1. Startseite
  2. Politik

Grünen-Urgestein geht bei „Illner“ Fake-News auf den Leim - Merz droht der Ampel

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Die Talkrunde bei „Maybrit Illner“ (ZDF)
Die Talkrunde bei „Maybrit Illner“ (ZDF). © ZDF (Screenshot)

Hat die Politik durch Fehler in der Pandemie die Gesellschaft gespalten? Oder gibt es andere Probleme? Wenn ja: Wo? Maybrit Illner diskutiert im ZDF ein großes Thema.

Berlin - In ihrem letzten Talk für 2021 ging ZDF-Talkerin Maybrit Illner nochmal in die Vollen: „Politik in der Krise – Krise der Politik?“, fragte sie ihre überschaubare aber durchaus hochkarätig besetzte Runde. Gemeint war die zunehmende Gewaltbereitschaft und Gefahr durch rechtsextreme Gruppen sowie die Politisierung der Pandemie. Droht eine Destabilisierung der Gesellschaft?

Merz droht Klingbeil bei Illner: „Dann wird es Konsequenzen geben!“

Mit dabei ist auch Friedrich Merz, dem Chancen auf den Posten als neuer CDU-Vorsitzenden zugeschrieben werden. Zum ersten Mal in der Parteigeschichte wählt die CDU ihren Chef über eine direkte Wahl der Mitglieder. Merz wirkt zuversichtlich, verkündet, er werde erst zehn Minuten vor der angekündigten CDU-Pressekonferenz am frühen Freitagnachmittag über das Ergebnis informiert werden.

Mit dem neuen SPD-Parteichef Lars Klingbeil gerät Merz in der Frage des Nachtragshaushaltes aneinander. Merz droht harte Oppositionshaltung an, er will der Ampel bei der Geldvergabe auf die Finger schauen: „Wir werden Sie daran messen!“ Maybrit Illner fragt in Richtung Klingbeil - zur Freude Friedrich Merz - spitz, ob die Ampel die Corona-Milliarden „zwangsentfremden“ wolle.

„Maybrit Illner“ - diese Gäste diskutierten mit:

Klingbeil zieht die Augenbrauen hoch und bemerkt süffisant, das Wirtschaftsverständnis der Union sei „altbacken“. Nach dem Verständnis der neuen Regierung gebe es eine weite Auslegung der Zweckmäßigkeit. Klingbeil: „Das Geld steht zur Verfügung für die Pandemiebekämpfung.“ Die gelinge doch am besten, wenn man das Land „ökonomisch stark macht“. Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung seien das Hilfsmittel, um aus der „Krise wieder herauszuwachsen“.

Merz stellt klar: „Dieses Land hat kein Problem mit Geld!“ Auch in diesem Jahr seien 60 Milliarden an Haushaltsgeldern nicht abgerufen worden: „Es ist Geld übrig, weil bestimmte Investitionen nicht auf die Straße kommen“. Genau das zu ändern, sei nun Aufgabe der neuen Regierung - vor allem den Zusammenschluss von „Digitalisierung und Dekarbonisierung“ hinzubekommen. Falls das nicht passiere, droht Merz, „wird es Konsequenzen geben!“

Grüner Cohn-Bendit rügt den Corona-Flickenteppich: Kanzlerin „ohnmächtig“? „Unverantwortlich!“

Der deutsch-französische Polit-Oldie und Publizist Daniel Cohn-Bendit holt bei der Frage nach Fehlern in der Pandemie-Politik weit aus und kritisiert Teile des föderalen Systems, einer der Grundpfeiler der deutschen Grundordnung seit dem Zweiten Weltkrieg.

Deutschland solle kein zentralistischer Staat werden, so Cohn-Bendit, doch habe die Pandemie dem Land seine Grenzen aufgezeigt. „Dass keine zentrale Entscheidung getroffen werden konnte“, „dass eine Kanzlerin ohnmächtig ist“, sei angesichts einer Pandemie „unverantwortlich“ gewesen. In zentral geführten Staaten regierten die Staatschef „rigide durch“.

Außerdem lobt der ehemalige „Sponti“-Grüne die digitale Erfassung im Gesundheitswesen und nennt Spanien als Modell. Dort sei unter anderem die Erfassung von Impfungen staatlich in einem zentralen Impfregister organisiert, wodurch effektive Organisation erst möglich sei. In Deutschland gebe es dagegen eine „Angst vor Entscheidungen“ und die bringe Verzögerungen mit sich - im Falle einer Pandemie sei das ein hoher Preis.

Cohn-Bendit geht Titanic-Joke auf den Leim, will ein falsches Tucholsky-Gedicht vorlesen 

Cohn-Bendit veranschaulicht die Problematik mit einer Volksweisheit: „In Gefahr und Not bringt der Mittelweg den Tod“. Als der Grüne dann allerdings noch ein angeblich 93 Jahre altes Tucholsky-Gedicht zum Besten geben will, wehrt Illner ab: „Vielleicht später …“. Etwas peinlich für Cohn-Bendit: Das Gedicht „Zur Versachlichung der Impfdebatte“ stammt gar nicht vom großen deutschen Dichter der Weimarer Republik sondern von „Titanic“-Autor Cornelius Oettle, wie unter anderem correctiv.org zuletzt klarstellte.

Einen Lacher kann der Polit-Oldie dennoch verbuchen, als er den neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) als ausgebufften Hasen darstellt, der „schauspielerisch“ gehandelt habe: „Das hat er ja gut gemacht: Er hat gewarnt und hat gleich gesagt: ,Ich hab die Lösung!‘“ Im Gegensatz zu den Masken: „Da hat man gewarnt und dann hat man die lange nicht gehabt …“ Bei Lauterbach habe es einen „Gong“ gegeben, „sie waren alle erschrocken und heute hat er gesagt: Kinder, alles ruhig, wir haben es geschafft.“

Beim Thema Impfpflicht wird Merz ernst und zweifelt, ob der Plan die Bundestagsmehrheit bekommen wird. Eine Impfung, so Merz, sei eine „erhebliche Freiheitseinschränkung“ und wegen des „körperlichen Eingriffes“ auch „grundrechtsrelevant“. Am wesentlichsten sei für ihn aber: „Wie regeln wir eigentlich den Vollzug?“. Merz fragt sich: „Wie stellen wir denn fest, dass das gewährleistet wird?“. Ohne Einführung eines Impfregisters, befindet auch Cohn-Bendit, sei eine Impfpflicht nicht sinnig.

Fazit des „Maybrit Illner“-Talks

„Adventliche Stimmung“ attestierte ZDF-Journalistin Bettina Schausten der Illner-Runde.  Die Stimmung der Sendung war tatsächlich erstaunlich versöhnlich, verständnisvoll und in weiten Teilen - vor allem dank Cohn-Bendit - humorig. Da wäre sogar noch sein krudes Gedicht - egal von wem - vorstellbar gewesen. Dieses Mal wurde nicht auf den Zahn gefühlt, dieses Mal wurde Zuversicht „bis es quietscht“ vermittelt. (Verena Schulemann)

Auch interessant

Kommentare