„Kühnert soll die Partei führen“- SPD-Fraktionschef Horst Arnold fordert Nahles‘ Ablösung

Es war ein schwerer Start: Drei Wahlgänge brauchte die Landtags-SPD, ehe sie sich auf Horst Arnold als neuen Fraktionschef verständigte. Doch nun legt Arnold furios los – und fordert einen Wechsel an der SPD-Spitze.
München – Erster Tag im Büro. Horst Arnold hat noch gar keine Zeit gehabt, sich richtig umzusehen. Die Regale sind leer, der Schreibtisch auch, nur ein Blumenstrauß steht darauf. In der Ecke ein paar Fahnen: Bayern, Deutschland, Europa. Die Mitarbeiter haben noch eine fränkische besorgt. Für den Mittelfranken Arnold, der nun als Nachfolger von Markus Rinderspacher die Überreste der einst stolzen SPD-Fraktion führen soll. 22 Abgeordnete sind noch übrig. Halb so viele wie in der letzten Legislatur. Die Stimmung ist entsprechend.
Horst Arnold ist ein anderer Typ als sein Vorgänger
Arnold ist ein anderer Typ als sein Vorgänger. Rinderspacher, der nun wohl Vize-Präsident des Landtags werden wird, kam vom Fernsehen. Ein Profi im Verkaufen. Seine Attacken auf die CSU formulierte er pointiert und druckreif. Arnold ist vor allem Sozialdemokrat. Seit 40 Jahren. Er kennt die Seele der Partei. Weiß, was ihr gut tut. Ob er das auch nach außen verkaufen kann, wird sich noch zeigen.
Zum Auftakt setzt er aber gleich einen ordentlichen Aufschlag. Im Gespräch mit dem Münchner Merkur fordert Arnold einen Wechsel an der Spitze der Bundespartei. „Ich war schon immer der Meinung, dass man die Ämter der Partei- und der Fraktionsvorsitzenden trennen sollte“, sagt der 56-Jährige. Der Fraktionschef sei in einer Regierung die drittwichtigste Person. Er müsse immer Kompromisse eingehen. „Die Parteibasis ist aber wenig amüsiert, ständig diese Kompromisse verkaufen zu müssen.“ Der Parteichef sollte deshalb die Freiheit haben, hundertprozentig SPD-Positionen zu vertreten. Nahles, so findet Arnold, solle aber weiter die Fraktion führen.
Arnold einen klaren Favoriten: Kevin Kühnert
Für den Vorsitz hat Arnold einen klaren Favoriten: Kevin Kühnert. „Er kann Konflikte austragen ohne zu verletzen – und hat ausgewogene Kritik an der Groko geäußert. Er hat gezeigt, dass er das Format hat. Ein solcher Schritt wäre ein echtes Zeichen.“
Das ist mal ein schwungvoller Start ins Amt. Umso schwungvoller, wenn man bedenkt, wie mühsam der Anfang war. Stundenlang quälten sich die Abgeordneten vergangene Woche, bis sie Arnold ins Amt brachten. Zwei Mal gab es einen Patt mit seinem Mitbewerber Florian von Brunn. Der kandidierte dann als Stellvertreter. Wieder gab es ein Patt. Im zweiten Anlauf fiel von Brunn auch als Stellvertreter durch. Bei der anschließenden Pressekonferenz konnte sich plötzlich keiner mehr an all die Patts erinnern.
Arnold windet sich, wenn man ihn darauf anspricht. „Das war ein Zeichen echter Demokratie“, findet er. „Was man danach nach außen kommuniziert, muss eben abgewogen werden.“ Kommunizieren muss der 56-Jährie aus Fürth, der früher Staatsanwalt und Richter war, vor allem nach Innen. Von Brunn will er unbedingt einbinden. Er braucht den forschen Münchner Abgeordneten – denn frisches Blut von außen hat die SPD durch das Wahldebakel von 9,7 Prozent kaum bekommen. „Wir werden mit nur noch 22 Mann sicher weniger hierarchisch arbeiten“, sagt Arnold.

Was wird aus Natascha Kohnen?
Zunächst muss er aber mit moderieren, wie sich die Partei aufstellt. Zur Landesvorsitzenden Natascha Kohnen hat er ein gutes Verhältnis. Sie soll im Amt bleiben. „Sie ist eine Sympathieträgerin, die aus gemachten Fehlern lernen wird.“ Und dann zieht er einen historischen Vergleich: „Christian Wulff hat in Niedersachsen mehrfach gegen Gerhard Schröder verloren – am Ende wurde er sogar Bundespräsident.“
Vielleicht kann dieser Horst Arnold ja doch ähnlich pointiert formulieren wie Markus Rinderspacher.
Mike Schier