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Söder hart in der Klima-Mangel: Ergrünte CSU nur „Wanderzirkus“ - oder kurz vor „Hysterie“?

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Von: Florian Naumann

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Ein gutes Stück grüner will Markus Söder seine CSU und den Freistaat machen. Doch die Volkspartei könnte in Probleme geraten - Kritik kommt gleich von zwei Seiten.

München - Markus Söder hat in den vergangenen ein, zwei Jahren schon einige Kursjustierungen vorgenommen: Erst legte sich Bayerns Ministerpräsident einen neuen Tonfall beim Thema Migration zu - dann schien der neue Regierungschef zu „ergrünen“. Zuletzt verordnete er seiner Partei sogar die „grüne Null“. Positiv betrachtet könnte man sagen: Der starke Mann in der CSU hört eben zu, was in der Bevölkerung so los ist. 

Genau diese Qualität könnte Söder nun aber in Schwierigkeiten bringen - oder tut es schon. Der Klimawandel war nicht nur 2019 eines der größten Themen. Angela Merkel hat ihn auch für die 20er Jahre ganz oben auf die Agenda gesetzt. Eine wenig gewagte These in der Neujahrsansprache der Kanzlerin lautete aber auch: Die Bevölkerung sei in dieser Frage gespalten. Söder bekam das kurz vor dem Jahreswechsel schon mal geballt zu spüren.

CSU und der Klimawandel: Bund Naturschutz übt heftige Kritik - Kabinett als „Wanderzirkus“?

Am Montag zog einerseits der Bund Naturschutz in Bayern (BN) Jahresbilanz. Mit seinen 250.000 naturverbundenen Mitgliedern ist der Verband durchaus auch für die CSU ein Faktor - und Söder kam im Jahresfazit nicht gut weg. 1,7 Millionen Unterschriften für das Bienen-Volksbegehren hätten dem Ministerpräsidenten zwar ein „erzwungenes Interesse am Artenschutz“ abgerungen, sagte Verbandschef Richard Mergner in München. Ansonsten agiere seine Regierung umweltpolitisch aber „mutlos“ und „zaghaft“. Seinen „Vertrauensvorschuss“ habe Söder längst verspielt.

Gemeint war auch das Thema Klimaschutz. Die Anliegen der Bewegung „Fridays For Future habe Söder „völlig missachtet“, rügte der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe. Mit Besuchen etwa auf der Zugspitze und im Münchner Hofgarten habe der Ministerpräsident sein Kabinett zu einem „permanenten Wanderzirkus“ gemacht. Außer Symbolpolitik sei dabei aber wenig herausgekommen - trotz hunderttausenden Demo-Teilnehmern in Bayern im Jahr 2019.

Sogar eine wirtschaftspolitische Mahnung gab der BN Söder mit: Angesichts von zehntausenden Arbeitsplätzen im Freistaat müsse die kränkelnde Autoindustrie jetzt schnell zu einer Zukunftsindustrie umgebaut werden. Das Problem sei sogar wesentlich größer als beim hart erhandelten Kohle-Kompromiss.

Söder in der Klima-Mangel: CSU-Rechte sehen „Klimahysterie“ - Maaßen unterstützt Kritiker

Wenige Stunden später wurde erneut Klima-Kritik an Söder laut. Aus ganz anderer inhaltlicher Richtung - und aus den eigenen Reihen. Die „Werteunion“ in der CSU warnte vor „Klimahysterie“, wie Merkur.de* berichtete. „Die Politiker der Unionsparteien müssen sich endgültig von der Vorstellung verabschieden, das Klima durch ihr ,vorbildliches Wesen‘ retten zu können“, hieß es in einem achtseitigen Schreiben. Den menschengemachten Klimawandel zog die Gruppe offen in Zweifel.

Prominenz findet sich in Reihen der CSU-Werteunion nicht. Dafür erhielten die Söder-Kritiker Zuspruch von Hans-Georg Maaßen, der erst kurz zuvor neue politische Ambitionen hatte durchsickern lassen. Der hoch umstrittene frühere Verfassungsschutzpräsident belobigte die AfD-nahe Position mit einem Tweet.

CSU-Werteunion zweifelt an Klimawandel - Experte attestiert „Realitätsverlust“

„Die Sonne steuert das Klima, nicht das CO2“, postete Maaßen samt Link zum Vorstoß. Dafür erhielt er zwar postwendend Gegenwind vom Klimaforscher Stefan Rahmstorf. „Realitätsverlust.“, konstatierte dieser kühl. „Die Leuchtkraft der Sonne hat bekanntlich seit 50 Jahren leicht abgenommen; das hat die globale Erwärmung ein wenig gebremst.“ 

Die Expertenmeinung tat dem Zuspruch für Maaßens eher fachfremde Einschätzung freilich keinen Abbruch: Fast 4.000 Likes und 1.500 Retweets erhielt das Posting in rund 24 Stunden. Die Werteunion wird von der CSU-Spitze zwar kritisch beäugt. Dass die Partei aber ein Auge auf die Meinung im lautstarken rechten Online-Lager hat, zeigte sich bei der jüngsten Debatte um ein Kinderlied des WDR.

Klimawandel: Bund Naturschutz will Söder bei Kommunalwahlen packen - und beim Thema Franken

Unterschiedliche Signale an Söders Adresse also - die durchaus zur aktuellen Einschätzung eines Zukunftsforschers zum weiteren Fortgang der Klimapolitik passen könnten. Söder, so scheint es, wird 2020 einen kleinen Drahtseilakt absolvieren müssen, will er die „letzte Volkspartei“ CSU für das gesamte Wählerspektrum zwischen Grünen und AfD wählbar halten.

Der Bund Naturschutz möchte die Christsozialen jedenfalls schon bei den Kommunalwahlen im März in die Mangel nehmen. „Der Klimawandel wird nirgendwo so deutlich wie vor Ort“, sagte Geilhufe am Montag. Viele Menschen in Bayern litten schon jetzt unter Tropen-Nächten. Chancen für eine Bewegung Söders Richtung Klimaschutz sieht er durchaus gegeben: Der Franke in der Staatskanzlei habe ein trockenheitsbedingtes „Waldsterben 2.0“ in Unterfranken durchaus zur Kenntnis genommen. 

Söder selbst gab pünktlich zum Jahreswechsel einmal mehr zumindest eine Tendenz zu erkennen: Er sagte in seiner Neujahrsansprache, Klimaschutz sei „vielleicht größte Aufgabe unserer Zeit“.

Ein Wetterexperte warnt unterdessen bereits vor dem nächsten Rekordsommer. Auch der Landeshauptstadt München wurde schon ein „Klima-Kollaps“ prophezeit. Bayerns Grüne haben unterdessen zwei zentrale Pläne im Kampf gegen den Klimawandel gefasst.

Lesen Sie auch: Söder fordert neue Minister für Merkels Regierung: Löst das ein CSU-Beben aus?

fn

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