Faeser will Spitzenkandidatin mit Rückfahrticket werden – Doppelrolle birgt Risiko
Nancy Faeser peilt eine Spitzen-Kandidatur für die Hessen-Wahl 2023 an. Parallel will sie Innenministerin bleiben. Damit geht sie ein Risiko-Szenario ein.
Update vom 2. Februar 2023, 17:16 Uhr: Berlin – Nancy Faeser wird für die SPD die Spitzenkandidatin bei der Hessen-Wahl. Das bestätigte die Innenministerin am Donnerstag. „Ich kandidiere“, sagte sie dem Spiegel in einem Interview. Ihr Ministeramt in Berlin will sie aber für den Wahlkampf nicht aufgeben. Kritik an der Rolle wies die Politikerin zurück.
Nancy Faeser (SPD): Innenministerin tritt in Hessen als Spitzenkandidatin zur Landtagswahl an
Erstmeldung vom 31. Januar 2023: Berlin – Innenministerin und jetzt auch mögliche Spitzenkandidatin bei der Hessen-Wahl: Nancy Faeser möchte beides. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am Dienstag, dass die Politikerin im Fall einer SPD-Spitzenkandidatur in Hessen Bundesinnenministerin bleiben werde. Darauf habe sie sich mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verständigt.
Ein Sprecher der SPD Hessen sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Montagabend, es handele sich um „Spekulationen“. An diesem Freitag soll sich Faeser bei einer SPD-Veranstaltung in Friedewald zu ihren Plänen äußern. Kann ihr die Doppelrolle gelingen?
Faeser (SPD) peilt Spitzen-Kandidatur bei Hessen-Wahl an– FDP und Grüne warnen vor Doppelrolle

In der Politik ist man nicht so glücklich über das Verfahren, was die Innenministerin gewählt hat. Die Union fordert Faeser zum Rücktritt auf, sollte die Bundesinnenministerin am kommenden Freitag ihre Bereitschaft zur Spitzenkandidatur für die SPD bei der Landtagswahl in Hessen erklären. Es sei unverantwortlich, „neben einem Wahlkampf auch das Innenministerium führen zu wollen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), am Dienstag. „Deshalb fordere ich sie, wenn sie Spitzenkandidatin wird, zum Rücktritt auf“, so Throm.
Auch Politiker von Grünen und FDP haben Nancy Faeser vor einer möglichen Doppelrolle als hessische SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin gewarnt. „Ein Landtagswahlkampf als Spitzenkandidatin fordert die ganze Person, genauso wie das Amt der Bundesinnenministerin – gerade in diesen Zeiten“, sagte Konstantin von Notz, Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, dem Handelsblatt. FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, das Bundesinnenministerium sei „keine geeignete Wahlkampfbühne in diesen ernsten Zeiten“.
Hessen-Wahl: Faeser will wohl kandidieren – droht ihr bei einer Niederlage ähnliches Schicksal wie Röttgen?
Mit ihrer Doppelrolle geht Faeser ein politisches Risiko-Szenarion ein. Im Fall einer Niederlage könnte sie ein ähnliches Schicksal wie CDU-Politiker Norbert Röttgen drohen. 2012 war Röttgen Bundesumweltminister und Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Er wollte bis zur Wahl im Amt bleiben, auch nach einer Niederlage. Am Ende verlor Röttgen die Wahl zum Landeschef und den Posten als Minister.
Laut Berichten der SZ und des Handelsblatts dürfte Faeser im Falle einer Niederlage allerdings in Berlin bleiben und nicht als Oppositionsführerin nach Hessen gehen. Sollte sich die Union deshalb für einen Angriff wappnen, könnte die SPD den Fall des CDU-Bundesinnenministers Manfred Kanther aufrollen, vermutet die SZ. Dieser war Spitzenkandidat in Hessen. Die CDU wurde bei der Landtagswahl stärkste Kraft, Kanther aber nicht Ministerpräsident. Trotzdem blieb Kanther Innenminister.
Wahl in Hessen: Berliner Medienlandschaft spekuliert über Giffey als mögliche Nachfolgerin
Die Berliner Medienlandschaft spekuliert indes bereits über Faesers mögliche Nachfolger und nehmen derzeitige Berliner Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) ins Visier. Bisherige Umfragewerte lassen darauf schließen, dass Giffey bei der wiederholten Berlin-Wahl am 12. Februar 2023 um ihren Posten als Bürgermeisterin zittern muss. Sollte sie ihr Amt verlieren, wäre eine Rückkehr in die Bundespolitik möglich – und zwar als Innenministerin, spekuliert der Tagesspiegel.
Ein Wahlsieg der SPD in Hessen gilt derzeit wegen der starken Konkurrenz von CDU und Grünen eher als unwahrscheinlich. Bei einer Wahlumfrage im vergangenen Herbst war die CDU auf 27 Prozent der Stimmen gekommen, Grüne und SPD landeten bei jeweils 22 Prozent der Wählerzustimmung. (bohy)