Steuergelder versenkt? Sonderbarer Kampfjet-Deal wirft schlechtes Licht auf Lambrecht-Ministerium
Hat das Verteidigungsministerium geschlafen? Aufgrund des F-35-Deals für die Bundeswehr verschärft sich die Kritik. Es nährt sich der Verdacht auf Verschwendung von Steuergeldern.
Berlin/Bern - Infolge des Ukraine-Kriegs wird in zahlreichen Staaten der Erde eine massive Aufrüstung vorangetrieben. Hersteller von Waffensystemen und schwerem Gerät notieren angesichts der Eskalation zwischen Russland und dem Westen florierende Einnahmen.
Auch in Deutschland hat die Bedeutung von militärischer Streitkraft in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen: Zehn Milliarden Euro wird der Steuerzahler alleine für das Komplettpaket von 35 F-35-Kampfjets aufbringen, inklusive Anschaffung, Service, Wartung und späteren Upgrades.
F-35 für die Bundeswehr: Kampfjets kosten Staatshaushalt 286 Mio. Euro - pro Stück
Kostentechnisch mag das für Laien schwer einzuordnen sein, ein Stückpreis von etwa 286 Millionen Euro für den innovativen Tarnkappenjet der neuesten Generation zeigt jedoch, dass es sich um kein Schnäppchen handelt. Die Bundeswehr will mit der kostenträchtigen Neuanschaffung die alternde Tornado-Flotte ersetzen. Im Ernstfall kann der offenbar mängelbehaftete F-35 von US-Hersteller Lockheed-Martin sogar Atombomben transportieren („nukleare Teilhabe“).
Das Projekt gilt als wegweisend, um den Verpflichtungen innerhalb der Nato nachzukommen, bereits unter US-Präsident Donald Trump wurde die Bundesrepublik von den USA aufgefordert, den hierfür vorgesehenen Etat nach oben zu schrauben. Jedoch ist der Mega-Deal in Deutschland umstritten, aufgrund diverser Probleme erntete Verteidigungsministerin Christine Lambrecht zuletzt Kritik.
Nun fällt neuerlich ein schlechtes Licht auf den Deal: Zahlen aus der Schweiz erzeugen den Verdacht, dass sich das Verteidigungsministerium von den USA über den Tisch hat ziehen lassen: Denn auch Deutschlands westlicher Nachbar kauft von den Vereinigten Staaten F-35-Kampfjets - und zwar für deutlich weniger Geld.
Verteidigungsministerium: Hat sich Deutschland über den Tisch ziehen lassen?
Denn die Verantwortlichen am Schweizer Regierungssitz in Bern kauften ein nahezu identisches Paket bei den USA ein, jedoch offenbar zu deutlich günstigeren Konditionen: Für 36 Maschinen bezahlt die Schweiz rund sechs Milliarden Franken, was umgerechnet pro F-35 einen Betrag von „nur“ 167 Millionen Euro bedeutet.

Dabei sollte es eigentlich nicht schwer sein, den Anbieter auf einen ursprünglich beschlossenen Preis „festzunageln“. Dazu schreibt die Schweizer Zeitung Blick, dass das Schweizer Verteidigungsministerium bei der US-Botschaft darauf beharren würde, dass die vereinbarten Kosten eingehalten werden – das wurde daraufhin offenbar seitens des Verkäufers bestätigt. In Deutschland hingegen stiegen die ursprünglich veranschlagten Kosten zuletzt deutlich, aufgrund angepasster Wechselkurse sowie der allgemeinen Inflation.
Es nährt sich also der Verdacht, dass Verantwortungsträger in Berlin einmal mehr das Geld deutscher Steuerzahler freimütig zum Fenster hinausbefördern, statt annähernd verantwortungsvoll mit dem Staatshaushalt umzugehen. Doch wie ist das möglich und wer hat geschlafen? War man bereit, jeden Preis zu bezahlen, nur um einen „Erfolg“ in Sachen Aufrüstung prominent verkaufen zu können, im Schatten der angespannten geopolitischen Lage?
Bundesregierung und Verteidigungsministerin Lambrecht: Experte mit scharfer Kritik
Zweifellos nimmt das Bundesministerium der Verteidigung bei der Anschaffung der teuren F-35-Kampfjets für die Bundeswehr eine Schlüsselrolle ein, insbesondere Ressortleiterin Christine Lambrecht (57/SPD). Joachim Weber, Experte für Sicherheitspolitik an der Universität Bonn stellt gegenüber Focus Online die Frage, „ob noch alle Akteure im politischen Berlin in der Lage sind, der ihnen anvertrauten Verantwortung gerecht zu werden?“
Während die Schweizer Viola Amherd und das zuständige Verteidigungsministerium mit den USA offenbar geschickt verhandelt haben, ließ sich die Bundesrepublik von den Vereinigten Staaten allem Anschein nach über den Tisch ziehen. „Klar ist, dass mit dem Ukraine-Krieg die Nachfrage nach Rüstungsgütern markant gestiegen ist – und damit auch die Preise“, führt der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats gegenüber dem Portal jedoch aus.

F-35-Jets für die Bundeswehr: Wenig bis gar keinen Einblick in Technologie der Kampfjets
In der Schweiz selbst gibt es bezüglich des eklatanten Preisunterschiedes zwischen Deutschland und der Schweiz beim Kauf der F-35-Kampfjets jedoch auch relativierende Einschätzungen: Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf von der sozialdemokratischen SP erklärt, sie könne sich kaum vorstellen, dass die USA ausgerechnet Deutschland als „engstem Verbündeten“ ein wesentlich schlechteres Angebot machen würden. „Die deutsche Politik würde durchdrehen und das zurecht“, lässt sie gegenüber Blick.ch wissen. Laut ihr würde die Schweiz ihre F-35-Jets weitestgehend ohne Bewaffnung kaufen, die dann aber später noch zusätzlich in Rechnung gestellt werden.
Allerdings geht die Rechnung weiter: Focus Online wiederum schildert, dass das deutsche Verteidigungsministerium im Gegensatz zur Schweiz auf „Kompensationsaufträge“ verzichtet habe, die anhand von Gegenaufträgen langfristig auch der eigenen Industrie zugutekommen. Und das war es leider noch nicht: Ein weiterer großer Kritikpunkt besteht darin, dass die Wartung und Upgrades der Kampfflugzeuge ausschließlich durch amerikanische Rüstungskonzerne übernommen wird – und die Bundeswehr so wenig bis gar keinen Einblick in die innovative Technologie der F-35-Jets erhalten würde. Außerdem würden laut Heise.de „faktisch alle“ Einsatz-Informationen an die USA weitergeleitet, was die deutsche Luftwaffe gläsern gegenüber dem Verbündeten aus Übersee mache.
So bliebe man auf viele Jahre total abhängig von den USA, obwohl das Verhältnis aufgrund der Entwicklungen im Jahr 2022 und dem abgekühlten wirtschaftlichen Verhältnis nicht mehr unter einem guten Stern steht. (PF)