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G7-Staaten dringen auf Ölpreisdeckel - Moskau reagiert erbost und warnt

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Von: Marcus Mäckler

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Pipeline Druschba
Die Druschba-Pipeline. Ihr Name bedeutet übersetzt „Freundschaft“. © Patrick Pleul/dpa

Die hohen Energie-Preise sind für viele Länder schmerzhaft - gleichzeitig bringen sie Putin Milliarden. Die G7-Staaten wollen nun einen Preisdeckel für russisches Öl durchsetzen.

München – Bei Gazprom klingeln die Kassen, und zwar nicht zu knapp. 42,6 Milliarden Euro Nettogewinn meldete der russische Staatskonzern dieser Tage – allein für das erste Halbjahr 2022. Das ist mehr als im gesamten Vorjahr, ein Rekordwert, von dem die Hälfte in den russischen Staatshaushalt – also auch in die Kriegskasse – fließen soll. Der Kreml profitiert dabei nicht nur von den hohen Gas-, sondern auch den stark gestiegenen Ölpreisen. Währenddessen wird anders als angekündigt aus der Ostseepipeline Nord Stream 1 wohl doch kein Gas mehr fließen.

G7-Staaten dringen auf Preisdeckel für Öl - immer mehr Zuspruch

Das Übel hat mehrere Gründe: darunter die von Putin bewusst eingesetzte Gasverknappung nach Europa, aber auch den angekündigten Öl-Boykott der EU: Ab Dezember sollen russische Lieferungen um rund 90 Prozent reduziert werden, schon die Ankündigung ließ die Preise anschwellen. Zuletzt fielen sie allerdings wieder. Dennoch: Kurzfristig zahlen sich die Sanktionen für den Kreml aus. Die G7-Staaten arbeiten daher an Möglichkeiten, die Kostenspirale zu stoppen. Die Idee: ein Preisdeckel für Öl.

Die mögliche Maßnahme hat inzwischen viele Fürsprecher. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zum Beispiel sagte am Donnerstag im ZDF, sie halte „eine internationale, globale Deckelung des russischen Öls, das über Schiffe weltweit verkauft werden kann, für richtig“. Seit dem G7-Gipfel in Elmau arbeite man daran, andere Länder zu überzeugen. Die USA drängten schon früh darauf, Deutschland – erst skeptisch – ist wohl auch mit an Bord.

Video: „Energie als Waffe“ - Gazprom dreht auch Frankreich den Hahn zu

Ölpreise: Markt soll sich durch Preisdeckel entlastet werden

Russland soll demnach verpflichtet werden, sein Öl zu deutlich niedrigeren Preisen an große Abnehmer wie Indien zu verkaufen als jetzt. Der angespannte Markt, so die Hoffnung, könnte sich dadurch etwas entspannen. Um das durchzusetzen, wird offenbar unter anderem die Idee von US-Finanzministerin Janet Yellen diskutiert, beim Versicherungsschutz für die Öltransporte anzusetzen.

Bevor die Schiffe ablegen, schließen die Reedereien Policen ab, um im Schadensfall nicht blank dazustehen; die allermeisten dieser Versicherungsgeschäfte werden über eine Firma in London abgewickelt. In Zukunft könnte es heißen: Policen bekommt ihr nur, wenn der Ölpreis unter einer ganz bestimmten Grenze liegt. Am Freitag erklärten die G7-Finanzminister, sie wollten einen Preisdeckel „dringend“ umsetzen und strebten dazu „eine breite Koalition an, um die Effektivität zu maximieren“. Auf eine Höhe für die Obergrenze legten sie sich noch nicht fest.

Auch von der Leyen betonte, ein Deckel wirke nur, wenn möglichst viele Staaten mitmachten. Man sei da auf einem guten Weg. Allen anderen Ländern werde man „das Leben dadurch schwer machen können, dass die Schiffe, die das Öl transportieren, oder die Versicherungen, die für diese Transporte geradestehen, weitgehend in der Hand der Länder sind, die bei unserem Öldeckel mitmachen“. Zu jenen, die sich verweigern, zählt auch China, das trotz des Ukraine-Krieges an Moskaus Seite steht.

Angesichts der drastischen Inflation schnallen viele Bürger den Gürtel enger. Die Ampel will Entlastung in der Energiekrise schaffen – der News-Ticker.

Russland warnt vor Ölpreisdeckel und kündigt Lieferstopp an

Der Kreml beobachtet die Überlegungen des Westens genau – und warnt. Schon die Idee eines Preisdeckels sei „absurd“, sagt der stellvertretende Ministerpräsident Alexander Nowak laut der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Ländern, die das mitmachten, werde Russland kein Öl mehr liefern. „Es sind die europäischen und amerikanischen Konsumenten, die dafür in erster Linie bezahlen werden“, betonte Nowak. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warnte vor einer „Destabilisierung der Ölmärkte“.

Noch liefert Russland sein Öl auch an europäische Staaten, das angekündigte Embargo tritt nämlich erst Anfang Dezember in Kraft. Ganz versiegen wird die russische Ölquelle auch danach nicht. Denn das Embargo betrifft nur Rohöl-Lieferungen, die mit dem Schiff kommen. Das ist zwar der allergrößte Teil, aber nicht alles. Für Öl, das durch die Druschba-Pipeline nach Mitteleuropa fließt, sind Ausnahmen möglich. Darauf gedrängt hatten Staaten wie Ungarn, die Slowakei und Tschechien, die russische Öl-Lieferungen kurzfristig nur schwer ersetzen können.

Geht es nach der Politik, soll der Preisdeckel rasch umgesetzt werden. Manche Ölmarkt-Analysten zweifeln an seiner Sinnhaftigkeit – die G7 offenbar nicht.

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