Kommentar: Das Schicksalsjahr der FDP
München - Das Wahljahr beginnt mit einer kleinen Sensation: Die FDP ist immer noch da, findet unser Autor Mike Schier.
Update vom 24. Februar 2017: Bei der Bundestagswahl im September möchte die FDP in den Reichstag zurückkehren. Wir haben bereits alle Informationen zur FDP bei der Bundestagswahl 2017 zusammengefasst.
2013 leuteten viele schon das Totenglöckchen für die Liberalen. Doch Christian Lindner, der am Samstag erst 38 Jahre alt wird, hat die Partei in den vergangenen drei Jahren mit erstaunlicher Ausdauer durch den Marathonlauf der außerparlamentarischen Opposition geführt. Bei Landtagswahlen gab es zwischenzeitlich ermutigende Lebenszeichen – doch ob der Überlebenskampf wirklich gelingt, wird sich erst 2017 zeigen. Es wird das Schicksalsjahr der FDP.
Schon jetzt ist klar: Sollte die Partei im Herbst den Wiedereinzug in den Bundestag verpassen, lassen sich die professionellen Strukturen nicht über weitere vier Jahre aufrecht erhalten. Deshalb wären die Liberalen gut beraten, trotz derzeit passabler Umfragewerte eine gewisse Demut zu behalten. Lindners Auftritt beim Dreikönigstreffen am Freitag, forsch als „Mut- und Wutrede“ angekündigt, steht deshalb unter besonderer Beobachtung. Später birgt auch der Fahrplan durchs Wahljahr Risiken: Mit Wolfgang Kubicki in Schleswig-Holstein (7. Mai) und Lindner selbst in Nordrhein-Westfalen (14. Mai) treten bei den beiden wichtigsten Landtagswahlen Spitzenkandidaten an, die kurz darauf nach Berlin wechseln wollen. Ob der Wähler so viel Taktieren goutiert?
Dennoch stehen die Chancen gut. Die FDP hatte sich 2013 ihren Niedergang selbst zuzuschreiben, als sie mehr mit Peinlichkeiten als mit Politik auffiel. Lindner gelang die personelle Neuaufstellung, nur thematisch wandelt er auf dünnem Eis. In Zeiten aufgeregter Sicherheitsdebatten mag sich zwar mancher eine nüchtern-liberale Stimme wünschen. Doch Lindner sollte wissen: Großzügige Steuerversprechen glaubt der FDP keiner mehr.