Merkel unterstützt Weber bei absurdem Wahlkampf-Auftritt

Es ist ein wenig kurios: Nicht in Deutschland, sondern in Kroatien steigt Angela Merkel in den EU-Wahlkampf ein. Die Kanzlerin nutzt nach den Gerüchten der Vorwoche die Chance, Manfred Weber den Rücken zu stärken.
Update vom 16. Juli 2019: Wird von der Leyen EU-Kommissionspräsidentin? Die Abstimmung im Europaparlament am Dienstag (16. Juli 2019) wird entscheiden. Um 18.00 Uhr geht es los. Alle Neuigkeiten und Entwicklungen finden Sie in unserem News-Ticker.
Update vom 26. Mai, 23.03 Uhr: Bei der Europawahl 2019 haben Christ- und Sozialdemokraten herbe Verluste hinnehmen müssen. Weber scheint vor dem Aus zu stehen. Am Ende könnte es bei der Besetzung des EU-Kommissionspräsidenten eine lachende Dritte geben - nämlich Margrethe Vestager!
Merkel unterstützt Weber bei absurdem Wahlkampf-Auftritt
Update vom 24. Mai, 17.33 Uhr: Zwei Tage vor der Europawahl bestreitet Angela Merkel ihren einzigen Wahlkampfauftritt in Deutschland - bei der EVP-Abschlusskundgebung in München. Die wichtigsten Inhalte der Reden von Merkel, Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder finden Sie in unserem Live-Ticker.
Zagreb – So ein Europawahlkampf läuft in Zagreb schon anders als zum Beispiel bei Manfred Weber daheim in Niederbayern: Kroatische Fahnen werden geschwenkt wie bei einem WM-Finalspiel, Balkan-Schlager schmachten und rocken wie auf dem Eurovision Song Contest: Politik ist in Kroatien eine sehr emotionale Sache. Die nüchterne Angela Merkel wirkt etwas deplatziert in dieser mit 2000 feurigen Fans der kroatischen Regierungspartei HDZ gefüllten Basketballhalle.
Merkel feiert Manfred Weber - Macron baggert hinter den Kulissen
Die, aus deutscher Sicht, leicht schräge Atmosphäre passt zu diesem an sich schon seltsamen Wahlkampf. Schließlich wird hier mit Weber ein Kandidat für Brüssel gefeiert, der irgendwie doch nur ein halber ist. Denn so sehr sich Weber in Kroatien und in den anderen EU-Staaten als Spitzenkandidat der konservativen EVP dafür abrackert, dass seine Fraktion stärkste Kraft wird – und dann er, der CSU-Politiker, EU-Kommissionspräsident: Emmanuel Macron baggert hinter den Kulissen, um genau das zu verhindern.
Weber gibt sich in Zagreb kämpferisch in Bezug auf Macrons Versuche, ihn als Kommissionspräsident zu verhindern: „Wir als EVP und CDU/CSU stehen zu dem, was wir vor der Wahl sagen.“ Es würde den „Grundprinzipien der Demokratie“ widersprechen, wenn bei der Entscheidung über den Kommissionspräsidenten am Ende der Wähler-Wille ignoriert würde.
Der Niederbayer lässt sich an diesem Samstag in der kroatischen Hauptstadt nicht anmerken, wie sehr ihn all diese Spielchen und Ränke schmerzen – vor allem, dass auch die Kanzlerin ihm mit der Interview-Äußerung in den Rücken gefallen war, sie selbst sei nie ein Anhänger davon gewesen, über den Kommissionspräsidenten per EU-Parlamentswahl zu entscheiden.
Manfred Weber freut sich über Merkels Hilfe
Dafür freut er sich umso demonstrativer, dass Merkel nun mit ihm hier in Zagreb (und dann noch einmal am kommenden Freitag in München) auftritt. Und sich in bisher nicht dagewesener Deutlichkeit hinter seine Kandidatur stellt: „Manfred Weber wird ein guter Kommissionspräsident sein, weil er für ein Europa der Menschen steht, in dem eine nationale und eine europäische Identität kein Gegensatz sind.“
Auch Merkels Auftritt gehört zu den Absurditäten dieses Wahlkampfs: Daheim in Deutschland hält sich die Kanzlerin völlig aus den Ringen ums EU-Parlament heraus – ihren einzigen bisherigen Europawahlkampf-Termin hat sie nun ausgerechnet hier, wo sonst Zagrebs Basketball-Team Sibona spielt, weit weg vom Berliner Betrieb. Doch diese als Höhepunkt des Wahlkampfs der Konservativen in Europa geplante Show in Kroatien bekommt trotz der perfekten HDZ-Regie ungeplant eine ganz andere Note: Hier in Zagreb findet die Gegenveranstaltung zum gleichzeitigen Rechtspopulisten-Treff in Mailand und zur FPÖ-Krise in Wien statt.
Merkel erzählt während Weber-Auftritt von ihrer Jugend
Merkel macht in ihrer bejubelten Rede deutlich, dass sie genau deshalb diese Europawahl für eine Schicksalswahl hält: „Der Nationalismus ist der Feind des europäischen Projekts!“ Die Kanzlerin wird – für sie ganz untypisch – persönlich, erinnert an ihre Jugend in einer Diktatur: „Ich durfte nicht mal ins ehemalige Jugoslawien reisen.“ Kroatien habe noch in den 90ern Krieg erlebt – „deshalb wissen Sie hier, wie wichtig das Friedensprojekt Europa ist.“
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Weber legt in seiner Rede nach: „Ich kämpfe gegen die Nationalisten! Ich kämpfe gegen die Populisten! Sie werden unser Europa nicht zerstören!“
Im Gespräch mit unserer Zeitung verspricht der CSU-Politiker „kristallklar“, nach der Wahl im Parlament keine Kooperation mit Rechts- oder Linkspopulisten eingehen zu wollen. Er fordere auch die Sozialdemokraten im Europaparlament auf, sich genauso klar von Kooperationen mit Linksaußen-Parteien zu distanzieren. Da ist dann doch kurz zu spüren, dass es in diesem Wahlkampf für CDU/CSU nicht nur gegen die Rechtspopulisten geht.
Auf Merkur.de* finden Sie einen Kommentar zum Europawahl-Ergebnis vom Chefredakteur des Münchner Merkur Georg Anastasiadis. Am selben Tag wie die Europawahl findet auch die Bürgerschaftswahl in Bremen statt. In unserem Live-Ticker finden Sie am Wahlabend alle Geschehnisse dazu.
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