De Maiziére: Visa-"Notbremse" geht nicht gegen die Türkei

Berlin - Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht die in der EU geplante "Notbremse" bei der Visa-Liberalisierung nicht als Affront gegen die Türkei.
Die "automatische Aussetzung" im Falle von Missbrauch betreffe alle Staaten mit Visa-Freiheit und sei "nicht gegen irgendein Land gerichtet", sagte de Maizière beim Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. Der Visa-Zwang könne dabei "mindestens mal für sechs Monate" wieder eingeführt werden.
Der Wegfall des Visa-Zwangs ab spätestens Ende Juni ist eines der Hauptzugeständnisse der EU an die Türkei im Gegenzug für die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise. Unter den Mitgliedstaaten und im Europaparlament ist die Visa-Freiheit für die Türkei aber hoch umstritten.
Die EU habe in der Frage "eine äußerst harte Position", sagte Frankreichs Innenminister Bernard Cazneuve bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. Ankara müsse "alle 72 Kritierien", die Voraussetzung für die Visa-Freiheit sind, erfüllen. Luxemburgs Migrationsminister Jean Asselborn sagte, es sei nicht wahrscheinlich, dass die Visa-Freiheit komme, wenn die Türkei sich nicht bewege.
Es sei "ein Problem", wenn Präsident Recep Tayyip Erdogan die Terrorismusgesetze nicht ändern wolle, sagte Belgiens Einwanderungsminister Theo Francken. Er sprach sich generell gegen Visa-Liberalisierungen aus, wenn dies zu hohen Zuwanderungszahlen führe. Die öffentliche Meinung sei dagegen. "Ich werde nicht eine Asyl-Krise durch eine andere ersetzen." Neben der Türkei haben auch Georgien, die Ukraine und das Kosovo die Visa-Freiheit beantragt.
Unter den Mitgliedstaaten und im Europaparlament ist bisher aber vor allem der Fall des Visa-Zwangs für türkische Bürger hoch umstritten. Vor diesem Hintergrund hatten sich die EU-Mitgliedstaaten auf Basis einer deutsch-französischen Initiative am Mittwoch auf vereinfachte Kriterien und schnellere Verfahren bei einem Entzug der Visa-Freiheit verständigt. Die Innenminister sollen dies am Freitag abschließend billigen, danach ist noch die Zustimmung des Europaparlaments nötig.
Die Visa-Freiheit konnte schon bisher entzogen werden, wenn es zu einem deutlichen Anstieg von "unbegründeten Asylanträgen" oder bei Verstößen gegen die Verweildauer kommt. Nun ist sie auch möglich, wenn die Korruption oder die organisierte Kriminalität "erheblich ansteigt". Auch Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist ein mögliches Aussetzungskriterium. Der Zeitraum, in dem der erhebliche Anstieg vorliegen muss, wird zudem von sechs auf zwei Monate verkürzt.
Die EU-Kommission würde bei dem neuen Mechanismus mit der Überwachung der Kriterien beauftragt. Als Richtwert für eine Überschreitung wird nur in den Erwägungsgründen der Beschlussvorlage ein Anstieg um 50 Prozent genannt, die Schwelle kann aber auch niedriger angesetzt werden.
AFP