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Vier für Berg

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Von: Sandra Sedlmaier

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Volles Haus in der Post: Rund 250 Bürger verfolgten die Diskussion der Kandidaten Rupert Steigenberger (BG, EUW, SPD), Robert Schmid (CSU), Elke Link (QUH) und Anke Sokolowski (FDP). © Andrea Jaksch

Alle vier Berger Bürgermeisterkandidaten auf dem Podium und in Diskussion miteinander: Das verfolgten rund 250 Berger Bürger. Die Kandidatenrunde des Starnberger Merkur und der Kolpingsfamilie Höhenrain zeigte:  So weit sind die Kandidaten nicht voneinander entfernt.

Aufkirchen – Der bevorstehende Wechsel im Berger Rathaus bewegt die Bürger. Das Interesse an der Podiumsdiskussion von Starnberger Merkur und Kolpingsfamilie Höhenrain mit den vier Bewerbern für das Bürgermeisteramt am Freitagabend war riesig: Schon eine halbe Stunde vor Beginn war der Saal in der Aufkirchner „Post“ beinahe überfüllt, rund 50 Interessierte fanden leider keinen Platz mehr.

Die etwa 250 Gäste, die einen Sitzplatz ergattert hatten, bekamen in zweieinhalb Stunden Diskussion einen Eindruck von den Kandidaten, der Werkzeugmacherin Anke Sokolowski (FDP), der Literaturübersetzerin Elke Link (QUH), dem Maler- und Lackierermeister Robert Schmid (CSU) und dem Architekten Rupert Steigenberger, der für Bürgergemeinschaft (BG), Wählergruppe EUW und SPD antritt. Der Redaktionsleiter des Starnberger Merkur, Peter Schiebel, führte durch den Abend.

Die Stimmung auf dem Podium war kooperativ und freundlich – dass die Kandidaten seit mindestens zwölf Jahren im Gemeinderat sachlich und gut zusammenarbeiten, war deutlich zu spüren. „Freuen wir uns auf eine spannende Wahl“, sagte der Vorsitzende der Kolpingsfamilie, Markus Pfeiffer. „Sie wird umso spannender, weil nach 20 Jahren Rupert Monn eine Ära zu Ende geht.“ Schon im Vorfeld der Diskussion hatten zahlreiche Bürger Fragen zu den verschiedenen Themenbereichen eingeschickt, die Peter Schiebel den Kandidaten vorlegte.

Wohnraum

Die Verdichtung des Innenbereichs und der gleichzeitig fehlende bezahlbare Wohnraum sind zwei drängende Probleme in Berg. FDP-Kandidatin Sokolowski forderte Einheimischenmodelle mit großen und kleinen Wohnungen, vorzugsweise in Erbpacht. Möglich sei dies auf dem Gelände des jetzigen Höhenrainer Feuerwehrhauses. QUH-Kandidatin Link möchte mit der Kirche reden, ob sie die zweite Hälfte des Kirchengrundstücks am Huberfeld neben dem geplanten neuen Rathaus zur Verfügung stellen würde. CSU-Kandidat Schmid denkt auch an das künftige alte Rathaus sowie an das gemeindliche Grundstück am Enzianweg in Aufhausen.

Steigenberger sprach sich ebenfalls für Genossenschaftswohnbau oder Einheimischenmodelle in Erbpacht aus. Er sieht weniger ein Wohnproblem in Berg, sondern ein Preisproblem: „Der Boden ist zu teuer.“ Erbengemeinschaften müssten meistbietend verkaufen, um Geschwister auszahlen oder die Erbschaftssteuer bezahlen zu können. Aktuelles Negativbeispiel ist ein Bauvorhaben am Sonnenweg. Dort entstehen auf 2100 Quadratmetern acht Doppelhaushälften, alter Baumbestand wurde gerodet (wir berichteten). „So wie das jetzt geplant ist, bekommt man nicht einmal einen Baum unter“, kritisierte Steigenberger und forderte: „Wir müssen die Innenbereiche stärker überplanen.“ An bestimmten Stellen müsse auch Geschosswohnungsbau möglich sein.

