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Landtagswahl in Niedersachsen: Das ist die Spitzenkandidatin der Grünen

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Die Grünen wählten Anja Piel in Göttingen (Niedersachsen) zur Spitzenkandidatin. © dpa

Die auserkorene Spitzenkandidatin verlor keine Zeit mit gefühlsbetonten Reden - sondern verkündete den neuen, harten Kurs der Grünen: „Die Zeit zum Jammern ist vorbei“.

Göttingen - Landtagsfraktionschefin Anja Piel wird Niedersachsens Grüne als Spitzenkandidatin in die Landtagswahl führen. Auf einem Parteitag in Göttingen wählten die Delegierten Piel am Freitag mit 162 von 172 Stimmen auf Platz eins. 

O-Ton Piel: „Es ist Zeit, für grüne Werte zu kämpfen.“

Die 51-Jährige appellierte an ihre Partei, nach dem Wechsel der Abgeordneten Elke Twesten zur CDU einen Schlussstrich zu ziehen. „Die Zeit zum Jammern ist vorbei. Es ist Zeit, den Rücken gerade zu machen und für grüne Werte zu kämpfen.“ Twestens Wechsel hatte das rot-grüne Regierungsbündnis von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) um seine Ein-Stimmen-Mehrheit gebracht. Nun soll am 15. Oktober ein neuer Landtag gewählt werden. Die gelernte Industriekauffrau Piel hatte die Grünen-Landesliste bereits bei der Wahl 2013 angeführt.

Nach dem peinlichen Wechsel der grünen Landtagsabgeordneten Elke Twesten zur CDU schlug Umweltminister Stefan Wenzel beim Parteitag in Göttingen nun in die gleiche Kerbe - Frustration wollte er nicht aufkommen lassen.

„Einige werden sich noch wundern. Solche intriganten Manöver dürfen keinen Erfolg haben“, sagt er mit Blick auf die CDU, der viele aus dem rot-grünen Lager vorwerfen, Twesten mit Lockangeboten zum Übertritt bewegt zu haben. „Wir wollen und werden diese Wahl gewinnen“, gibt sich Wenzel überzeugt.

Fragt man Arthur Lempert, dann sieht die Sache an der Basis ziemlich anders aus. „Ich höre bei unseren Wählern die Enttäuschung heraus“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Grünen-Ortsverbandes in Scheeßel, dem Heimatort Twestens im Landkreis Rotenburg/Wümme. „Verräterin“ sei das Wort, das ihm viele mit Blick auf die ehemalige Grünen-Abgeordnete entgegenschleudern würden, so Lempert. „Und klar kommt dann die Frage: „Wenn die so was macht - warum soll ich dann die Grünen noch wählen?“

Schaffen die Grünen rechtzeitig den Abstieg vom absteigenden Ast?

Das Debakel um Twestens Wechsel trifft die Grünen in einer Phase, in der viele die Partei ohnehin auf dem absteigenden Ast sehen. In Niedersachsen, wo die Grünen bei der letzten Landtagswahl 2013 mit 13,7 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis einfuhren, reicht bereits der Blick ins Nachbarland Nordrhein-Westfalen. Bei der dortigen Wahl im Mai stürzten die an der Regierung beteiligten Grünen auf 6,4 Prozent ab. Jüngste Umfragen prophezeien den niedersächsischen Grünen 9 Prozent. Für eine Fortsetzung der Koalition mit der SPD würde das nicht reichen: Die Sozialdemokraten kommen auf 28 bis 32 Prozent. Ein Bündnis mit der CDU (40 Prozent) wäre rein rechnerisch im Bereich des Möglichen.

Doch nach Twestens Übertritt zur CDU hat sich für die niedersächsischen Grünen der politische Bewegungsspielraum verengt. Gerüchte um Lockangebote an Twesten halten sich hartnäckig, das Klima zwischen beiden Parteien ist vergiftet. Schwarz-Grün sei in „sehr, sehr weite Ferne gerückt“, sagt Landeschefin Meta Janssen-Kucz.

Die beiden Parteien sind sich in Niedersachsen ohnehin ferner als in manch anderem Bundesland. Dem eher links orientierten grünen Landesverband steht eine CDU gegenüber, die ihren Rückhalt in vor allem ländlich-konservativen Regionen wie Vechta und Cloppenburg hat. Viele CDU-Abgeordnete sind gelernte oder studierte Landwirte. Bei den Themen Agrar, Umwelt und Sicherheit tun sich tiefe Gräben auf.

Selten war das Verhältnis zwischen der CDU und den Grünen angespannter

Die Grünen in Niedersachsen seien „Gorleben-geprägt“, beklagt der CDU-Abgeordnete Jens Nacke. Sie würden die Polizei immer noch als Gegner wahrnehmen und hätten eine starke Fokussierung auf den Kampf gegen die Kernenergie. „Eine Linie wie mit Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg ist mit den Grünen hier nicht möglich.“ Das sieht die Grünen-Abgeordnete Susanne Menge ähnlich - nur schiebt sie die Schuld auf die Union. „Die niedersächsische CDU setzt auf Kontrolle, Härte, Stillstand.“

Selbst wenn der Übertritt Twestens das Verhältnis zwischen beiden Parteien weiter zerrüttet hat - zu einer klaren Koalitionsaussage für ein Bündnis mit der SPD wollen sich die Grünen auch nicht durchringen. „Das muss der Wähler entscheiden“, sagt Janssen-Kucz. So ganz haben auch die niedersächsischen Grünen ihre Hoffnung auf ein Stückchen Macht noch nicht aufgegeben.

Lesen Sie auch: Wann gibt es am Wahlabend ein Ergebnis?

dpa

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