Was Sie über die Midterms wissen müssen – und was das Wahlergebnis für Joe Biden bedeutet
Die Midterms in den USA haben für die Zukunft des Präsidenten eine hohe Relevanz. Wie die Wahlen ablaufen, wer gewählt wird und was eine „lahme Ente“ ist.
Washington, D.C. – Die sogenannten Midterms in den USA geben zwischen den Präsidentschaftswahlen ein Stimmungsbild der politischen Situation in den Vereinigten Staaten ab. Sie finden in der Mitte der je vierjährigen Amtszeit des US-Präsidenten statt, am Dienstag nach dem ersten Montag im November. Warum die Wahlen für den Präsidenten extrem wichtig sind – und inwiefern seine Regierung durch die Midterms eingeschränkt werden kann:
Halbzeit- oder Zwischenwahlen in den USA: | Wahlen zum US-Kongress, der Legislative der Vereinigten Staaten, die zwischen zwei Präsidentschaftswahlen stattfinden |
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Name in den USA: | Midterm elections, Midterms |
Nächster Termin: | Dienstag, 8. November 2022 |
Midterms: Wann sind die Kongresswahlen in den Vereinigten Staaten?
Zwei Jahre vor der folgenden Präsidentenwahl und zwei Jahre nach der vorangegangenen finden in den Vereinigten Staaten die Halbzeitwahlen statt, die dort unter dem Begriff „midterm elections“ bekannt sind. Die Bürger wählen den gesetzgebende US-Kongress, der sich aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat zusammensetzt und entsprechend ein Zweikammer-Parlament darstellt.
Darüber hinaus werden auch die Gouverneure – also die Staats- und Regierungschefs – verschiedener Bundesstaaten neu gewählt und es finden Wahlen auf der Ebene der Countys und Kommunen statt. Diese erhalten im Vergleich zu den Kongresswahlen jedoch deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit.
Sitze im Repräsentantenhaus und Senat werden bei den Midterms neu besetzt
Im Repräsentantenhaus werden im Zuge der Halbzeitwahlen alle 435 Sitze neu vergeben, weil Abgeordnete immer nur zwei Jahre lang im Amt sind. Da Senatoren ihren Posten hingegen für sechs Jahre einbehalten dürfen, muss im Senat bei den Zwischenwahlen nur ein Drittel, also etwa 35 von 100 Sitzen, neu besetzt werden.

Wie läuft die Wahl vom Repräsentantenhaus bei den Midterms in den USA ab?
Die einzelnen US-Staaten teilen sich die 435 Sitze im Repräsentantenhaus proportional zu ihrem Bevölkerungsanteil untereinander auf. Jedem Staat steht dabei mindestens ein Mandat zu.
Aufgrund des Fokus auf die Bevölkerungsanzahl statt auf die Größe des Bundesstaates dürfen großflächige Staaten wie Montana oder Wyoming nur eine Person in den Kongress wählen – während bevölkerungsreiche Staaten wie Kalifornien mehrere Abgeordnete stellen können. Die Person mit den meisten Stimmen im Wahlbezirk darf dabei ihren Staat im Repräsentantenhaus für zwei Jahre vertreten.
Wie setzt sich der Senat zusammen und wie wird er gewählt?
Der Senat hingegen setzt sich unabhängig von der Bevölkerungszahl der Staaten aus zwei Senatoren pro Bundesstaat zusammen – insgesamt besteht die Kammer also aus 100 Senatoren und Senatorinnen. Diese werden nach dem Prinzip der Mehrheitswahl gewählt und müssen daher bei den Midterms die meisten Stimmen für sich einholen.
Anschließend ziehen die Gewinner für die Dauer von sechs Jahren in den Senat ein, von dem ein Drittel alle zwei Jahre neu gewählt wird – so wird eine kontinuierliche Arbeit des Senats garantiert.
