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Mit seinen Aussagen zur Krim-Annexion ist FDP-Chef Christian Lindner zu weit gegangen. Seine Bewertung ist aber kein Verbrechen, kommentiert Merkur-Redakteur Marcus Mäckler.
Zuletzt lobte ihn auch noch Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht mit dem Wörtchen „begrüßenswert“. FDP-Chef Christian Lindner, das ist klar, hat schwere Tage hinter sich. Er wolle Stimmen unter deutschen Putin-Verstehern fischen, schrieben Kommentatoren. Er hätte besser geschwiegen. Überhaupt sei er eine ganz kleine Nummer. In wenigen Tagen von der Lichtgestalt zur Schmähfigur: Schaurig, was passieren kann, wenn man die falschen Vorschläge macht.
Lindners Position, die Krim als „dauerhaftes Provisorium“ zu sehen, ist zweifelsohne ein Tabubruch. Aber mit Verlaub, er ist nicht Außenminister, sondern FDP-Chef. Als solcher darf er Denkräume ausloten, ohne gleich aufgeknüpft zu werden. Selbst wenn sie, wie diesmal, zu weit gehen. Natürlich kann es keine Debatte darüber geben, ob die Annexion der Krim rechtens war. Das war sie nicht. Und Russland muss spüren, dass die EU sie nicht hinnimmt. Aber es sollte darüber gesprochen werden, ob und wie sich der Westen und Moskau wieder annähern können. Die Sanktionen alleine werden Putin nicht in die Knie zwingen. Lindner hat diese Einsicht in einen Vorschlag übersetzt. Nicht mehr und nicht weniger.
Sicher wollte er auch provozieren. Zur Erinnerung: Es ist Wahlkampf. Aber Lindner ging es auch darum, eine festgefahrene Situation mit Blick auf diplomatische Ziele neu zu bewerten. Das ist kein Verbrechen, sondern Realpolitik.