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Experte attestiert CSU „Hybris“ - und hält eine „Bayern-GroKo“ für denkbar

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Steht der CSU eine heikle Landtagswahl im Freistaat bevor? Horst Seehofer und Markus Söder.
Steht der CSU eine heikle Landtagswahl im Freistaat bevor? Horst Seehofer und Markus Söder. © dpa / Peter Kneffel

Die CSU liegt bei nur noch 33 Prozent. Wir sprachen mit dem Politikwissenschaftler und CSU-Experten Heinrich Oberreuter über die Lage vor der anstehenden bayerischen Landtagswahl.

Was kann die CSU in den letzten Tagen vor der Wahl tun, um nicht noch tiefer zu stürzen?

Prof. Heinrich Oberreuter: Ich wüsste nicht, womit man noch reagieren könnte. Vielleicht müsste die programmatisch angekündigte bayerische Weltraumfahrt am nächsten Mittwoch mit einer Mondlandung starten. Es gibt weder normale noch unnormale dramatische positive Ereignisse, die man noch inszenieren kann.

Die CSU setzt auf die vielen, die noch unentschlossen sind...

Oberreuter: Darauf zu setzen, war schon immer falsch. Denn die verhalten sich ähnlich wie die Entschlossenen.

Die neueste Botschaft an die Wähler lautet, dass er nur mit einer starken CSU ein starkes, stabiles Bayern gibt.

Oberreuter: Diese Botschaft ist eine völlig unangemessene Reaktion. Die Demokratie in Bayern ist nicht gefährdet, wenn die CSU nicht allein regieren kann, die Stabilität in Bayern ist nicht gefährdet, wenn es eine Koalition braucht.

Prof. Heinrich Oberreuter spricht über die Aussichten der CSU
Prof. Heinrich Oberreuter spricht über die Aussichten der CSU. © picture alliance / dpa / Andreas Gebert

Das meinen aber Minsterpräsident Markus Söder und Generalsekretär Markus Blume.

Oberreuter: Beide müssen aufpassen, dass sie die Situation der CSU nicht noch mehr verschlechtern. Denn alles, was sie an zugespitzen Gefährdungspotentialen benennen, beruht im Grunde auf der Hybris, dass das Wohl des Freisstaats Bayern mit dem Wohl der CSU identisch ist. Die Position sollte man in einer pluralistischen Demokratie besser nicht einnehmen, wenn man es mit der Demokratie ernst meint.

In Bayern muss fristgerecht spätestens vier Wochen nach der Wahl eine Regierung gebildet sein. Ist das bei sechs oder gar sieben Parteien im Landtag machbar?

Oberreuter: Das ist eine Frage nach der Einsichtsfähigkeit der politischen Akteure und ob sie verantwortlich mit der Situation umgehen. Eine CSU, die an einer Kabinettsbildung scheitern würde, würde bei einer Neuwahl erst recht abgestraft. Und alle anderen würden mitabgestraft.

Bis auf die AfD...

Oberreuter: Ich sah neulich den Gauland im TV, als er sagte: Die sollen nur so weiter machen. Das treibt uns die Wähler zu.

Süddeutsche schwarz-grüne Regierungsschiene? Das sagt Prof. Oberreuter

Wagen Sie eine Prognose, wer Bayern künftig gegieren wird?

Oberreuter: Das wahrscheinlichste ist eine Koalition mit den Freien Wählern, und der FDP, wenn sie reinkommt.

Schwarz-Grün?

Oberreuter: Abenteuerlich. Wäre aber insofern interessant, weil wir dann mit Hessen und Baden-Württemberg eine süddeutsche schwarz-grüne Regierungsschiene hätten. Das würde aber beiden Beteiligten eine sehr pragmatische Postion abfordern. Beide müssten dann wohl auch Kernpositionen vorübergehend zurückstellen. Mit Schwarz-Rot rechnet man in Bayern nicht, aber manchmal tritt genau das ein, womit man nicht rechnet. Für die CSU wäre sie vielleicht sogar weniger herausfordernd als schwarz-grün, auch weil die SPD dem rückwärtsgewandten Parteityp näher steht.

GroKo in Bayern? Ein Alptraum für viele Wähler?

Oberreuter: Eine Wahl ist kein Wunschkonzert. Wenn man ehrlich ist, kann man eigentlich gar nichts prognostizieren – außer, dass die Lage der CSU schwierig und in ihrem Selbstverständnis geradezu unerträglich ist.

Der designierte Sündenbock für ein Wahldebakel steht offensichtlich schon fest: Parteichef Horst Seehofer.

Oberreuter: Das sieht man ja. Mit zu dieser merkwürdigen Diskussion, die keinen Wähler gewinnt, gehört ja, dass man acht Tage vor der Wahl den Eindruck hat, dass das wichtigste, was die CSU umtreibt, die Schuldzuweisung ist. Ich bin mir fast sicher, dass sich Seehofer das nicht kampflos gefallen lässt. Und damit steht die Partei vor der nächsten Herausforderung – womöglich zeitgleich vor einer dann möglicherweise anstehenden Neuwahl. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was dann passiert. Aber im Moment scheint alles möglich. 

Die Briefwahl ist vor der Landtagswahl 2018 in Bayern sehr beliebt. Wir klären, wie man per Brief wählt und warum sich ein neuer Rekord andeutet.

Wolfgang de Ponte

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