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„Bedeutet Eskalation des Konflikts“: Experten warnen vor Kampfjet-Lieferung an Ukraine

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Von: Stephanie Munk

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Kampfjets für die Ukraine? Sicherheitsexperten warnen gegenüber Merkur.de davor: Sie würden eine weitere Eskalation zwischen der Nato und Russland bedeuten.

Kiew/Berlin – Erst Kampfpanzer für die Ukraine, nun bald auch Kampfjets? Die Debatte zumindest läuft und entsprechende Forderungen aus der Ukraine gab es bereits. Doch die Zurückhaltung bei den westlichen Unterstützern der Ukraine ist groß: Kanzler Olaf Scholz warnte vor einem „Überbietungswettbewerb“ bei Waffenlieferungen im Ukraine-Krieg. Und US-Präsident Joe Biden antwortete auf die Frage eines Reporters, ob er der Ukraine Kampfjets liefern will, mit einem schlichten „Nein“.

Für Ekkehard Brose, Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, ist die Absage an Kampfjet-Lieferungen berechtigt: „Eine Lieferung westlicher Kampfjets würde in der aktuellen Lage eine weitere Eskalation des Konflikts bedeuten“, betont der sicherheitspolitische Experte auf Anfrage von merkur.de von IPPEN.MEDIA.

Auch Joachim Weber, Experte für Sicherheitspolitik an der Universität Bonn, sieht die Lieferung von Kampfjets „extrem schwierig und sicher einen Schritt höher auf der Eskalationsleiter, auch wenn es völkerrechtlich noch zulässig wäre“. Denn, so Weber zu merkur.de: „Kampfjets können nur dann sinnvoll eingesetzt werden, auch über den Kriegsgebieten im Osten der Ukraine, wenn man gleichzeitig die dortige, gut aufgestellte russische Luftabwehr niederkämpft.“ Diese liege aber zum Teil auf russischem Territorium.

Experte: Waffen für die Ukraine sind „ein schmaler Grat“

Mit ihrer Unterstützung für die Ukraine bewege sich Deutschland insgesamt „militärisch und politisch auf einem schmalen Grat“, so Ekkehard Brose von der Bundesakademie für Sicherheitspolitik: „Einerseits müssen die Waffen effektiv im Sinne des Ziels sein, die russischen Angreifer zurückzudrängen und die ukrainische Bevölkerung zu schützen. Andererseits wollen die Unterstützerstaaten selbst und auch die Nato keinesfalls Konfliktpartei werden“, erklärt der Sicherheitsexperte. Die Schritte der Bundesregierung erfolgten deshalb aus gutem Grund in enger Abstimmung mit den Partnern und vor allem mit den USA, so Brose.

Ekkehard Brose, Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik.
Ekkehard Brose, Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. © Privat

Erst zögern, dann liefern? Experte erwartet dies bei Kampfjets nicht

Zur Erinnerung: In Sachen Kampfpanzer erfolgte die Zusage von Scholz und US-Präsident Biden fast zeitgleich – und der deutsche Kanzler schien darauf nach langem Zögern auch höchsten Wert zu legen. Ist ein ähnliches Vorgehen auch in Sachen Kampfjets zu erwarten - erst Zurückhaltung und Zaudern, bevor dann doch geliefert wird? Brose geht davon nicht aus: „Präsident Biden wie der Bundeskanzler haben deutlich gemacht, dass die Frage einer Lieferung westlicher Kampfjets nicht auf der Tagesordnung steht.“

In der Unterstützung der Ukraine seien derzeit ohnehin andere Dinge wichtiger, so der Experte: Zum einen müssten schnell die zugesagten Kampfpanzer geliefert und die ukrainischen Soldaten entsprechend geschult werden. Auch Munitionsnachschub sei für die Ukraine entscheidend. Um die russische Luftwaffe an Angriffen über der Ukraine zu hindern, hält der Sicherheitsexperte nicht die Lieferung von Kampfflugzeugen, sondern den weiteren Ausbau der ukrainischen Luftabwehr für geboten.

Sicherheitsexperte Joachim Weber ist ähnlicher Meinung: Die westliche Unterstützung der Ukraine solle sich aktuell auf „Defensivsysteme zur Luft-, Panzer- und Raketenabwehr konzentrieren, damit die Ukraine die wohl in wenigen Tagen oder Wochen beginnende, neue russische Großoffensive aufhalten kann“.

Dr. Joachim Weber, Experte für Sicherheitspolitik an der Universität Bonn.
Dr. Joachim Weber, Experte für Sicherheitspolitik an der Universität Bonn. © Privat

Experte zu Kampfjets im Ukraine-Krieg: „Nicht mehr Gewaltanwendung unterstützen wie notwendig“

Ziel der westlichen Unterstützung für die Ukraine bleibe immer, erklärt Ekkehard Brose, „den Konflikt mit für die Ukraine annehmbaren Bedingungen zu beenden, das heißt, ihre Souveränität zu wahren“. Dafür dürfe aber „nicht mehr Gewaltanwendung“ unterstützt werden, als es notwendig sei.

Andere Nato-Partner scheinen ähnlich zu denken: Für Polen, das in der Kampfpanzer-Debatte sehr früh und entschieden für eine Lieferung plädierte, sind Kampfjets aktuell „kein Thema“, wie es aus der Regierung hieß. Und Großbritannien verwies auf die technische Umsetzbarkeit - „die britischen Jets sind extrem anspruchsvoll und es dauert Monate, um sie fliegen zu können“, so ein Regierungssprecher.

Mehr Waffen für Ukraine? Experte Weber plädiert für „Denkpause“

Sicherheitsexperte Joachim Weber plädiert dafür, in Sachen Waffenlieferungen „jetzt einmal eine Denkpause einzulegen“. Es gelte zu überprüfen, ob die ohnehin nicht leicht erkennbare“ Strategie des Westens noch auf dem richtigen Pfad sei. „Rückeroberungsphantasien bezüglich der Krim oder zu deutschen U-Booten im Schwarzen Meer scheinen mir wenig Bodenkontakt zu haben“, so Weber. (smu)

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