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Klimaforscher: 1,5-Grad-Ziel nicht mehr erreichbar

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Mojib Latif
Mojib Latif © IMAGO / teutopress

Laut Klimaforscher Mojib Latif ist das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, nicht mehr zu erreichen.

Hamburg in Deutschland - Vermutlich würden nicht einmal zwei Grad geschafft, sagte der Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Montagsausgaben). "Nimmt man das, was die Politik weltweit derzeit macht, sind wir eher auf dem Kurs drei Grad."

"Wir nähern uns dem Punkt, an dem man sich eingestehen muss: Die Zeit ist abgelaufen", fügte der Wissenschaftler hinzu. Aktuell sei die Welt schon bei gut einem Grad Erwärmung angekommen. "Drei Grad wären eine Katastrophe."

Latif warf der Politik Tatenlosigkeit vor. Es gebe scheinbar immer Wichtigeres als den Umweltschutz, beklagt der Klimaforscher. "Weltweit betrachtet haben wir in den letzten Jahrzehnten das Klimaproblem praktisch ignoriert", sagte er. Die internationale Politik habe auf der ganzen Linie versagt, trotz Paris und anderer Konferenzen. "Wir nähern uns dem Punkt, an dem man sich eingestehen muss: Die Zeit ist abgelaufen."

Vertreter von mehr als 40 Ländern sind am Montag in Berlin zusammengekommen, um im Rahmen des Petersberger Klimadialogs die nächste Weltklimakonferenz Ende des Jahres vorzubereiten. Ko-Gastgeber des Treffens im Auswärtigen Amt sind Deutschland und Ägypten. jp/pw

Mindestens 80 Milliarden Euro Extremwetterschäden in Deutschland seit 2018

Allein in den vergangenen vier Jahren hat Extremwetter in Deutschland einen Schaden von mindestens 80 Milliarden Euro verursacht. Das geht aus einer am Montag in Berlin vorgestellten Studie im Auftrag der Bundesregierung zur Bezifferung der Kosten von Klimawandelfolgen hervor. In erster Linien verantwortlich waren die Flutkatastrophe in Westdeutschland 2021 sowie die Dürresommer 2018 und 2019.

Die Untersuchung berücksichtigte nach Angaben des Bundeswirtschafts- und des Bundesumweltministeriums direkte wie indirekte Kosten - also etwa Schäden an Gebäuden und Infrastruktur sowie Ertragsverluste in der Landwirtschaft ebenso wie mittelbare Auswirkungen durch verringerte Arbeitsproduktivität und andere Faktoren.

Zugleich waren die tatsächlichen Schäden demnach höher, weil nicht alle Auswirkungen in Geld auszudrücken waren und nicht für alle Schäden Daten vorlagen. Dies gilt etwa für die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit.

"Die Klimakrise verursacht inzwischen auch bei uns in Deutschland enorme Schäden und Kosten", erklärte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (SPD) zur Veröffentlichung der neuen Analyse. "Die Zahlen sind ein Alarmsignal für mehr Krisenvorsorge." Die Regierung werde mehr in Klimaschutz und Klimaanpassung investieren.

Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, die Klimakrise spitze sich weltweit zu. Mehr Klimaschutz und eine verlässliche Klimaanpassungsstratgie seien deshalb "entscheidende Aufgaben".

Laut Studie entfielen auf die zwei aufeinanderfolgenden Dürresommer 2018 und 2019 insgesamt 34,9 Milliarden Euro, die Flut vom Juli vergangenen Jahres in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen verursachte weitere Schäden von 40,5 Milliarden Euro. Dazu kamen noch 5,2 Milliarden Euro Schäden durch einzelne Sturm- und Hagelereignisse, die sich in den vergangenen Jahren ereigneten.

Unter Hitze und Dürre litten vor allem Forst- und Landwirtschaft, aber auch andere Branchen mussten wegen hitzebedingt sinkender Arbeitsproduktivität der Menschen Verluste hinnehmen. Die Hochwasserkatastrophe im Vorjahr traf laut der Untersuchung des Beratungs- und Analyseunternehmens Prognos vor allem Privathaushalte. Erhebliche Sachschäden gab es allerdings auch im Bauwesen, an der Verkehrsinfrastruktur sowie im Bereich von Industrie und Gewerbe.

Seit der Jahrtausendwende verursachten Extremwettereignisse in Deutschland der Untersuchung zufolge bereits direkte und indirekte Schäden von fast 145 Milliarden Euro. Im Schnitt der vergangenen 22 Jahre entstanden so jährlich rund 6,6 Milliarden Euro Schäden durch extreme Wetterereignisse, hieß es in der Zusammenfassung der Analyse der Prognos AG. "Ein Großteil der Schäden entstand dabei durch Extremwetterereignisse, für die der Einfluss des voranschreitenden menschengemachten Klimawandels klar belegt ist."

Auch das Wirtschafts- und das Umweltministerium erklärten, ein Großteil der in der Studie ermittelten Schäden gehe auf Extremwettereignisse zurück, "die durch die Klimakrise verursacht wird". Eine Ausnahme bildeten allerdings die Sturm- und Hagelereignisse. Dort seien wegen fehlender Langzeitdaten noch keine eindeutigen Aussagen zu einem Zusammenhang zum Klimawandel möglich.

Die Studie entstand im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums und soll im weiteren Verlauf dem Bundesumweltministerium bei der Weiterentwicklung der nationalen Anpassungsstrategie gegen Klimawandelfolgen helfen. Verlässliche Kosten- und Schadensanalysen seien die Grundlage, um weitere Investitionen in diesem Bereich besser begründen und voranzutreiben zu können, erklärte Habeck.

Er verwies auf das Ziel der Bundesregierung, den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in weniger als zehn Jahren zu verdoppeln. Sie habe dazu gerade ein Beschleunigungspaket für den Ausbau von Wind- und Solarkraft verabschiedet. Die Klimakrise müsse durch Klimaschutz weltweit auf einem erträglichen Niveau" gehalten werden, fügte der Minister an. Dies zeigten aktuell etwa auch die Dürren in Südeuropa oder die Hochwasser in Australien.

Lemke betonte, die von der Bundesregierung im Rahmen der Klimaanpassung und des natürlichen Klimaschutzes auf den Weg gebrachten Programme könnten "nur der Anfang sein". Die Regierung arbeite derzeit an einer neuen "vorsorgenden Klimaanpassungsstrategie" und einer nationalen Wasserstrategie. Mit Hilfe der Wissenschaft wolle sie außerdem eine systematische Erfassung der Schäden und Kosten aufbauen. Entscheider müssten wissen, wer am meisten darunter leide. bro/pw

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