Das sah auch Link so. „Wären wir nicht besser dran mit Geschosswohnungsbau? Das bedeutet die Abkehr vom klassischen Einfamilienhaus.“ Applaus bekam Schmid für seine Forderung, eine Mindestgrundstücksgröße für bestimmte Häusertypen festzulegen.

Altes Rathaus

Wenn das neue Rathaus am Huberfeld steht – was frühestens 2022 der Fall sein dürfte –, ist das alte Rathaus frei für neue Planungen. Link stellt sich eine soziale Nutzung mit Kinderbetreuung und einem Raum für die Jugend vor, „die in der Gemeinde mehr schlecht als recht untergebracht ist“. Applaus dafür. Steigenberger warnte vor einem Jugendraum im Wohngebiet: „Das ist nicht immer ganz einfach.“ Er stellt sich dort Wohnbau und Kinderbetreuung vor. Schmid sieht sozialen Wohnungbau und Kinderbetreuung an Stelle des jetzigen Rathauses. Sokolowski will die Bürger nach ihren Wünschen fragen.

Neues Rathaus

Der Bau des neuen Rathauses am Huberfeld ist die größte Investition der Gemeinde in den kommenden Jahren, wie Zuhörer Roland Krieg treffend feststellte. Aktuell stehen knapp 15 Millionen Euro Kosten im Raum. Krieg wollte wissen, wie die Kandidaten etwaige Kostensteigerungen unter Kontrolle halten wollen. „Man muss sich disziplinieren“, sagte Steigenberger. Zusätzliche Wünsche produzierten Kosten. „Aber wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, etwa Nagelfluh im Boden trotz umfassender Untersuchungen, dann ist das Schicksal.“ Derzeit gebe es noch nicht mal eine verlässliche Kostenschätzung für das Projekt. Und in jedem Fall müsse es ein gutes Informationsmanagement geben, so Steigenberger.

Apropos Informationsmanagement: Alle Kandidaten wehrten sich gegen Vorwürfe, es sei zu wenig über das Projekt informiert worden. „Seit fünf, sechs Jahren reden wir darüber, in jeder Bürgerversammlung ging es darum“, sagte Schmid. „Im QUH-Blog haben wir exzessiv über das neue Rathaus berichtet, es gab keine Reaktionen“, sagte Link, die sich jedoch mehr Bürger-Infos seitens des Rathauses gewünscht hätte. „Ich stehe in der Verantwortung zu informieren, aber auch, dass ich mich informiere“, war Sokolowskis Ansatz.

Der Kritik von Peter Born, dass es im neuen Rathaus keinen Bürgersaal gebe, standen die Kandidaten einhellig entgegen. „Dafür ist das Grundstück zu klein und es würde richtig teuer“, sagte Link. „Im Erdgeschoss wird es immerhin flexible Wände geben.“ Schmid verwies auf das geplante MTV-Sportfunktionsgebäude unmittelbar daneben: „Das kann man mieten und auch das Vereinsheim in Aufkirchen.“ Steigenberger verwies darauf, dass es in anderen Ortsteilen ausreichend Versammlungsräume gebe.

Ökologie am Bau

Im Vorfeld und im Saal fragten Bürger nach den Gründen, warum die Gemeinde bei den Planungen fürs neue Rathaus nicht höchste ökologische Standards verlangt habe. Wie berichtet, hat sich dafür sogar eine Initiative gegründet, die am morgigen Dienstag ihre Forderung mit der Übergabe einer Unterschriftenliste im Gemeinderat untermauern möchte.

Steigenberger erinnerte an die Regeln bei Ausschreibungen: „Wenn ich reingehe mit der Forderung Goldstandard, dann hat der Architekt den Anspruch, das auch auszuführen.“ Luft nach oben sei immer möglich, aber von einer Maximalforderung komme man nicht mehr runter. Zudem enthalte der Kriterienkatalog der Gesellschaft für nachhaltiges Bauen auch Aspekte wie Barrierefreiheit. Oder ein Rauchverbot im Umfeld des Gebäudes, wie Link ergänzte. „Der Mindeststandard schließt nichts aus“, unterstrich sie, monierte aber, dass die Erarbeitung der Ausschreibungskriterien wenig transparent gewesen sei. Der Vorteil am gewählten VgV-Verfahren für das neue Rathaus sei, dass man nachverhandeln könne, sagte Steigenberger. „Da können wir noch Nachhaltigkeitsaspekte einarbeiten“, ergänzte Link. „Ein Platingebäude nutzt uns nichts, wenn wir uns verschulden müssen“, betonte Sokolowski. „Dann haben wir kein Geld mehr für anderes, die Sportvereine etwa.“

