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„Angstbasierte Modelle“?
Corona-Talk im ZDF: Virologin appelliert eindringlich - Illners Redaktion leistet sich skurrilen Fauxpas
Bei Maybrit Illner wagten die Gäste beim ZDF-Talk einen Ausblick in die Zukunft: Eine Virologin hat einen eindringlichen Appell parat.
- Im ZDF-Talk „Maybritt Illner" war am Donnerstag (24. September) wieder Corona Thema.
- Die Virologin Ulrike Protzer warnte: Grippe- und Coronavirus bewirken fatales Krankheitsbild - „lasst euch impfen!“
- Die Redaktion von Maybrit Illner leistete sich unterdessen einen Twitter-Fauxpas.
Berlin - Bei Maybrit Illners ZDF-Talk wagten die Gäste am Donnerstag einen Blick in die Zukunft: “Der Sommer geht, Corona bleibt – wird der Herbst zum Risiko?“, lautete das Motto. Sind Corona-Warn-App, Schnelltests, Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht ausreichend, um die Zahl der Neuinfektionen gering zu halten? Eine Virologin riet eindringlich: „Lasst euch impfen!“ Schon am Sonntag bei „Anne Will“ und am Mittwoch bei „Maischberger“ war Corona Talk-Thema gewesen.
Das waren die Gäste in der Talk-Runde bei Maybrit Illner:
- Ute Teichert, Vorsitzende Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD)
- Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister Berlins
- Sibylle Katzenstein, Ärztin mit Covid-19-Schwerpunktpraxis in Berlin
- Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie an der Technischen Universität München und am Helmholtz-Zentrum München
- Volker Wissing, frischgebackener FDP-Generalsekretär
- Michael Meyer-Hermann, Leiter der Abteilung Systemimmunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig
Die eindringlichsten Zitate im Corona-Talk bei Maybrit Illner:
FDP-Generalsekretär Wissing: „Ich kann doch nicht sagen, aus Präventionsgründen mache ich jetzt maximale Grundrechtseingriffe! Ohne die Eigenverantwortung der Bürger können wir nur ganz schwer etwas erreichen.“
Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum: „Wir brauchen kein perfektes System, um diese Pandemie zu beherrschen. […] Wir werden immer damit leben müssen, dass es Demonstranten gibt, dass es Leute gibt, die ungehemmt feiern und dabei eben neue Herde erzeugen.“
Virologin rät im ZDF-Talk bei Maybrit Illner zur Grippe-Impfung
Infektionsforscher Meyer-Hermann wurde aus Braunschweig zugeschaltet und warnte eindringlich: „Wir haben mit rund 2.000 Neuinfektionen pro Tag jetzt wieder so viele wie im April“. Aber dieses Mal liege der Winter vor Deutschland. Es sei jetzt „der falsche Moment, darüber nachzudenken, die Fußballstadien wieder zu öffnen“.
Sein Appell: „Wir müssen zusehen, dass wir die Zahlen weiterhin unten halten, damit wir eine Chance haben, durch den Winter zu kommen.“ Der Experte machte deutlich, dass nicht zu lange gewartet werden darf: „Manchmal kriegt man selbst durch Gegensteuern das Schiff nicht mehr rum.“
Die Professorin Ulrike Protzer stimmte zu und verwies auf alarmierende Studien, die zeigten, dass Menschen zugleich an Grippe und Corona erkranken können: „Das werden dann schwere Verläufe!“ Sie riet eindringlich: „Lasst euch gegen Grippe impfen!“
Ulrike Protzer @TU_Muenchen : Es kann Co-Infektionen geben: Grippe- und Coronaviren können einen Menschen infizieren, das gibt dann schwere Verläufe. #Neuinfektionen #Kontaktbeschränkung #Maskenpflicht #CoronaWarnApp #illner
— maybrit illner (@maybritillner) September 24, 2020
Sind Corona-Schnelltests die Lösung aller Probleme?
