolitik dürften nicht verzögert werden. Spätere Korrekturen wären nur umso teurer.