Diskussion über Managergehälter und Mindestlohn

Regensburg - Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Kardinal Reinhard Marx haben auf dem Katholikentag in Regensburg über Managergehälter und den Mindestlohn diskutiert.
Beide hoffen auf einen neuen politischen Anlauf zur Begrenzung von Managergehältern. Bonuszahlungen sollten nicht mehr als Betriebsausgaben steuerlich abgesetzt werden können, forderte der SPD-Chef am Samstag auf dem Katholikentag in Regensburg. Die geltende Regelung sei „zum Teil obszön“, denn: „Damit bezahlt der Steuerzahler einen Teil der hohen Managergehälter.“ 1989 hätten Dax-Vorstände das 20-fache eines durchschnittlichen Gehalts ihrer Beschäftigten verdient, heute oft mehr als das 200-fache. ´
Falls sich diese Entwicklung fortsetze, überlege die Politik ein Eingreifen, kündigte Gabriel bei einem Podiumsgespräch mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz an. Konkret nannte er eine gesetzliche Begrenzung der Gehältern oder eine deutlich höhere Besteuerung. Die Union habe eine gesetzliche Änderung bisher verhindert, kritisierte Gabriel.
Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx bezeichnete manche Lohnsummen als bedenklich: „Das kann doch niemand mehr verstehen.“ Es sei falsch, nur die Kapitalinteressen der Börse zu bedienen. „Das ist doch eine Verirrung“, sagte der Geistliche. „Die Börse ist doch keine Auskunft darüber, wie gut es der Wirtschaft geht.“ Auch andere Managerleistungen müssten belohnt werden, etwa die Schaffung von Arbeitsplätzen. „Die Frage ist, was wird honoriert“, so Marx.
Gabriel witzelt über Gehalt der Kanzlerin
Mit einer launigen Bemerkung über das Gehalt der Kanzlerin erntete Gabriel bei der Diskussion Applaus. Aus dem Publikum wurde ihm im Audimax der Regensburger Universität die Frage gestellt: „Muss ein Bundeskanzler nicht viel mehr verdienen als ein Manager eines Dax-Konzerns?“ Gabriel antwortete augenzwinkernd, Angela Merkel müsste mehr verdienen, wenn es nur um das Maß der Verantwortung ginge: „Sie hat sicher mehr Verantwortung als alle Dax-Vorstände zusammen.“
Auf Nachfrage sagte der jetzige Vizekanzler der großen Koalition hinterher, diese Aussage über ein höheres Kanzlergehalt sei lediglich scherzhaft gemeint gewesen. Der Hintergrund: Ende 2012 hatte der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück für Schlagzeilen gesorgt. Gemessen an Leistung und Verantwortung bekomme ein Kanzler in Deutschland zu wenig Geld, hatte er kritisiert: „Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin.“
Einigkeit auch beim Mindestlohn
Einig sind die beiden sich auch, was die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes angeht. „Es ist eine Notwendigkeit, wo keine Tarifparteien da sind“, so Marx, betonte aber: „Lieber wäre mir, die Tarifparteien wären einbezogen und es wäre branchenspezifischer.“ Der Kardinal warnte vor überzogenen Erwartungen an den Mindestlohn. Dieser werde „nicht die Armut überwinden“. Das angestrebte Gesetz folge vielmehr der Erkenntnis, „dass die soziale Marktwirtschaft nicht so funktioniert, wie sie funktionieren sollte“. Zudem sei darauf zu achten, welche Folgen der Mindestlohn habe, um eventuell nachzusteuern: „Der Mindestlohn darf keine Arbeitsplätze kosten.“
Gabriel (SPD) sagte, dahinter stehe die Idee, „den aus den Fugen geratenen Arbeitsmarkt ein bisschen zu ordnen“ und die Tarifverträge zu stärken. Deswegen werde in Branchen mit Tarifverträgen der Mindestlohn erst 2017 eingeführt, in den übrigen bereits ab 2015. Zu der angepeilten Grenze von 8,50 Euro sagte Gabriel, der Mindestlohn könne kein gerechter Lohn sein: „Dafür ist er viel zu niedrig.“
Arbeitgeber fürchten Wegfall von Praktikumsplätzen
Die deutsche Wirtschaft befürchtet den Verlust von Praktikumsplätzen, falls das Gesetz zum gesetzlichen Mindestlohn ohne Änderungen beschlossen wird. Nach den Plänen der großen Koalition soll künftig auch für freiwillige Praktika von mehr als sechs Wochen der Mindestlohn von 8,50 Euro gezahlt werden.
„Die Pläne werden nach jetzigem Stand dazu führen, dass freiwillige Orientierungspraktika von Unternehmen so gut wie nicht mehr angeboten werden, weil sie zu teuer sind“, warnte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer in der „Wirtschaftswoche“. „Hier muss der Bundestag dringend nachbessern.“ Laut Gesetzentwurf sollen nur Pflichtpraktika und solche von maximal sechswöchiger Dauer ausgenommen werden.
Auch Vertreter der Wirtschaftsflügels der Union dringen auf eine Reihe von Nachbesserungen am Gesetzentwurf. „Die Einbeziehung solcher Praktika könnte sich als Boomerang erweisen“, sagte der Chef der Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann (CDU), dem „Focus“. „Viele Firmen werden ihr Angebot eindampfen müssen.“ Leidtragende wären Nachwuchskräfte, die parallel zum Studium Praxiserfahrung suchten.
Linnemann kritisiert zudem, dass Arbeitszeitkonten, auf denen Überstunden gesammelt werden, nach den Gesetzesplänen binnen zwölf Monaten ausgeglichen sein müssen. Das soll verhindern, dass der Mindestlohn durch lange Arbeitszeiten unterlaufen wird. Allerdings sehen geltende Tarifverträge zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften oft viel längere Zeiten vor.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Max Straubinger, meldete noch „reichlich Diskussionsbedarf“ an. Er wolle mit der SPD unter anderem darüber reden, ob Saisonarbeiter in der Landwirtschaft nicht doch vom Mindestlohn ausgenommen werden sollten, sagte er dem „Focus“.
Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann, verlangte dagegen ein Ende der Debatte. „Das Buch Mindestlohn ist zu“, sagte er dem Nachrichtenmagazin. „Ich rate der Union, die Einigung zum Mindestlohn zu beherzigen und jetzt keine neue Diskussion wie bei der Rente vom Zaun zu brechen.“ Man könne nicht Opposition und Regierung zugleich sein.
dpa