Vor den Midterms finden die Vorwahlen – in Amerika auch Primaries genannt – in allen 50 Bundesstaaten statt. Dabei legen die Demokraten und Republikaner fest, welche Kandidaten sie für die Posten der Senatoren und Gouverneure ins Rennen schicken.
Warum die Midterms in den USA so wichtig sind – und welche Folgen sie für den Präsidenten haben
Obwohl die Midterm-Wahlen in den USA das Präsidentenamt nicht einschließen, haben sie doch eine große Relevanz für den amtierenden Präsidenten und seine Regierung. Denn die Zwischenwahlen im November spiegeln das Stimmungsbild der amerikanischen Bevölkerung wider und stellen eine Art Zeugnis für die bisherige Arbeit der Regierung aus.
Darüber hinaus können die Zwischenwahlen auch tatsächliche Folgen für den Handlungsspielraum des Präsidenten nach sich ziehen. Sollte die Partei des Präsidenten – also entweder die Demokratische oder die Republikanische Partei – die Mehrheit in einer oder gar beiden Kammern des US-Kongresses bei den Halbzeitwahlen verlieren, wird der Handlungsspielraum des Präsidenten bei der Regierungsarbeit eingeschränkt.
Außerdem stellt sich eine weitere Frage: Werden die USA die Ukraine weiterhin massiv unterstützen, wenn die Demokraten nach den „Midterms“ die Mehrheit verlieren?
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Midterms in den USA: Präsident kann schnell zur „lame duck“ (lahmen Ente) werden
Für neue Gesetzesvorhaben braucht der jeweilige Präsident Mehrheiten im Kongress, Gesetzentwürfe müssen nämlich in beiden Kammern des US-Kongresses verabschiedet werden – also im Repräsentantenhaus und im Senat. Gesetzesinitiativen können dabei aus einer der beiden Kammern kommen. Aber erst wenn die andere Kammer dem Gesetz zustimmt, wird dieses dem Präsidenten zur Unterschrift vorgelegt.
Infolgedessen werden Gesetze in den USA nur verabschiedet, wenn die Partei des amtierenden Präsidenten die Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses stellt – oder ein Kompromiss mit der Opposition gelingt. Bei Zwischenwahlen werden Mehrheitsverhältnisse im Kongress jedoch häufig neu geregelt, da die unzufriedene Wählerschaft der Oppositionspartei meist mehr Motivation zeigt, den amtierenden Präsidenten abzustrafen. Die Partei des Präsidenten kann ihre Mehrheiten bei den Midterm-Wahlen deswegen oft nicht verteidigen.
Das Regieren mithilfe neuer Gesetze wird in der Folge für den Präsidenten quasi unmöglich – und er wird zur sogenannten „lame duck“ (deutsch: lahme Ente). So wird im politischen System der Vereinigten Staaten ein Präsident bezeichnet, der seine innenpolitische Handlungsfähigkeit verloren hat, obwohl er noch im Amt ist.
Dem Präsidenten bleibt anschließend nur noch ein Regieren per Dekret, doch können diese von seinem Nachfolger einfach wieder aufgehoben werden – wodurch die Arbeit des Vorgängers in Teilen zunichtegemacht wird.
Wird Biden bei den Midterms 2022 zur lahmen Ente?
Da die Beliebtheitswerte des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden sanken, droht dieses Schicksal bei den Midterm-Wahlen im November 2022 auch den Demokraten. Biden könnte daher zwei Jahren nach Amtsantritt zur lahmen Ente werden. Donald Trump, so wird vermutet, möchte die Gunst der Stunde nutzen und seine Kandidatur für die Präsidentschaftwahl 2024 im Rahmen der Midterms verkünden – möglichst mit einem Sieg der Republikaner im Rücken.
In unserer Berichterstattung zu den Midterms informieren wir Sie über Umfragen und Prognosen, die Veröffentlichung der Ergebnisse und wo Sie die Midterms im Fernsehen sowie im Livestream sehen. Die aktuellen Entwicklungen bei den Midterms können Sie in unserem News-Ticker verfolgen. (Anika Zuschke)