Transparenz

Mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz kündigten alle Kandidaten für die Zukunft an. Elke Links Traum ist „eine digitale Plattform, auf der sich Bürger einbringen und Vorschläge machen können“. Sokolowski will themenorientierte Gremien bilden und etwa die Jugendlichen konkret fragen, was sie brauchten. Steigenberger möchte eine Lokale Agenda einführen und nach dem Vorbild der STAgenda in Starnberg die Bürgerbeteiligung institutionalisieren. „Sowas fände ich super“, sagte er.

Klimaschutz

Dem Klimawandel begegnen – etwa durch weitere Windräder? Grundsätzlich im Landkreis ja, sagte Link auf eine Leserfrage. Steigenberger wäre dabei, wenn sich die Bürgerschaft dafür ausspräche. Link hatte weitere Vorschläge für den Klimaschutz, von der Förderung von Heizungspumpentausch angefangen bis zur Unterstützung beim Kauf von E-Bikes. Sokolowski schlug Patenschaften für Verkehrsinseln zum Schutz der Insekten vor. Steigenberger fand dagegen, dass sich die Bürger für den Insektenschutz an den Obst-, Gartenbau- und Bienenzuchtverein Aufkirchen (OGBV) wenden sollten. „Die Gemeinde wird nicht in den Privatgärten herumwirtschaften, das ist nicht unsere Aufgabe.“ Auch Schmid setzt auf die Eigenverantwortung der Bürger: „Jeder kann später mähen.“ Der OGBV stelle gerne den Balkenmäher zur Verfügung, wie dessen früherer Vorsitzender Ralf Maier anmerkte.

Verkehr

Dass sich die Lage für die Radfahrer verbessern muss, auch darüber herrschte Einigkeit auf dem Podium. Schmid war für weitere Radwege entlang der Straßen, und er forderte eine Tempo-30-Zone für Aufkirchen. Die sei schon genehmigt, berichtete Steigenberger. „Die Schilder werden demnächst angeschraubt.“ Die Radwegeverbindungen zwischen den Ortsteilen müssten besser werden, und sie könnten auch über Waldwege verlaufen, waren sich die Kandidaten einig.

Rathaus-Personal

Das Personal im Rathaus muss gepflegt werden. Denn der Wettbewerb sei groß, stellten alle Kandidaten fest. Schmid, seit 25 Jahren selbstständig, möchte dem Mitarbeiterschwund im Rathaus begegnen. Steigenberger, der schon Chef von bis zu 150 Menschen war, sieht die Lösung darin, sich intensiv mit dem Personal auseinanderzusetzen. Sokolowski weiß: „Gute Leute sind schwer zu kriegen.“ Link setzt auf ihre Teamfähigkeit und Erfahrung bei der Personalführung.

Ein letztes Statement

Zum Schluss war Selbsteinschätzung gefragt. „Was befähigt Sie, ein guter Bürgermeister oder eine gute Bürgermeisterin zu sein?“, fragte Moderator Schiebel. „Ich höre gut zu und treffe die Menschen auf Augenhöhe“, antwortete Steigenberger. „Ich denke nicht in Problemen, sondern in Lösungen und bringe Kompetenz im Bauwesen mit.“ Anke Sokolowski will sich für die Bürger einsetzen und keine Klientelpolitik betreiben. „Ich habe keinen Betrieb und kein Grundstück und bin nur dem Bürger und mir verpflichtet.“ Schmid möchte sich dafür einsetzen, „dass Berg Berg bleibt und die gute Arbeit und die Zusammenarbeit aller Gremien fortgesetz wird“. Elke Link pochte auf ihr mehr als 20-jähriges ehrenamtliches Engagement in der Gemeinde, auf ihre Fähigkeiten als Netzwerkerin und gute Zuhörerin. „Ich habe ein Ohr für innovative Ideen und für das eine oder andere Luftschloss – das ist auch wichtig.“

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