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Landtagswahlen Bayern: Wieso wissen so viele noch nicht, wen sie wählen?

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Von: Christopher Meltzer

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Am 14. Oktober wählt Bayern.
Am 14. Oktober wählt Bayern. © Tobias Hase/Dpa

Viele Wähler wissen auch zwei Wochen vor den Landtagswahlen in Bayern noch nicht, welche Partei sie wählen wollen. Ein Politikwissenschaftler erklärt den Grund dafür.

München – Bei Bundestagswahlen ist die Zahl der Menschen, die bis kurz vor der Wahl unentschlossen waren, in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen. Wie aus einer Auswertung des Allensbach-Instituts hervorgeht, wusste 1998 lediglich rund ein Viertel der Wähler kurz vor dem anberaumten Wahltermin noch nicht, wem sie ihre Stimme geben würden – 74 Prozent waren sich sicher. 

Im Jahr 2005 lag die Zahl der Unentschlossenen schon bei 34 Prozent, im Jahr 2013 waren es 36 Prozent. Den langjährigen Höchststand lieferte dann der Bundestagswahlkampf vor gut einem Jahr – als sich wenige Wochen vor der Stimmabgabe 47 Prozent der Wähler noch nicht entschieden hatten. Mit Blick auf die vielen unentschlossenen Wähler in Bayern ist allerdings ein anderer Vergleich ebenso wichtig. 

Im Freistaat lag die Zahl der kurzfristig entscheidenden Menschen schon zuletzt besonders hoch – 2013 waren es laut Forschungsgruppe Wahlen kurz vor dem Wahltermin 46 Prozent, 2008 sogar 49 Prozent. Wohl auch deshalb betont Ministerpräsident Markus Söder seit Wochen, dass noch nichts entschieden sei. Die jüngsten Zahlen dürften ihm freilich dennoch nicht gefallen. Laut einer vergangene Woche vom Institut GMS veröffentlichten Umfrage käme die CSU bei der Landtagswahl auf 35 Prozent – gefolgt von den Grünen (16), der SPD (13), der AfD (12), den Freien Wählern (10), der FDP (5) und der Linkspartei (4). Umfragen und Erhebungen anderer Institute haben in den Wochen davor ein ähnliches Stimmungsbild ergeben.

Lesen Sie auch: Landtagswahl 2018 in Bayern: Die wichtigsten Fakten im Überblick.

Landtagswahl Bayern 2018: Warum sind so viele Wähler noch unentschlossen?

Im Interview erklärt Politikwissenschaftler Jörg Siegmund von der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, warum es vor der bayerischen Landtagswahl so viele unentschlossene Wähler gibt – und warum zur neuen Legislatur deutlich mehr Parteien als früher in den Landtag einziehen könnten.

Zuletzt wussten 45 Prozent der Wähler noch nicht, wem sie bei der Landtagswahl am 14. Oktober ihre Stimme geben. Warum so viele?

Siegmund: Generell entscheiden sich die Wahlberechtigten immer später, ob sie wählen gehen – und wem sie gegebenenfalls ihre Stimme geben. Wählen wird nicht mehr so wie früher als Bürgerpflicht empfunden. Und die Bindungen der Menschen an die Parteien haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich gelockert. Zudem gibt es heute mehr Parteien, die Aussicht auf Einzug in den Landtag haben – das macht die Entscheidung für den Wähler vielleicht auch schwerer.

Warum verteilen sich die Stimmen auf mehr Parteien als früher?

Siegmund: Unsere Gesellschaft ist bunter geworden. Die Menschen haben daher vielfältigere Interessen als früher, und ihre Erwartungen an die Parteien und die Politik insgesamt unterscheiden sich beträchtlich. Diese gesellschaftliche Vielfalt spiegelt sich in unserem Parteiensystem wider, das ebenfalls bunter geworden ist.

Kann man diese steigende Vielfalt denn auf eine bestimmte gesellschaftliche Entwicklung zurückführen?

Siegmund: Hinter dieser Entwicklung stecken verschiedene Phänomene – etwa der nachlassende Einfluss der Religion oder die Veränderungen in der Arbeitswelt, die sich auf die soziale Schichtung und Mobilität auswirken. Individualisierung und Wertewandel sind weitere Stichworte, die den Trend zu gesellschaftlicher Vielfalt umschreiben.

Gibt es die klassischen Stammwähler nicht mehr?

Siegmund: Doch, den Stammwähler und die Stammwählerin gibt es immer noch. Nur ist ihr Anteil an der gesamten Wählerschaft eben deutlich geschrumpft.

Wie wirkt sich die Unentschlossenheit vieler Wähler denn auf die Parteien aus?

Siegmund: Es fällt Parteien schwerer, ein Wahlprogramm zu formulieren, mit dem sie neue Wähler gewinnen können, ohne Stammwähler zu verprellen. Und die Parteien müssen angesichts der Unentschlossenheit bis zuletzt um jede Wählerstimme kämpfen.

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