Lambrecht-Nachfolge: Der nächste Schuss muss sitzen

SPD-Verteidigungsministerin Lambrecht plant ihren Rücktritt. Für ihre Nachfolge sollte Kanzler Scholz nicht einfach auf die üblichen Mechanismen setzen, kommentiert Sebastian Horsch.
München - Christine Lambrecht sieht sogar bei ihrer starken Entscheidung schwach aus. Dafür, dass sie offenbar erkannt hat, dass es mit ihr an der Spitze des Verteidigungsministeriums nicht mehr weitergeht, gebührt der SPD-Politikerin Respekt. Doch ihr Entschluss wurde durchgestochen, noch bevor sie ihn selbst verkünden konnte. Und so sieht Lambrecht nun als politisch Untote zu, wie noch vor ihrem Rücktritt ihre Nachfolge ausgehandelt wird.
Eva Högl, die Wehrbeauftragte von der SPD, hat sich am Wochenende gleich mal mit der Forderung nach noch viel mehr Geld für die Bundeswehr in Stellung gebracht. SPD-Chef und Offizierssohn Lars Klingbeil wird gehandelt, genauso wie Olaf Scholz‘ verlässlichste Männer im Kabinett: Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt und Sozialminister (und Wehrdienstverweigerer) Hubertus Heil.
Lambrecht als Verteidigungsministerin: Folge eins überpolitisierten Politikbetriebs
Doch Scholz täte gut daran, nun nicht einfach den ersten Impulsen für eine Neubesetzung zu folgen. Denn schon, dass Lambrecht überhaupt Ministerin geworden ist, war die Folge eines überpolitisierten Politikbetriebs. Partei, Parteiflügel, Geschlecht, Loyalitäten und Umfragewerte des Kandidaten sowie das politische Kalkül des Kanzlers oder der Parteiführung entscheiden heute in erster Linie darüber, wer ein Ministeramt bekommt – wenn er oder sie sich dann auch noch mit dem Thema auskennt, um so besser. Das geht so nicht mehr.
In Zeiten, in denen sich plötzlich alle wieder vorstellen können, dass die Bundeswehr tatsächlich zur Verteidigung des Landes gebraucht werden könnte, und nicht nur zum Sandsäcke-Schleppen, kann sich Olaf Scholz keinen neuen Problemfall auf dem Ministerposten mehr leisten, der ohnehin als Schleudersitz gilt. Oder um im Bild zu bleiben: Der nächste Schuss muss sitzen.