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Kommunalwahlen in Bayern im Zeichen der Corona-Krise: Die Stunde der Amtsinhaber

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Von: Mike Schier

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Es sind Wahlen im Ausnahmezustand: Wegen der Coronakrise werden die Wahlpartys gestrichen. Erster Eindruck: Die grüne Revolution muss warten, die CSU schneidet besser ab als gedacht.

MünchenKatharina Schulze hat es sich gemütlich gemacht. „Spezi, Gummibärchen, Kekse, zwei Bildschirme um parallel auf den Webseiten nachzuschauen – also perfekt ausgestattet!“, lässt die Grünen-Fraktionschefin im Landtag die Bayern via sozialer Netzwerke wissen und postet dazu ein Bild von sich auf der Couch. Ihr Amtskollege Ludwig Hartmann ist derweil in seine alte Heimat Landsberg gefahren, wo sein Bruder Moritz als Oberbürgermeister kandidiert hat. Die CSU-Spitze sitzt allein in der Landesleitung im Münchner Norden.

Kommunalwahlen in Bayern: Nichts ist normal an diesem seltsamen Wahlabend

Nichts ist normal an diesem seltsamen Wahlabend. Fast alle Partys wurden abgeblasen – man verfolgt die Ergebnisse im kleinen Kreis oder gleich ganz zuhause. Dafür glühen die Telefone. Nur die Wähler haben sich nicht vom Virus abschrecken lassen: Die Beteiligung ist meist höher als vor sechs Jahren.

Ansonsten ist ein Trend auch nach den ersten Bürgermeister- und Landratsergebnissen vom späten Abend schwer zu fassen, zumal die Auszählung der Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte aufgrund des komplizierten Wahlrechts teilweise noch eine Weile dauert.

Ein Trend aber ist: Fast überall, wo die Amtsinhaber antraten, schnitten sie stark ab – auch wenn einige in die Stichwahl müssen. Ein anderer: Die CSU schlug sich in den großen Städten besser als erwartet. Die Grünen dagegen taten sich in vielen größeren Städten erstaunlich schwer: In Nürnberg, Augsburg oder im skandalgebeutelten Regensburg trug der Hype ums Klima nicht allzu weit.

Kommunalwahl Bayern: CSU-Generalsekretär Markus Blume mit Seitenhieb gegen die Grünen

CSU-General Markus Blume kann sich den Seitenhieb am Abend nicht verkneifen: „Die grüne Welle ist gebrochen, gerade auch in den Städten.“ In Augsburg vorn, in Nürnberg auf Augenhöhe in der Stichwahl, in München gerade so. Blume preist die „starken Kandidaten vor Ort“ und natürlich den „engagierten Wahlkampf von Markus Söder“, der quer durch Bayern gereist sei.

Vielleicht war es aber auch einfach das Krisenmanagement des Ministerpräsidenten in der Corona-Krise, das auch den CSU-Kandidaten vor Ort ein wenig Rückenwind bescherte. „Mehr Licht als Schatten“, findet Oberbayerns CSU-Chefin Ilse Aigner. Licht: Die Landratswahlen in Miesbach und Starnberg. Finsterer Schatten: Freising. Auch Erding wackelt für die CSU. Die nächsten beiden Wochen würden aber sehr schwierig, weil man bis zur Stichwahl keinen Straßen- und Haustürwahlkampf machen könne. Die Tageszeitung und Social Media würden jetzt wichtig.

Am Abend schwirren Gerüchte durch die CSU, die Stichwahl müsse um mindestens eine Woche verschoben werden, wenn die Briefwahlunterlagen wirklich an jeden Haushalt verschickt werden müssen. Offiziell gibt es dafür aber keine Bestätigung.

Kommunalwahl in Bayern: Die Grünen sind in den Großstädten eher enttäuscht

So oder so. Die Grünen werden in den nächsten Tagen einiges zu besprechen haben. Ludwig Hartmanns private Wahlparty in Landsberg fällt aufgrund des überschaubaren Ergebnisses des Bruders bescheiden aus. Man freut sich über den jungen Jonas Glüsenkamp, der in Bamberg in der Stichwahl steht, und Ex-Landeschefin Sigi Hagl, die in Landshut den Amtsinhaber in die zweite Runde zwang.

Doch das eher enttäuschende Abschneiden in den anderen Städten treibt den strategisch denkenden Fraktionsvorsitzenden um. „Wenn wir künftig auf Sieg spielen wollen, müssen wir die Personen früher in Positionen bringen“, sagt er. Als Beispiel nimmt er Katrin Habenschaden in München, der er einen „bombigen Wahlkampf“ attestiert. „Ich hatte das Gefühl, dass es reichen könnte“, sagt Hartmann.

Das Stadtratsergebnis dürfte großartig werden. Am Ende sei der Weg mit einer anfangs unbekannten Kandidatin zu weit gewesen. „Tatsache ist, dass Katrin Habenschaden gestärkt aus der Wahl hervorgeht und in sechs Jahren eine ganz andere Startposition hat.“

Kommunalwahlen Bayern: Amtsinhaber siegen auffallend oft

Ansonsten siegen gestern auffallend oft die Amtsinhaber. In Straubing bekommt OB Markus Pannermayr (CSU) satte 73,25 Prozent. In Würzburg darf Christian Schuchardt weitermachen – ein CDU-Mann! Und auch Fürths OB Thomas Jung gewinnt klar.

Nach zuletzt vielen ganz schlimmen Wahlabenden sind es die Oberbürgermeister, die den gebeutelten Genossen gestern wieder Hoffnung geben. Neben Reiter und Jung auch Jürgen Dupper in Passau oder Florian Hartmann in Dachau. „Ich hatte schon ein ganz gutes Gefühl“, sagt Natascha Kohnen. Die Landesvorsitzende war in den letzten Tagen viel unterwegs. „Das sind sehr eigenständige Wahlen, wo vor allem Kandidaten und Themen vor Ort die entscheidende Rolle spielen.“ Wer mag, kann sich noch hinzudenken, dass Berlin und das Willy-Brandt-Haus von Passau oder Fürth weit weg sind.

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