Die Ärztin Katzenstein forderte mehr Schnelltests mit Ergebnis in 15 Minuten für zuhause und Schulen: „Was ich nicht verstehe, ist, warum es den Leuten so schwer gemacht wird, an einen Test heranzukommen“. Katzenstein forderte: „Der Test muss zum Patienten und nicht andersrum.“
Teichert wandte ein, dass die Schnelltests in erste Linie den Risiko- und systemrelevanten Gruppen zur Verfügung stehen müssten. Tests vor Ort seien nicht einfach so machbar: Es handle sich um hochinfektiöses Material. „Da kann ich nicht vor dem Altersheim testen“, so Protzen. „Das muss eine medizinische Fachkraft machen.“
"Auch Schnelltests brauchen ein Labor"
— maybrit illner (@maybritillner) September 25, 2020
Ulrike Protzer, Professorin für Virologie an der @TU_Muenchen
und Direktorin des Instituts für Virologie an der TUM und am Helmholtz Zentrum München
Die ganze #illner Sendung
👉 https://t.co/K4aLbO0iLJ#Corona #Schnelltest #PCRTest pic.twitter.com/kb2fbiIMDU
Müller verrät bei Maybrit Illner: Berlin wird härtere Maßnahmen beschließen
Die Lage in Großstädten wie Berlin oder München gilt als besonders besorgniserregend, weil hier die Infektionen in unterschiedlichen Gruppen auftreten. In München gilt nun auch auf einigen öffentlichen Plätzen und Straßen Maskenpflicht, nicht mehr als fünf Menschen dürfen sich treffen – egal ob öffentlich oder privat.
Berlins Regierungschef Müller kündigte für seine Stadt an, mit Polizeieinsätzen „verschärft“ auf illegale Party-Treffen zu reagieren. Die Politik habe die Aufgabe, das Zusammenleben der Bürger zu regeln.
Michael Meyer-Hermann @helmholtz_de : Wir machen angstbasierte Modelle, dabei ist jede Person abgebildet. #Neuinfektionen #Kontaktbeschränkung #Maskenpflicht #CoronaWarnApp #illner
— maybrit illner (@maybritillner) September 24, 2020
Top-Idee der Corona-Runde bei Illner: Genehmigung für Heizpilze
Für wortwörtliche Wärme in der Runde sorgte eine spontane Zusage Müllers an die Ärztin Katzenstein, die moniert hatte, dass ihre Corona-Verdachts-Patienten vor der Praxis im Freien warten müssten. „Es wird kalt. Kann ich Heizpilze aufstellen?“ Der Regierende: „Ich kann mir vorstellen, dass wir für Sie auch eine Lösung finden!“
Flop der Corona-Runde bei Illner: ein peinlicher Schnitzer
Freud’scher Versprecher? Zum Zitat von Michael Meyer-Hermann setzte das Redaktionsteam von Maybrit Illner einen Twitter-Tweed ab, schrieb „angstbasierte Modelle“ statt „agentenbasierte Modelle“. Eine Nutzerin kommentierte empört mit „Gibt‘s nicht schon genug #Fakenews?“
Michael Meyer-Hermann @helmholtz_de : Wir machen angstbasierte Modelle, dabei ist jede Person abgebildet. #Neuinfektionen #Kontaktbeschränkung #Maskenpflicht #CoronaWarnApp #illner
— maybrit illner (@maybritillner) September 24, 2020
Fazit zum Corona-Talk bei Maybrit Illner
Diese Talk-Runde war eher zaghaft. Kritik blieb meist unkommentiert im Raum stehen. Am Ende gab es viele Lösungsideen, viele Sorgen und Warnungen von wissenschaftlicher Seite – und weiterhin viele Fragezeichen, wie der Pandemie vor der Kulisse einer drohenden Wirtschaftskrise die Stirn geboten werden könne.
Die CSU hat unterdessen für sich eine erste Antwort gefunden: Die Christsozialen wollen vorerst ausschließlich auf virtuelle Parteitage setzen. Eine weitere Ausgabe gibt es bereits am Samstag.