Extreme Entwicklung bei Kirchen: „Die aktuellen Zahlen bedrücken uns“

Immer mehr Menschen treten aus den deutschen christlichen Kirchen aus. Besonders in Bayern kehren viele Menschen der katholischen Kirche den Rücken.
- Die deutschen christlichen Kirchen veröffentlichen Zahlen zu Kirchenaustritten.
- 2019 kehrten mehr Menschen den Glaubensgemeinschaften den Rücken als im Vorjahr.
- Vor allem in Bayern beendeten viele ihre Mitgliedschaft.
Bonn/Hannover - Immer immer Menschen in Deutschland kehren der Kirche den Rücken und treten aus Glaubensgemeinschaften aus. 272.771 Katholiken beendeten 2019 ihre Mitgliedschaft, 26 Prozent als im Jahr davor. Bei den Protestanten verließen ebenfalls etwa 270.000 Menschen die Kirche, was 22 Prozent mehr als 2018 sind.
Nach diesen Abgängen zählt die Katholische Kirche noch 22,6 Millionen Mitglieder. 20,7 Millionen Menschen gehören den Protestanten an. Bei circa 83 Millionen Einwohner in Deutschland, bedeutet das, dass noch immer über 50 Prozent der Bevölkerung Mitglied in den christlichen Glaubensgemeinschaften sind. Die Zahlen wurden am Freitag von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Bonn und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover mitgeteilt.
Zahl der Kirchenaustritte nimmt zu: Daran sei „nichts schönzureden“
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte, an den Zahlen gebe es „nichts schönzureden“. Bisweilen seien „mutige Veränderungen“ erforderlich, und eben deshalb hätten die deutschen Katholiken den Reformprozess Synodaler Weg eingeleitet.

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die aktuellen Zahlen bedrücken uns.“ Er versprach: „Die Kirche will sich verändern und tut dies jetzt schon.“ So seien während der Corona-Krise neue digitalisierte Formate entstanden, die gut ankommen würden. Überhaupt sieht Bedford-Strohm in Corona eine Chance: „Viele Menschen machen jetzt die Erfahrung, dass die plötzliche Unterbrechung des bisherigen Lebens und die Ungewissheit, wie es weitergehen wird, schwer auszuhalten ist. Der Glaube gibt Kraft dazu.“
Zunahme der Kirchenaustritte: Vor allem in München kehrten viele der Kirchen den Rücken
In Bayern sind besonders viele Menschen aus der Kirche ausgetreten. Mehr als 78.000 Katholiken beendeten 2019 ihre Mitgliedschaft - so viele wie in keinem anderen Bundesland. Der Freistaat hatte zwar mit knapp 6,3 Millionen auch besonders viele Katholiken. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem 2019 gut 6,6 Millionen Katholiken lebten, traten aber 10.000 Menschen weniger aus der Kirche aus.
Der größte Teil der bayerischen Kirchenaustritte fiel auf das größte Bistum im Freistaat, das Erzbistum München und Freising von Kardinal Reinhard Marx. Dort verließen im vergangenen Jahr mehr als 27.000 Katholiken ihre Kirche. Auch bei den Protestanten in Bayern stieg die Zahl der Kirchenaustritte. Die evangelische Landeskirche verzeichnete mehr als 32.300 Austritte. Am 31. Dezember 2019 hatte die bayerische Landeskirche knapp 2,3 Millionen Kirchenmitglieder.
Video: Kirchenaustritt: Diese Folgen bringt er mit sich
Die Katholische Kirche sieht sich regelmäßig mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert. Auch das Zölibat und eine mögliche Abschaffung der Regel werden häufig diskutiert. Dem Ex-Papst Benedikt wird häufig vorgeworfen, er bringe sich nicht ausreichend in Debatten ein. In seiner Biografie wies er die Anschuldigungen zurück. (lb)