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Lindner stoppt seine Neubaupläne: Finanzminister steht vor „massivem Ausgabenproblem“

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Von: Mike Schier

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Bundesfinanzminister Lindner
Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FPD, Bundesminister der Finanzen. © Kay Nietfeld/dpa/Archivbild

Finanzminister Christian Lindner (FDP) steht vor einer großen Herausforderung. Am Wochenende droht der Showdown im Koalitionsausschuss.

München – Vor ein paar Tagen saß Christian Lindner in der ARD-Sendung „Maischberger“ und gab dem Kanzler vor Millionenpublikum gute Ratschläge. „Ich glaube, dass in Zeiten von mehr Homeoffice und ortsflexiblem Arbeiten ein mindestens 800 Millionen teurer Neubau neben dem Kanzleramt entbehrlich ist“, sagte der Finanzminister. Und mit einem kleinen Kichern fügte Lindner unter Verweis auf Olaf Scholz hinzu: „Ich glaube, er wird missvergnügt sein, dass ich das jetzt hier vorgeschlagen habe.“ Aber das sei sein Job.

Finanzminister Lindner steht auf der Ausgabenbremse – Hoffen auf Koalitionsausschuss

Ja, mit seinem Job macht sich der Minister derzeit wenig Freunde. Lindner steht auf der Ausgabenbremse, während Ministerkollegen mit Milliardenbeträgen nur so um sich werfen. Der Koalitionsausschuss am Sonntag soll den Durchbruch bringen. Offenbar will der FDP-Vorsitzende im Vorfeld Zeichen setzen. Via Bild legte er gestern sogar die Pläne für einen Erweiterungsbau seines eigenen Ministeriums auf Eis. „Uns fehlen bezahlbare Wohnungen. Es macht daher wenig Sinn, die knappen Flächen für neue Ministerien zu nutzen“, wird Lindner zitiert. „Wir werden stattdessen jetzt prüfen, ob hier nicht Wohnraum geschaffen werden kann.“ Pointe am Rande: Als die Pläne im Ministerium 2019 geboren wurden, hieß der Hausherr Olaf Scholz.

Keine Frage: Angesichts der Dimensionen eines Bundeshaushalts geht es hier um vergleichsweise überschaubare Beträge – aber um jede Menge Symbolik. Lindner wird nicht müde, die neuen Realitäten zu betonen: steigende Kosten und höhere Zinsen auf der einen Seite, aber auch die schwierigere Einnahmesituation auf der anderen.

Erst am Dienstag (21. März) veröffentlichte sein Ministerium den neuen Monatsbericht: Verglichen mit Januar und Februar 2022 flossen in den ersten beiden Monaten dieses Jahres 1,8 Prozent weniger in die Staatskassen. Besonders deutlich war der Rückgang im Februar mit 4,2 Prozent. Gründe sind die Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags, aber auch die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme. Sprich: Entlastungen für die Bürger.

„Massives Ausgabenproblem“: Lindner will mit Neubaustopp Zeichen setzten

Schon vor zwei Wochen sollten die Etat-Pläne im Kabinett präsentiert werden, Lindner aber verschob den Termin. Zu teure Wünsche: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will zehn Milliarden Euro mehr im Jahr – zusätzlich zum bislang kaum abgerufenen Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) verlangt zwölf Milliarden für die Kindergrundsicherung. Lindner meint, dass zwei Milliarden reichen. Insgesamt stehen Wünsche mit 70 Milliarden Euro Mehrausgaben im Raum. Zusätzlich trommelt SPD-Chefin Saskia Esken für ein weiteres Sondervermögen von 100 Milliarden Euro, diesmal für Bildung.

Mit dem Stopp seines Neubaus will Lindner nun ein Zeichen setzen gegen das „massive Ausgabenproblem“ – ganz nebenbei erhöht er den Druck auf Scholz beim Kanzleramt. Doch nachziehen will keiner, SPD und Grüne schielen vielmehr auf die nicht abgerufenen Mittel bei Verteidigung, Klimaschutz oder Energie. Das wäre kein vorhandenes Geld, aber schon genehmigte Kreditaufnahmen.

Showdown am Sonntag: Lindner hofft bei Koalitionsausschuss auf Scholz

Intern heißt es in der FDP schon skeptisch, man müsse am Sonntag nicht auf Biegen und Brechen einen Kompromiss finden. Es gehe nicht um Schnelligkeit. Lindner sieht keine Spielräume, verweist auf die problematische Zinsentwicklung. Fast 40 Milliarden muss er dieses Jahr an Zinsen zahlen. Zehn Mal mehr als 2021.

Der Minister hofft beim Showdown am Sonntag vor allem auf die Unterstützung des Kanzlers. Schließlich war Olaf Scholz ja selbst einmal Finanzminister. Wobei: Als Lindner neulich bei Maischberger nach Scholz gefragt wurde, antwortete der FDP-Chef süffisant: „Er war ein sozialdemokratischer Finanzminister – und hat sehr stark auf die Ausgabeseite gesetzt.“ (Mike Schier)

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