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Ende der Corona-Notlage? Nach Spahn-Vorstoß folgen deutliche Worte aus Bayern - „weitreichende Folgen“

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Von: Marc Beyer

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Jens Spahn (l.) und Markus Söder: Einer will lockern, der andere weiter vorsichtig sein
Jens Spahn (l.) und Markus Söder: Einer will lockern, der andere weiter vorsichtig sein. © Peter Kneffel/dpa

Jens Spahns Vorstoß, die „epidemische Lage nationaler Tragweite“ auslaufen zu lassen, hat eine breite Debatte ausgelöst. Er erntet Zuspruch, aber auch viel Kritik. Nicht zuletzt aus Bayern.

München – Es gibt ihn noch, den Impffortschritt, man kann ihn nur leicht übersehen. 68,9 Prozent der Deutschen haben bis Dienstag zumindest eine Spritze gegen das Coronavirus erhalten, die täglichen Zuwächse bewegen sich im Promillebereich. Dennoch hat sich Jens Spahn auf die Impfquote berufen, als er jetzt anregte, die „epidemische Lage nationaler Tragweite“ auslaufen zu lassen. Die Gefährdung für Immunisierte sei gering, das Gesundheitssystem nicht mehr akut von Überlastung bedroht.

Seit März 2020 bestätigt der Bundestag alle drei Monate diesen Ausnahmezustand, der Grundlage ist für Maßnahmen von Maskenpflicht bis zu Kontaktbeschränkungen. Dass diese Auflagen auf dem Verwaltungsweg beschlossen werden, ohne Einbeziehung des Parlamentes, sorgt schon lange für Kritik.

Corona in Deutschland: Fallen die Masken? Lauterbach schlägt Alarm

Der nächste Termin, an dem über eine Verlängerung spätestens abgestimmt werden müsste, ist der 25. November. Sollte sich keine Mehrheit mehr finden, heißt das aber nicht, dass alle Einschränkungen verschwinden. Für die konkrete Ausgestaltung sind laut Infektionsschutzgesetz die Bundesländer zuständig. Das Gesetz könnte so geändert werden, dass die Auflagen nicht mehr an die epidemische Lage gekoppelt sind.

Zentrale Maßnahmen dürften deshalb über den November hinaus Bestand haben. „Kein Bundesland wäre so verrückt, auf Zugangsbeschränkungen für geschlossene Räume zu verzichten oder die Maskenpflicht in Bus und Bahn zu begraben“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er verweist auf steigende Infektionszahlen sowie den nahenden Winter und das Verlagern des Lebens in Innenräume. Lauterbach ist mit seinen Bedenken nicht alleine. Auch Patientenschützer und Immunologen reagieren ablehnend. Zuspruch kommt von der Krankenhausgesellschaft.

In Bayern wächst der Widerstand gegen eine Aufhebung mit jedem Tag. Während Ministerpräsident Markus Söder am Wochenende noch davon sprach, dass ein Ende der Notlage „indirekt den Freedom Day“ bedeuten würde, ein Aufheben aller Maßnahmen, klang Gesundheitsminister Klaus Holetschek am Montagabend, kurz nachdem Spahns Ankündigung die Runde gemacht hatte, schon anders. Wichtig sei es, „einen einheitlichen Rechtsrahmen zu haben, um weiterhin zielgerichtet Maßnahmen zu ergreifen“.

Spahn rüttelt an epidemischer Lage in Deutschland - Für FDP-Fraktionschef „überfällig

Die Staatsregierung macht kein Hehl daraus, dass sie den Vorstoß Spahns skeptisch sieht. Man sei „sehr zurückhaltend, was das reine pauschale Aufheben dieser epidemischen Lage betrifft“, sagt Staatskanzleichef Florian Herrmann. Er beklagt besonders, dass eine Entscheidung auf Bundesebene weitreichende rechtliche Folgen habe, bis hin zu niedrigschwelligen Maßnahmen. Das betreffe dann nicht nur 2G- oder 3G-Regeln, sondern auch Maskenpflicht im Nahverkehr oder Testpflicht an Schulen. „Das muss man sich halt vor Augen halten, ob man diese Konsequenz will.“

„Die bayerische Staatsregierung zelebriert seit anderthalb Jahren geradezu den Ausnahmezustand“, widerspricht Martin Hagen, der Fraktionschef der Landtags-FDP. Die Ankündigung Spahns hält er für „überfällig“, weil das Ausmaß des Infektionsgeschehens weitreichende Einschränkungen nicht mehr rechtfertige. Man werde zwar „neue Instrumente“ benötigen, verwaltungsrechtliche Vorschriften etwa und Regeln für die Krankenhäuser. Auf die alten kann er aber gut verzichten.

Wie Spahn argumentiert Hagen, dessen Partei beim letzten Mal gegen eine Verlängerung stimmte, mit den Impfzahlen. Man solle „sämtliche freiheitseinschränkenden Maßnahmen beenden, weil jeder mittlerweile die Möglichkeit hat, sich eigenverantwortlich zu schützen“. In der U-Bahn will er zwar weiter Maske tragen „und würde es auch jedem empfehlen“. Aber das sei „nichts, was der Staat vorschreiben sollte“.

Derweil gerät CSU-Chef Markus Söder in der Union immer mehr unter Druck. Bei einem Termin in München sieht der bayerische Ministerpräsident recht müde aus - und markant verändert.

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