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„Begrenzung des Zuzugs“: Herrmann lässt nun bayerischen Migrations-Ärger durchblicken

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Von: Marcus Mäckler

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Für eine Begrenzung des Zuzugs: Joachim Herrmann (l.) und Markus Söder
Für eine Begrenzung des Zuzugs: Joachim Herrmann (l.) und Markus Söder. © Mirgeler/dpa

Die Migrationszahlen steigen, viele Kommunen sind am Rande des Leistbaren. Trotz der Not blieb die CSU-Spitze bei dem Thema zuletzt auffällig still. Das hat sich nun geändert.

München – Hin und wieder fahren auch die ruhigsten Gemütern mal aus der Haut. Er wisse jetzt gar nicht, „ob das dumm oder dreist war“, sagt Joachim Herrmann (CSU) und macht dann eine Pause, so als sei er selbst vom Gesagten überrumpelt. Was ihn so aufregt, sind Zahlen des Bundesinnenministeriums, die belegen sollen, dass die dauernörgelnden Länder viele Unterkünfte des Bundes zur Flüchtlingsunterbringung nicht nutzen. Herrmann, wieder etwas ruhiger, nennt die Daten veraltet, sie stammten von August 2022, natürlich sei die Lage heute anders. So, schnauft er dann, könne man „nicht vernünftig diskutieren“.

Der kleine emotionale Ausbruch des Ministers ist bemerkenswert, auch deshalb, weil die CSU beim Großthema Migration in jüngster Zeit besonders schmallippig unterwegs war. Die schrillen Töne vergangener Jahre, in denen man „Obergrenzen“ forderte und „Asyltourismus“ beklagte: vorbei. Stattdessen schwieg vor allem Parteichef Markus Söder zu allem, was entfernt nach Migrations-Debatte klang. Die knalligen Thesen über „kleine Paschas“ überließ er, samt Empörungswelle, lieber der Schwesterpartei.

CSU-Chef Söder kommt aus der Deckung - und fordert Kurswechsel bei Zuwanderung

Dahinter steckte vor allem eine Lehre aus dem Wahlkampf 2018. Damals versuchte Söder selbst, rechtskonservative Wähler mit derber Asyl-Rhetorik einzufangen. Doch das ging nach hinten los und nutzte am Ende nur der AfD. Als Konsequenz verordnete er sich und der Partei im Wahljahr 2023 Zurückhaltung, mindestens Vorsicht bei dem Thema. Das ging so weit, dass Söder seinen (eigentlich liberalen) Parteivize Manfred Weber zurechtwies, der frech genug war, sich mit Italiens rechter Regierungschefin zu treffen, und offen von Zäunen an den EU-Grenzen sprach.

Vielleicht war es ja die Tatsache, dass selbst ein grüner Landrat aus Unterfranken angesichts des wachsenden Migrationsdrucks Alarm schlug, die Söder zum Umdenken bewegte. Am Dienstag bemüht er sich jedenfalls um Klarheit. Die Linie: konkrete Forderungen, gemäßigte Tonlage.

„Viele, viele Kommunen sind an der Belastungsgrenze“, sagt Söder und kritisiert die aus seiner Sicht allzu vagen Hilfszusagen des Bundes. Es sei jetzt nötig, dass Olaf Scholz (SPD) eingreife. Auch am Flüchtlingsgipfel, den Innenministerin Nancy Faeser (SPD) für Februar angekündigt hat, müsse er teilnehmen. Der Kanzler sei jetzt „persönlich gefragt“. Er sei dafür, zu helfen, sagt Söder, besonders den Menschen aus der Ukraine. Er sei auch für Arbeitsmigration. Was er nicht wolle, sei die Überforderung von Städten und Kommunen. Im Moment sind laut Herrmann 170.000 Flüchtlinge in Bayern – mehr als in den Jahren 2015/16.

Der Ministerpräsident sieht vor allem den Bund in der Pflicht: Der müsse sofort weitere Liegenschaften zur Verfügung stellen und „deutlich mehr Geld“. Neue Belastungen, etwa durch die zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen aus Italien, müssten tabu sein, zudem brauche es endlich eine gerechte Aufteilung von Flüchtlingen unter den EU-Ländern. Schließlich weist Söder auf die versprochene Rückführungsoffensive der Ampel hin. Die müsse endlich in Gang kommen.

Flüchtlinge: CSU ärgert sich über Aufnahme-Eifer in Berlin - und falsche Signale

Dass es hier hapert, weiß auch die Bundesregierung, die nun auf den neuen Migrationsbeauftragten Joachim Stamp (FDP) hofft. Er müsse nun Migrations- und Rückführungsabkommen aushandeln, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der Welt. Von Stamp verspreche man sich „einen Schub“. In der Koalition drängt vor allem die FDP auf Rückführungen, um die Kommunen zu entlasten.

Während die Ampel hofft, ärgert sich Herrmann – vor allem über den Aufnahme-Eifer des Bundes. Dass man etwa Italien zusätzliche Migranten abnehme, sei schon deshalb falsch, weil das Land weit weniger belastet sei, als es den Anschein mache. Die Bundesregierung sende in Europa „dauernd Signale, dass man beliebig viele Menschen aufnehmen könne“. Herrmann betont, dass es ja nicht nur ums Unterbringen gehe, sondern auch um Plätze in Kitas und Schulen. Was es brauche, sei eine „Begrenzung des Zuzugs“, sagt er. Da schimmert die Obergrenze dann doch durch.

Marcus Mäckler

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