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Tränengas und Schüsse bei erneuten massiven Protesten im Iran - EU-Länder einigen sich auf Sanktionen

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Die Proteste waren durch den Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini ausgelöst worden. Die 22-Jährige war am 16. September in Teheran gestorben, nachdem sie dort drei Tage zuvor von der Sittenpolizei wegen des Vorwurfs festgenommen wurde, ihr Kopftuch nicht den Vorschriften entsprechend getragen zu haben. © IMAGO/Gerard Bottino/ZUMA Wire

Während die Proteste im Iran unvermindert weitergehen, einigten sich die EU-Länder offenbar auf Sanktionen gegen das Land. Am Montag könnte der Beschluss stehen.

Brüssel - Die Proteste im Iran gehen mit unverminderter Wucht weiter: Trotz hunderter Festnahmen fanden am Mittwoch im ganzen Land erneut Kundgebungen statt. Mindestens 108 Menschen wurden laut Aktivisten im Zuge der Proteste bislang getötet, darunter 28 Kinder. Die EU-Länder einigten sich am Mittwoch laut Diplomaten auf Sanktionen gegen den Iran.

EU einigt sich auf Iran-Sanktionen wegen gewaltsamer Niederschlagung von Protesten

Die EU-Länder haben sich nach Angaben von Diplomaten auf neue Sanktionen gegen den Iran wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen Demonstranten nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini geeinigt. Wie am Mittwoch aus Diplomatenkreisen verlautete, sollen die EU-Außenminister die Sanktionen am Montag bei einem Treffen in Luxemburg offiziell beschließen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor gesagt, es sei „an der Zeit“, Sanktionen gegen die Verantwortlichen „für die Unterdrückung von Frauen“ im Iran zu verhängen.

Der Iran hatte die Europäische Union vor rund einer Woche vor „unüberlegten Maßnahmen“ im Zusammenhang mit den anhaltenden Protesten im Land gewarnt. „Falls die EU hastige und unüberlegte Maßnahmen ergreifen sollte, sollte sie sich auf effektive Gegenmaßnahmen des Irans einstellen“, sagte Außenminister Hussein Amirabdollahian in einem Telefonat am 5. Oktober mit seinem italienischen Amtskollegen Luigi Di Maio. Auch Washington hatte zuvor bereits weitere Sanktionen gegen den Iran angekündigt. Wegen des iranischen Atomprogramms sind vonseiten der USA bereits Wirtschaftssanktionen gegen das Land in Kraft.

Demonstrationen im Iran gehen unvermindert weiter: Präsident will „Proteste der Bürger erlauben“

Die Proteste im Iran waren durch den Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini ausgelöst worden. Die 22-Jährige war am 16. September in Teheran gestorben, nachdem sie dort drei Tage zuvor von der Sittenpolizei wegen des Vorwurfs festgenommen wurde, ihr Kopftuch nicht den Vorschriften entsprechend getragen zu haben. Mehreren Menschenrechtsorganisationen zufolge gehen die Sicherheitskräfte in der Provinzhauptstadt Sanadadsch aus der Mahsa Amini stammt, besonders hart gegen die Demonstranten vor. Auch die nordwestliche Provinz Kurdistan wurde am Mittwoch wieder Schauplatz von Protesten. In Isfahan, Karadsch und Saghes fielen Schüsse, wie aus Videos der in Norwegen ansässigen Menschenrechtsorganisationen Iran Human Rights (IHR) und Hengaw hervorging.

In der iranischen Hauptstadt Teheran gingen Studentinnen ohne Kopftuch auf die Straße und riefen „Tod dem Diktator“, wie auf einem von der Nachrichtenagentur AFP verifizierten Video zu sehen ist. Wie die iranische Nachrichtenagentur Isna berichtete, war in Teheran ein Großaufgebot an Polizisten im Einsatz. Auch Anwältinnen und Anwälte schlossen sich den Protesten in der Hauptstadt an und skandierten: „Frau, Leben, Freiheit“. Laut IHR setzten die Sicherheitskräfte Tränengas ein, um die Kundgebung aufzulösen. Mindestens drei Anwälte wurden laut einem Bericht der Zeitung Schargh festgenommen.

Angesichts der seit über drei Wochen andauernden Proteste hatte Irans Justizchef am Montag (10. Oktober) erstmals einen Dialog mit den Gegnern der islamischen Führung vorgeschlagen. Das islamische System habe ein Ohr für Kritik und sei daher bereit für einen Dialog. Auch Präsident Ebrahim Raisi hatte gesagt, dass Kritik und auch Proteste der Bürger erlaubt werden sollten, aber in einem friedlichen Rahmen und ohne Ausschreitungen. Systemkritiker jedoch halten diese Aussagen für Rhetorik und unglaubwürdig. Präsident Raisi hatte sich kürzlich etwa geweigert, ein Interview in New York City mit einer renommierten US-Journalistin zu führen, da diese kein Kopftuch trug (dpa/AFP/bme).

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