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Frauen haben im Landtag nicht viel zu sagen - und nach der Wahl wird das noch schlimmer

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Von: Mike Schier

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Jammern hilft nichts: Barabara Stamm fordert Frauen zu mehr Engagement auf.
Jammern hilft nichts: Barabara Stamm fordert Frauen zu mehr Engagement auf. © dpa

Dass Frauen deutlich in der Minderheit sind, ist im Bayerischen Landtag eindeutig. In der jetzt endenden Legislaturperiode war das so. Nach der Wahl wird das nicht besser - im Gegenteil.

München – Die Sonntagsreden klingen immer gut. Doch die Realität sieht anders aus: Schon im alten Landtag waren Frauen unterrepräsentiert, im neuen wird die Quote weiter sinken – auf etwa ein Viertel. Auch für die Präsidentin wird es eng.

Barbara Stamm kann sehr emotional sein. Am Mittwochmorgen will die Präsidentin des Landtags eigentlich ganz geschäftsmäßig bleiben. Doch ihr persönliches Schicksal begleitet die 73-Jährige vier Tage vor der Landtagswahl auch in den Münchner Presseclub. Stamm, vor 42 Jahren als Nachrückerin ins Parlament eingezogen, kandidiert zwar noch einmal: auf Platz 1 der Liste in Unterfranken. Doch angesichts der schlechten Umfragewerte ist es äußerst unwahrscheinlich, dass die Präsidentin dem nächsten Parlament wieder angehört. „Es wird eine Umstellung in meinem Leben geben“, sagt Stamm tapfer.

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Ja, die Wahl am Sonntag wird die politische Landschaft im Freistaat durcheinander wirbeln. Und wenn sich der Rauch über persönliche Schicksale, Machtkämpfe und Koalitionsverhandlungen gelegt hat, dürfte ein anderes Problem thematisiert werden: Das neue Parlament wird ein Männerclub. Bereits jetzt sind Frauen mit etwa 28 Prozent im Maximilianeum unterrepräsentiert – und alles deutet darauf hin, dass ihr Anteil weiter sinkt. Allen Sonntagsreden zum Trotz.

In anderen Parteien ist das Verhältnis noch schlechter als in der CSU

Das liegt auch, aber keineswegs nur an der CSU: Nur 20 der 91 Direktkandidaten der Christsozialen sind Frauen. Das Verhältnis war schon immer einseitig, oft aber durch Listenkandidatinnen etwas abgefedert. Diesmal aber dürfte bei einem schwachen CSU-Ergebnis kaum ein CSUler über die Liste in den Landtag einziehen. Stimmenkönigin Stamm wäre das prominenteste Opfer. In Oberbayern dürfte es Wissenschaftsministerin Marion Kiechle treffen. „Ich war ja immer gegen die Quote“, sagt Stamm, „aber heute bin ich völlig anderer Meinung“.

In anderen Parteien ist die Situation noch schlechter. Die AfD könnte im neuen Landtag mit nur einer einzigen Frau vertreten sein: Landesvize Katrin Ebner-Steiner. Auf der Oberbayern-Liste findet sich nur eine Kandidatin auf den ersten zehn Plätzen. Bei Freien Wählern und FDP sieht es nur etwas besser aus: Drei Frauen kandidieren unter den ersten zehn.

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Katharina Schulze sieht in der Entwicklung „ein echtes Demokratieproblem für Bayern“. Die Hälfte der Gesellschaft sei nicht ausreichend im Parlament vertreten, moniert die Grünen-Spitzenkandidatin, die im Wahlkampf sehr stark die Frauenkarte spielt. SPD und Grüne haben beide eine Quote bei der Listenaufstellung: Im Reißverschlussverfahren wird sie mit Männern und Frauen besetzt. 2013 zogen bei den Grünen deshalb exakt so viele Frauen wie Männer ein – durch den Wechsel von Margarete Bause in den Bundestag und den Austritt von Claudia Stamm sank der Anteil auf 41 Prozent.

Notiz am Rande: Da die neu gegründete „Mut“-Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern dürfte, könnten sowohl Mutter als auch Tochter Stamm aus dem Maximilianeum fallen.

Aktuell stellt die SPD mit 45 Prozent den höchsten Anteil an Frauen. „Der Landtag soll die Bevölkerung repräsentieren“, findet Spitzenkandidatin Natascha Kohnen. Demnach müsste der Frauenanteil bei 50 Prozent liegen. Die SPD werde diesem Anspruch gerecht. „Damit das in Zukunft für alle gilt, wollen wir die Parität im Wahlrecht festschreiben“, sagt Kohnen.

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Auch die Grünen wollen einen entsprechenden Vorstoß unternehmen. Schulze schwebt eine 50-Prozent-Mindestquote für Frauen auf Wahllisten vor. „Das wäre schon mal ein starkes Zeichen mit Symbolkraft, wenn es auch durch das bayerische Wahlsystem nicht automatisch dazu führen würde, ein 50:50-Verhältnis im Landtag herzustellen“, sagt Schulze.

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Womit man wieder bei der CSU wäre: Die wird auch 2018 mit Abstand die meisten direkt gewählte Abgeordnete stellen, aber nur 22 Prozent der Kandidaten sind weiblich. Jeder einzelne Kandidat wird im Stimmkreis von der Basis aufgestellt – von oben verordnete Quoten helfen da nicht viel. Barbara Stamm reagiert bei diesem Thema inzwischen ein wenig gereizt: „Wann kapieren es denn die Frauen?“, fragt sie. Es müssten sich eben mehr Frauen vor Ort in den Parteien engagieren. „Es nutzt uns nichts, wenn wir immer nur jammern und wehklagen.“

Stamm selbst war immer eine Kämpferin. Zu einem Direktmandat in Unterfranken hat ihr das allerdings auch nach 42 Jahren Parlament nicht verholfen.

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