Merkel-Sprecher über Corona-Alarm der Kanzlerin: Einschränkungen nur für Nicht-Geimpfte möglich

Angela Merkel hat strengere Corona-Regeln für Ungeimpfte gefordert. Die Maßnahmen könnten über das 2G-Modell hinausgehen.
- Bundeskanzlerin Angela Merkel* warnt vor steigenden Corona-Fallzahlen.
- Nach mutmaßlichen Äußerungen in einer internen CDU-Sitzung (siehe Erstmeldung) kritisierte die FDP die scheidende Regierungschefin (siehe Update vom 3. November, 14.05 Uhr).
- Über ihren Sprecher ließ Merkel dann ausrichten, dass die Lage ernst sei. Einschränkungen nur für Nicht-Geimpfte seien denkbar (siehe Update vom 3. November, 14.44 Uhr).
Update vom 3. November, 14.44 Uhr: Nun hat Angela Merkel offiziell zu erhöhter Vorsicht und mehr Corona-Impfungen gemahnt. „Die Pandemie ist nicht etwa, wie mancher vielleicht im Sommer gedacht hat, am Abklingen, sondern sie fordert uns jetzt und in den kommenden Wochen wieder mit großer Wucht heraus“, machte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin im Namen der geschäftsführenden Kanzlerin deutlich. In einigen Regionen sei die Lage in den Kliniken schon wieder sehr zugespitzt.
Bundesweit vereinbarte Zugangsregeln zu Innenräumen nur für Geimpfte, Genesene und Getestete (3G) müssten aus Merkels Sicht konsequent kontrolliert werden. Zu möglichen weitergehenden Maßnahmen verwies Seibert darauf, dass 55,6 Millionen Menschen vollständig geimpft seien. „Niemand plant für sie jetzt weitere Beschränkungen.“ Aber: Wenn sich die Lage regional weiter zuspitze, seien weitere Beschränkungen nur bei Nicht-Geimpften möglich. Dieser Szenario hatte Merkel offenbar auch in einer internen CDU-Sitzung gezeichnet (siehe Erstmeldung). Dies führe logisch zu 2G-Regeln, also Zugang nur für Geimpfte und Genesene - zumindest regional. Es sei Sache der Länder, Maßnahmen in diesem Rahmen umzusetzen.
Merkel sei zudem in Sorge, dass weiterhin mehr als 16 Millionen Erwachsene und drei Millionen besonders gefährdete Menschen über 60 nicht geimpft seien - trotz Informationen und leichter Angebote. Seibert erneuerte das Angebot der geschäftsführenden Kanzlerin zu einer Corona-Besprechung mit den Ministerpräsidenten der Länder.
Vor Merkel äußerte sich auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Corona-Lage: Die vierte Infektionswelle habe Deutschland „mit besonderer Wucht getroffen“, sagte Spahn auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit RKI-Präsident Lothar Wieler*.
Merkel schlägt Corona-Alarm, das stößt bei FDP böse auf: „Als hätte es die Bundestagswahl nie gegeben“
Update vom 3. November, 14.05 Uhr: Angel Merkel hat sich kurz vor Ende ihrer Amtszeit offenbar noch einmal für eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen ausgesprochen (siehe Erstmeldung). Die FDP hält nun dagegen.
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Marco Buschmann, sieht bei weiteren Entscheidungen in der Corona-Krise nun den Bundestag und die Länder am Zug. „Denn Fragen, die wesentlich für die Grundrechte sind, gehören in die Parlamente. Eine Rückkehr zur absoluten Dominanz der Exekutive darf es nicht geben“, schrieb Buschmann am Mittwoch auf Twitter. Er mahnte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Zurückhaltung bei weitreichenden Entscheidungen. „Wenn es stimmt, dass die Bundeskanzlerin Einschränkungen für Ungeimpfte möchte, muss man sie bei allem Respekt an folgendes erinnern: Sie kann nicht einfach Corona-Politik machen, als hätte es keine Bundestagswahl gegeben. Sie ist nur noch geschäftsführend im Amt.“

Kanzlerin schlägt Corona-Alarm: Merkel fordert in CDU-Sitzung offenbar „starke Einschränkungen für Ungeimpfte“
Erstmeldung vom 3. November: Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich übereinstimmenden Medienberichten zufolge für eine Verschärfung der Corona-Regeln ausgesprochen. Im CDU-Bundesvorstand forderte die (Noch-)Kanzlerin laut ntv „starke Einschränkungen für Ungeimpfte“. Merkel begründet ihre Position demnach mit dem exponentiellen Anstieg der Corona-Infektionszahlen.
Welche Maßnahmen laut Merkel genau gelten sollen, war zunächst nicht vollends klar. Die CDU-Politikerin soll aber von täglichen Corona-Tests am Arbeitsplatz für Ungeimpfte gesprochen haben. Die Einschränkungen könnten auch über das 2G-Modell hinausgehen. Am Dienstag (2. November) hatte das Bundesland Sachsen ein flächendeckendes 2G-Konzept und damit einen Quasi-Lockdown für Ungeimpfte beschlossen*.
Corona in Deutschland: Inzidenz sinkt erstmals - 10.813 neue Fälle
In Deutschland waren die Corona-Zahlen zuletzt stark angestiegen. Der seit gut zweieinhalb Wochen anhaltende Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz hat sich am Dienstag allerdings nicht fortgesetzt. Das Robert Koch-Institut* gab den Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen Sieben Tagen am Dienstagmorgen mit 153,7 an. Am Vortag hatte der Wert bei 154,8 gelegen (Vorwoche: 113,0). Womöglich sind die Zahlen allerdings verzerrt, weil wegen des Feiertags am Montag weniger Zahlen gemeldet worden sein könnten.
Der 1. November als Allerheiligen ist in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland ein Feiertag. Vom RKI hieß es am Morgen lediglich, einzelne Werte würden nicht kommentiert. Die täglichen Neuinfektionen bezifferte das RKI am Montagmorgen (Stand: 5 Uhr) auf 10.813; vor einer Woche hatte der Wert bei 10.473 neuen Fällen gelegen. Deutschlandweit wurden zudem binnen 24 Stunden 81 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 128.
Corona in Deutschland: Inzidenz-Flickenteppich unter den Bundesländern
Zwischen den einzelnen Bundesländern gibt es derweil erhebliche Unterschiede was die Infektionslage betrifft. Angespannter als im künftigen 2G-Bundesland Sachsen (Inzidenz: 284,4) ist die Corona-Situation derzeit nur in Thüringen (306,5). Bayern erreichte mit 248,9 am Dienstag einen neuen Rekordwert, weswegen fortan - auch für Geimpfte - strengere Regeln gelten. Aus dem Freistaat kommt mit dem Landkreis Mühldorf am Inn auch die bundesweit höchste Inzidenz (650,7).
Am niedrigsten ist die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell in Schleswig-Holstein (70,6). Zweistellige Werte erreichen auch das Saarland (74,3), Niedersachsen (77,9), Bremen (86,0), Mecklenburg-Vorpommern (94,4) und Rheinland-Pfalz (95,3). (as) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA